Warum seit bald 1000 Jahren die Menschen in dieses englische Dorf pilgern

Eine Pilgergruppe auf dem Weg nach Walsingham, angeführt von Dominikanern.
Lawrence OP via Flickr (CC BY-NC-ND 2.0)

Seit über 950 Jahren pilgern Christen und Sinnsucher in ein kleines, mittelalterliches Dorf im der englischen Region Norfolk. Sie besuchen dort den Schrein einer marianischen Erscheinung. Es ist der weltweit wohl älteste seiner Art.

Außer einer kleinen Kapelle am Stadtrand Walsinghams, und einem Steinbogen an dem Ort, an dem früher das Kloster stand, ist wenig übrig von der ursprünglichen Pilgerstätte, die während der englischen Reformation auf Befehl Thomas Cromwells dem Erdboben gleich gemacht wurde.

Doch die protestantische Verfolgung ist längst Geschichte, und mehrere Jahrhunderte nach seiner Zerstörung pilgern Jahr für Jahr tausende Menschen zu der katholischen Wallfahrtsstätte. Die Zahl der Pilger scheint tatsächlich zu wachsen, trotz des Niedergangs der Kirche andernorts, der Tumulte im Vatikan und Verwirrungen unter Theologen und Geistlichen.

Was zieht die Pilger an, hin zu diesem nordenglischen Ort, der architektonisch wenig zu bieten hat, fast tausend Jahre, nachdem es dort die ersten Erscheinungen gab?

"Was an Schreinen wichtig ist, das sind nicht die historischen Gegenstände", sagte der Rektor Walsinghams, Monsignore John Armitage 2016 in einem Telefon-Interview mit CNA. "Es ist, dass sie ein Bindeglied zwischen Himmel und Erde sind". 

Die Ursprünge der Andacht zu Unserer Lieben Frau von Walshingham gehen zurück auf das Jahr 1061. Damals erschien die Jungfrau Maria einer Adligen namens Richeldis de Faverches in einer Reihe von Visionen.

In diesen wurde Richeldis, in religiöse Ekstase versetzt, in das Haus in Nazareth versetzt: An den Ort, an dem Gabriel die Nachricht von der Geburt Christi überbrachte. Maria trug Richeldis auf, einen genauen Nachbau des Hauses in Walsingham errichten zu lassen. Das Gebäude wurde als "Heiliges Haus" schnell bekannt.  

"Von jener Zeit an, bis zur Reformation, im Jahr 1538, war Walsingham einer der großen Schreine der Christenheit", und der einzige Schrein, der Unserer lieben Frau gewidmet worden war. 

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Es sei der Stolz vieler, dass Walshingham der Ort des ältesten marianischen Wallfahrtsortes der Welt sei, sagte der Geistliche. 

Obwohl das Heiligtum selber im Jahr 1538 zerstört wurde, blieb eine Kapelle in der Nähe verschont, an der Walsingham-Pilger weiter Halt machten.

"Hier sammelten sich die Pilger, bevor sie das Heiligtum betraten, hier gingen sie zur Beichte, und zogen dann ihre Schuhe aus: Das Schuhwerk blieb in der Slipper Chapel – daher der Name – zurück, bevor sie barfuß den Schrein im Dorf betraten." 

Diese Tradition wird auch heute noch gepflegt, fügte der Rektor hinzu: Wenn die Pilger ihre Andacht in der Kapelle beendet haben, gehen sie die "Heilige Meile" ins Dorf.

Nachdem der Wallfahrtsort im 20. Jahrhundert wieder errichtet worden war, stieg die Zahl der Pilger neu an – bis heute.

"Walsingham ist eine großartige Wegekreuzung der Katholiken in England", sagte Monsignore Armitage. Für viele sei es das "geistliche Herz" des Landes.

Heute ist der Ort ein lebendige Pilgerstätte, an der täglich die heilige Messe gefeiert wird, Eucharistische Anbetungen angeboten werden, und Gelegenheiten für Gebet wie Reflektion. 

Ein neues Pilgerzentrum und ein von EWTN betriebenes Medien-Studio haben in den letzten Jahren dort ihren Betrieb aufgenommen.

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"Die Menschen kommen einfach", stellt Monsignore Armitage fest. Jedes Jahr rund 300.000 Personen, von organisierten Pilgergruppen bis hin zu Neugierigen auf der Durchreise. Im Jahr der Barmherzigkeit sei die Zahl der Pilger gestiegen. 

"Ich denke, Menschen gehen manchmal auf eine Pilgerfahrt wenn sie ein wenig den Glauben verloren haben", sagte er. "Dann suchen sie eine Wallfahrtstätte auf". 

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Aktualisierte Fassung einer Reportage des Jahres 2016.