Papst Franziskus fordert in Mongolei „festen Willen einer universalen Geschwisterlichkeit“

Papst Franziskus steht neben dem mongolischen Präsidenten Uchnaagiin Chürelsüch auf dem Sukhbaatar-Platz vor dem Staatspalast in Ulaanbaatar am 2. September 2023.
Vatican Media

In seiner ersten Ansprache in der Mongolei hat Papst Franziskus am Samstagmorgen seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass „die dunklen Wolken des Krieges“ „vom festen Willen einer universalen Geschwisterlichkeit hinweggefegt werden, in der Spannungen auf der Grundlage von Begegnung und Dialog gelöst werden und allen die Grundrechte garantiert werden“.

„Lasst uns hier, in eurem Land, das reich an Geschichte und Himmel ist, um dieses Geschenk aus der Höhe bitten und bemühen wir uns gemeinsam darum, eine Zukunft des Friedens zu errichten“, so der Pontifex im Staatspalast von Ulaanbaatar vor Vertretern der Regierung und der Zivilgesellschaft sowie dem Diplomatischen Korps.

Die Mongolei sei ein „Symbol für Religionsfreiheit“, sagte Franziskus: „In der Kontemplation der endlosen Horizonte, die nur spärlich von Menschen bevölkert sind, hat sich in eurem Volk nämlich ein Gespür für das Spirituelle herausgebildet, zu dem man Zugang findet, indem man der Stille und Innerlichkeit Raum gibt. Angesichts der feierlichen Imposanz der Erde, die euch mit ihren unzähligen Naturphänomenen umgibt, kommt auch ein Gefühl des Staunens auf, das Demut und Anspruchslosigkeit nahelegt und geneigt macht, sich für das Wesentliche zu entscheiden und sich von allem Unwesentlichen zu lösen.“

Die mongolische Ehrengarde hält vor dem Staatspalast Wache, als Papst Franziskus am 2. September 2023 auf dem Sukhbaatar-Platz in Ulaanbaatar eintrifft. Courtney Mares / CNA Deutsch

Er denke in diesem Zusammenhang „an die Gefahr, die eine konsumorientierte Gesinnung darstellt, die heute nicht nur viel Ungerechtigkeit verursacht, sondern uns auch in einen Individualismus einschließt, der weder an die Anderen noch an die guten Traditionen denkt, die wir erhalten haben“, erklärte er.

„Die Religionen hingegen sind, wenn sie sich auf ihr ursprüngliches spirituelles Erbe zurückbesinnen und nicht durch sektiererische Abweichungen korrumpiert werden, in jeder Hinsicht verlässliche Stützen beim Aufbau gesunder und blühender Gesellschaften, in denen sich die Gläubigen darum bemühen, dass das zivile Zusammenleben und das politische Wirken immer mehr im Dienst des Gemeinwohls stehen, und damit auch dem gefährlichen Nagen der Korruption einen Riegel vorschieben“, zeigte sich der Papst überzeugt.

Weiter sagte er: „Nachdem ihr die atheistische Ideologie ohne Blutvergießen überwunden habt, die glaubte, den religiösen Sinn auslöschen zu müssen, weil sie ihn für ein Entwicklungshemmnis hielt, bekennt ihr euch heute zu jenem grundlegenden Wert der Harmonie und des Zusammenwirkens von Menschen verschiedener Glaubensüberzeugungen, die – aus ihrer jeweiligen Perspektive – zum sittlichen und geistlichen Fortschritt der Völker beitragen.“

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Katholische Pilger aus Hongkong kamen, um den Papst bei der Willkommenszeremonie auf dem Sukhbaatar-Platz in Ulaanbaatar, Mongolei, am 2. September 2023 zu sehen. Courtney Mares/CNA Deutsch

Unter den wenigen hundert Menschen, die den Papst im bevölkerungsreichsten souveränen Land der Welt willkommen hießen, waren auch katholische Pilger aus Hongkong und dem chinesischen Festland. Einige der Katholiken aus China trugen Masken und Sonnenbrillen, um ihre Identität zu verbergen - ein Zeichen dafür, dass die Religionsfreiheit in dem Land jenseits der südlichen Grenze der Mongolei sehr unterschiedlich ist.

Mundschutz zum Schutz der Privatsphäre: Gläubige vom chinesischen Festland schirmten ihre Identität ab bei der Begrüßungszeremonie für Papst Franziskus in Ulaanbaatar, Mongolei, am 2. September 2023. Colm Flynn/EWTN

Es gab auch einige Passanten aus der Mongolei, die anhielten, um den Papst zu sehen, darunter Tuvshin, 38, ein Christ aus Ulaanbaatar.

Tuvshin sagte gegenüber CNA, dass er glaubt, dass die Mongolei in einer "schwierigen Nachbarschaft zwischen Russland und China" liegt.

"Ich denke, dass er [Papst Franziskus] noch viel mehr Gründe hat, diese Pilgerreise in die Mongolei zu machen", sagte er.

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Heute gibt es in der Mongolei etwa 1.450 Katholiken, das sind weit weniger als 1 % der 3,3 Millionen Einwohner des Landes.

Der 38-jährige Tuvshin, ein Christ aus Ulaanbaatar, sagte gegenüber CNA, dass er die Mongolei in einer "schwierigen Nachbarschaft zwischen Russland und China" sieht. Courtney Mares/CNA Deutsch

Die Mongolei hat enge Beziehungen zu ihren geografischen Nachbarn China und Russland sowie eine wichtige diplomatische Beziehung zu den Vereinigten Staaten, die die Mongolei als ihren "dritten Nachbarn" bezeichnet.

Die Kirche wolle dazu in der Mongolei ihren Beitrag leisten, sagte der Papst: „Die katholische Kirche, eine alte, in fast allen Ländern verbreitete Institution, ist Zeugin einer edlen und fruchtbaren geistlichen Tradition, die zur Entwicklung ganzer Nationen in vielen Bereichen des menschlichen Lebens beigetragen hat, von der Naturwissenschaft bis zur Literatur, von der Kunst bis zur Politik. Ich bin sicher, dass auch die katholischen Mongolen bereit sind und bereit sein werden, ihren Beitrag zum Aufbau einer gedeihlichen und sicheren Gesellschaft zu leisten, im Dialog und in Zusammenarbeit mit allen Gruppen, die dieses große, vom Himmel so reich gesegnete Land bewohnen.“

Mongolische Reiter grüßen Papst und Präsident. Vatican Media

Vor rund 30 Jahren habe die Kirche begonnen, ihren Glauben in einem mongolischen Zelt zu feiern, „und auch die jetzige Kathedrale in dieser großen Stadt erinnert in ihrer Form daran. Dies sind Zeichen ihres Wunsches, mit dem mongolischen Volk, das ihr Volk ist, im Geiste eines verantwortungsvollen und geschwisterlichen Dienstes zusammenzuwirken. Ich freue mich daher, dass die katholische Gemeinschaft, so klein und unscheinbar sie auch ist, mit Begeisterung und Engagement am Gedeihen des Landes mitwirkt, indem sie die Kultur der Solidarität, des Respekts für alle und des interreligiösen Dialogs verbreitet und indem sie sich für Gerechtigkeit, Frieden und soziale Harmonie einsetzt.“

„Ich hoffe, dass die einheimischen Katholiken, dank einer weitsichtigen und auf die konkreten Bedürfnisse ausgerichteten Gesetzgebung sowie unterstützt von notwendigerweise aus anderen Ländern stammenden gottgeweihten Männern und Frauen, stets ohne Schwierigkeiten ihren menschlichen und geistlichen Beitrag für die Mongolei zum Wohle dieses Volkes leisten können“, sagte Franziskus.

Trotz nomineller Religionsfreiheit schreibt der mongolische Staat vor, dass nur ein gewisser Anteil der Mitarbeiter einer Religionsgemeinschaft aus dem Ausland kommen darf. Häufig sind dies weniger als zehn Prozent. Die Kirche hat ausgehandelt, dass 75 Prozent ihrer Mitarbeiter Einheimische sein müssen, der Rest kann aus dem Ausland kommen.

Papst Franziskus verwies auf „die laufenden Verhandlungen über ein bilaterales Abkommen zwischen der Mongolei und dem Heiligen Stuhl“, was „eine wichtige Möglichkeit“ darstelle, „um jene Voraussetzungen zu schaffen, die für die ordentliche Aktivität der katholischen Kirche unerlässlich sind. Dazu gehören neben der eigentlichen religiösen Dimension des Gottesdienstes insbesondere die zahlreichen Initiativen für eine ganzheitliche menschliche Entwicklung, die sich auch in den Bereichen der Bildung, des Gesundheitswesens, der Fürsorge, der Forschung und der Förderung der Kultur entfalten: diese bezeugen gut den demütigen, geschwisterlichen und solidarischen Geist des Evangeliums Jesu, dem die Katholiken folgen sollen, während sie mit allen Völkern der Erde gemeinsam unterwegs sind.“

In seiner Ansprache ging das Kirchenoberhaupt auch auf das Thema der Bewahrung der Schöpfung ein und sagte: „Eure Weisheit, die sich in Generationen umsichtiger Viehzüchter und Ackerbauern herausgebildet hat, die stets darauf bedacht waren, das empfindliche Gleichgewicht des Ökosystems nicht zu schädigen, kann diejenigen viel lehren, die sich heute nicht in der Verfolgung kurzsichtiger Partikularinteressen verschließen wollen, sondern der Nachwelt eine Erde hinterlassen möchten, die noch einladend und fruchtbar ist.“

„Was für uns Christen die Schöpfung ist, also die Frucht eines wohlwollenden Plans Gottes, helft ihr uns zu erkennen und mit Feingefühl und Sorgfalt zu fördern, indem den Auswirkungen der menschlichen Zerstörung eine Kultur der Fürsorge und Voraussicht entgegengesetzt wird, die sich in einer Politik verantwortungsvoller Ökologie widerspiegelt“, lobte er seine Gastgeber.