Synodaler Weg: Rechtsbeugung und Machtmissbrauch

Abstimmungsgerät beim Synodalen Weg
Synodaler Weg / Maximilian von Lachner

Was ist eigentlich Machtmissbrauch? Gibt es ihn auch unter katholischen Bischöfen und Laien? Die traurige Antwort lautet: Leider ja! Nun ist diese Frage nicht unbedeutend, denn sie betrifft den derzeit umstrittensten Vorgang in der katholischen Kirche Deutschlands.

Worum geht es? Auf der vergangenen Synodalversammlung im September hatten fünf Delegierte einen Antrag auf geheime Abstimmung gestellt. Dies ist in der Satzung so vorgesehen (Art. 11 Abs. 4). Die Voraussetzungen waren eindeutig gegeben. Das Tagungspräsidium hat diesem Antrag aber nicht entsprochen, sondern ist der Rechtsauffassung gefolgt, dass ein gleichzeitig vorliegender Antrag auf namentliche Abstimmung laut Geschäftsordnung vorrangig sei. Danach folgte ein verändertes Abstimmungsverhalten unter den Bischöfen, die nicht ohne Grund den Minderheitenschutz verlangt hatten.

Allein ein Blick in die Satzung hätte schon ausgereicht, die Frage zu klären. Denn die Satzung des Synodalen Weges ist höherrangig als dessen Geschäftsordnung. Die unterschiedliche Rangfolge gesetzlicher Regelungen ist nichts Neues oder Ungewöhnliches. So ist das Grundgesetz höherrangig als ein einfaches Gesetz.

Ähnlich beim Synodalen Weg: Die beiden Träger, Deutsche Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken, haben mit der Satzung eine rechtliche Grundlage für das gemeinsame Projekt des Synodalen Weges geschaffen; die Satzung enthält alle wesentlichen Festlegungen als Regelungen und übt deshalb wie eine Verfassung die größte Autorität aus. In Art. 14 bestimmt sie: „Die Geschäftsordnung regelt die Einzelheiten des Verfahrens.“ Die Geschäftsordnung leitet sich also von der Satzung ab und wird nachträglich erstellt. Bei Kollisionen ist der Vorrang eindeutig. Die Satzung bildet die „Geschäftsgrundlage“ und kann auch nicht durch nachträgliche Meinungsäußerungen oder Beschlüsse ihre Gültigkeit verlieren. Das gilt auch für Beschlüsse der Synodalversammlung, die teils als Souverän bezeichnet wird. Die Rechte der Synodalversammlung gehen allerdings nicht weiter, als es die Satzung ihr erlaubt.

Aber gibt es überhaupt eine Kollision? Nach Auffassung mehrerer Kirchenrechtler und Lehrstuhlinhaber an deutschen Universitäten ist die Rechtslage vielmehr eindeutig. Sie unterstützen eindeutig den Minderheitenschutz und begründen detailliert dessen in der Satzung und Geschäftsordnung verankerte Gültigkeit.

Aber diese Einschätzung wurde nicht spürbar aufgenommen, es gab dazu keine Stellungnahmen. Nun hat die Deutsche Bischofskonferenz in der vergangenen Woche um Klärung gebeten, verbunden mit dem Hinweis, dass geheime Abstimmungen zugelassen werden. In einem vierseitigen Antwortschreiben hat das Synodalpräsidium das Begehren abgelehnt, diesen ursprünglich vereinbarten Minderheitenschutz unmittelbar zu gewähren. Vielmehr sei dies von der Zustimmung der Synodalversammlung abhängig. Der Minderheitenschutz wird also umgewidmet zu einem Recht der Mehrheit, das nach Gutsherrenart gewährt oder abgelehnt werden kann.

Das ist und bleibt satzungswidrig und entspricht nicht den ursprünglichen Verabredungen der Beteiligten. Als Rechtsbeugung und Machtmissbrauch lässt sich ein solches Vorgehen werten, das sicherlich nicht zum besseren Gelingen beiträgt. Im Gegenteil: Es unterstützt den Eindruck, dass nicht synodal und ergebnisoffen beraten werden soll, sondern die Umsetzung einer längst verabredeten Agenda im Vordergrund steht.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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