3. April 2025
CNA Deutsch präsentiert die folgende Predigt zum bevorstehenden fünften Fastensonntag.
Das Evangelium vom kommenden Sonntag (Joh 8,1–11) präsentiert uns eine sehr dramatische Szene, in der zwei Personen in Lebensgefahr sind.
Die erste ist eine Ehebrecherin, die auf frischer Tat ertappt wird. Das Gesetz des Moses ist eindeutig: Es schreibt die Steinigung vor.
Die andere Person ist Jesus. Wenn die Schriftgelehrten und Pharisäer die Ehebrecherin zu ihm bringen, dann nicht, weil sie wissen wollen, was zu tun sei: Sie wissen es sehr wohl (oder vielmehr glauben sie, es zu wissen). Sie bringen sie zu ihm, „denn sie wollten ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn anzuklagen“.
Tatsächlich war es den Juden unter römischer Herrschaft nicht erlaubt, jemanden hinzurichten (vgl. Joh 18,31). Wenn Jesus also die Verurteilung billigen würde, dann würde er bei den Römern als Rebell denunziert werden. Wenn er sie andererseits nicht billigen würde, dann wäre er für die jüdischen Autoritäten eindeutig ein Ketzer (und das ist vielleicht das Ergebnis, das die Ankläger sich erwarten, wenn man seinen vertrauten Umgang mit den Sündern und seine Verkündigung der Barmherzigkeit bedenkt).
Angesichts dessen ist die Reaktion Jesu rätselhaft: „Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde.“
Der heilige Augustinus erklärt, dass sich Jesus mit dieser Geste als Gott zeigt, der das Gesetz mit seinem Finger auf die Steintafeln schreibt (vgl. Vorträge über das Johannesevangelium 33,5). Die Umstehenden verstehen es nicht, also fügt der Herr ein Wort hinzu: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde.“
Warum kann nur derjenige als Erster einen Stein werfen, der ohne Sünde ist? Und warum gehen die Ankläger bei diesen Worten weg?
Beschuldigen oder freisprechen sind beides sehr gefährliche Handlungen. Da gibt es diejenigen, die – wie die Pharisäer – die anderen beschuldigen, um sich selbst freizusprechen („Ich bin nicht wie die anderen Menschen, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher …“, vgl. Lk 18,11). Aber es gibt auch diejenigen, die die anderen freisprechen, um sich selbst freizusprechen (aber ja, letztendlich, was ist schon ein Ehebruch! Diese Frau wird ihre Gründe gehabt haben… dem Herzen kann man nicht befehlen…)
In der verdrehten Mentalität der Welt gibt es auch jene, die sich selbst beschuldigen, um andere freizusprechen (wir sind diejenigen, die die Bedingungen schaffen für Ehebruch oder Diebstahl oder Gewalt… durch das Patriarchat, unbewussten Rassismus, unser falsches Bewusstsein).
Doch wenn wir die Wahrheit des Gesetzes betrachten, dann sehen wir, dass es niemanden freispricht: Es verurteilt die Ehebrecherin und verurteilt auch ihre Ankläger, da es jede Sünde verurteilt. „Alle sind sie abtrünnig und verdorben, keiner tut Gutes, auch nicht ein Einziger“ (Ps 14,3).
Das ist das doppelte Resultat der Wahrheit. Ohne Christus sind wir alle (keiner ausgeschlossen) in den Ungehorsam eingeschlossen und verdienen die Verurteilung. Aber in Christus wird allen Barmherzigkeit angeboten (vgl. Röm 11,32). Nur Jesus rettet! Wenn die Menschen beanspruchen, sich selbst zu retten, Gerechtigkeit zu schaffen oder sich selbst zu rechtfertigen, dann scheitern sie immer.
Der heilige Paulus selbst – daran erinnert er uns in der zweiten Lesung (Phil 3,8–14) – hatte als guter Pharisäer diesen Weg versucht. Dann, als Christ, hält er das Ansinnen, sich durch die eigene Gerechtigkeit zu retten, für Unrat: er hat verstanden – und lehrt uns –, dass das Einzige, was zählt, ist, „Christus zu gewinnen“. Es gibt eine einzige Sache, die man tun muss, um ihn zu gewinnen: an ihn glauben. Die Gerechtigkeit „kommt durch den Glauben an Christus“, „die Gerechtigkeit, die Gott schenkt“ ist „aufgrund des Glaubens“.
Kehren wir zur Episode aus dem Evangelium zurück. Wer wird gerettet? Im Moment wird nur die Ehebrecherin gerettet, die bei Jesus geblieben ist. Die anderen, denen ihre eigenen Sünden bewusst gemacht worden sind, sind weggegangen. Die Hoffnung ist, dass auch sie, früher oder später, „von Christus ergriffen“ werden wie der heilige Paulus, damit sie hören, dass auch für sie – wie für jeden, der bereut – das Wort des Herrn gilt: „Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“
Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.
Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.