Washington, D.C. - Dienstag, 12. Juli 2016, 12:41 Uhr.
"Ich hab' einen!" – So rief eine Stimme vor dem Fenster des Pfarrhauses von Pfarrer Ryan Kaup um halb ein Uhr in der Früh, und weckte ihn damit unsanft.
Der Grund: Die Pfarrei Cristo Rey in Lincoln, Nebraska ist ein Pokéstop.
Sie wissen nicht, was ein Pokéstop ist? Pokéstops gehören zum neuen Mega-Trend, "Pokémon Go". Die App wurde erst vergangene Woche in einigen englischsprachigen Ländern und Japan von "Niantic Labs" veröffentlicht – jetzt ist sie ein globales Massen-Phänomen schier unglaublichen Ausmaßes.
Worum es geht: Pokémon Go ist eine Art Mischung aus Geocaching, "Activity Tracker" und Spiel. Mit Smartphone oder Tablet bewaffnet zieht man damit los, raus aus der eigenen Wohnung in die Nachbarschaft und Umwelt, um "sie alle zu fangen".
Die App ist so beliebt, dass gerade mal zwei Tage nach Erscheinen Menschen mehr Zeit mit Pokémon Go verbracht haben als etwa mit Whatsapp, Snapchat oder Instagram.
Punkte, Preise und Levels werden gesammelt, indem man Pokémon fängt und Pokéstops besucht – physische Orte, neudeutsch "Geolocations", an denen weitere Ausrüstung und Spielpunkte gesammelt werden können.
Und viele dieser Pokéstops, stellt sich mittlerweile heraus, sind Kirchen.
Warum? Niantic Laps gehörte einst zum Tech-Giganten Google. Der Gründer und Geschäftsführer arbeitete an der Technologie mit, die heute Google Maps am laufen hält. Diese Technologie wurde auch bei "Ingress" verwendet, einem Vorläufer von Pokémon Go.
Die Orte im Spiel sind entwerder berühmte Sehensüwrdigkeiten, markante Bilder, die über Google Maps markiert sind, oder Orte, die von Spielern vorgeschlagen wurden. Doch Pokemon Go nimmt derzeit keine Vorschläge für Pokéstops an.
Dennoch hat das Phänomen dazu geführt, dass so mancher Pastor oder Jugendpfarrer mehr "Fußgänger" verzeichnen, die in ihre Kirchen kommen – und sie fragen sich natürlich, wie sie den Trend nutzen können, um dem Evangelium zu dienen und es zu verkünden.
https://twitter.com/aurosan/status/752281077947957248
"Ich bekam heraus, dass ich an einem Pokéstop lebe, als ich die App heruntergeladen habe", erzählte Pfarrer Kaup CNA.
"Ich überhörte ein paar Jugendliche in der Pfarrei, wie sie nach der Messe über die App sprachen: Sie freuten sich, einen Charmanderzar im Pfarrsaal gefangen zu haben. Da musste ich natürlich herausfinden, um was es hier eigentlich geht", sagte er.
Die Pfarrei von Pfarrer Kaup liegt in einer Nachbarschaft, in der sich Fußgänger oder gar Touristen nur selten hinverlieren. Doch seit dem Erscheinen von Pokémon Go beobachtet der Pfarrer immer wieder, dass Autos vorbeifahren, langsamer werden oder parken, die ihre Pokéballs sammeln.
Er habe das Spiel seiner Sekretärin erklärt, sagte Pfarrer Kaup gegenüber CNA; und dass mit mehr Verkehr und Anfragen zu rechnen sei in den kommenden Tagen und Wochen.
"Ich habe ihr gesagt, dass das eine großartige Gelegenheit ist, Kontakt zu knüpfen und die Menschen zum Gebet einzuladen".
Jetzt denkt der katholische Geistliche darüber nach, wie er "seinen" Pokéstop noch einladender machen kann.
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"Jedes Mal, wenn wir einem Menschen begegnen, ist das eine Gelegenheit zur Evangelisierung", sagte er. "Dass Cristo Rey eine Pokéstop-Pfarrei ist, bringt Menschen vor unsere Tür, die sonst niemals zu uns kommen würden...ich spiele mit der Idee, ein Schild anzubringen, auf dem steht: 'Pokéstop. Komm' rein und sag hallo!' oder sowas in der Richtung. Jede Chance, die Frohe Botschaft weiter zu geben, ist eine gute Sache."
Phil, der sich in der Jugendarbeit in Denver engagiert, sagte gegenüber CNA, dass er das Spiel immer noch potentiell zu individualistisch finde. Leute sollten die App bewußt nutzen, und Kirchen sollten bewußt damit umgehen Pokémon "Trainer" willkommen zu heißen, damit das Phänomen auch wirklich etwas bringe, sagte er.
Manche Katholiken, die Pokémon Go spielen, sehen darin eine gute Gelegenheit, mit anderen ganz natürlich ins Gespräch zu kommen.
Pokemon Go... @FOCUScatholic fall outreach game changer? 😂
— Jess Allen (@jessvergz) July 11, 2016
Allan Phan ist Seminarist bei "St. Charles Borromeo" in Philadelphia und unterrichtet den Sommer über Katechesen mit Totus Tuus. Seine Erfahrung sei, dass seine Mannschaft über das Spiel sich besser kennengelernt habe – und andere Menschen, denen man begegne.
"Es kann ein gutes Werkzeug sein, um ein Gespräch zu knüpfen und mit einem anderen Menschen eine Beziehung aufzubauen", sagte er CNA.
Craig de Aragón, ein praktizierender Katholik, der als Vize-Direktor einer Gruppe von Radiosendern in Denver arbeitet, sagte CNA, dass das Spiel eine gute Chance sei, um zu anderen Menschen Kontakt zu haben. Nun "liegt es an uns als Katholiken", diese Chance auch zu nutzen, betonte er.
Ein christliches Blog in Tennessee, "The Wardrobe Door", hat bereits "acht Tipps für Kirchen" veröffentlicht, wie sie das beste aus Pokéstops machen können. Etwa Schilder und sogar kleine Begrüßungsstände aufzubauen, Getrände und Snacks anzubieten.
Wie lange dieser jüngste Mega-Trend anhalten wird, ist noch unklar. Aber "in wenigen Tagen" soll die App in Deutschland und ganz Europa erhältlich sein. Und wer dann junge Menschen mit Smartphones vor der eigenen Kirche auftauchen sieht, wird wissen, was sie suchen – und sie vielleicht auch einfach mal ansprechen.
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— CNA Deutsch (@CNAdeutsch) April 24, 2016