Redaktion - Samstag, 14. Juni 2025, 8:00 Uhr.
Die Lehre von den „Vier Letzten Dingen“ – Tod, Gericht, Himmel und Hölle – stellt eine zentrale Säule der christlichen Eschatologie dar, also der Lehre vom letzten Ziel des Menschen und der Welt.
Der Tod – Übergang und Konsequenz
Der Tod wird nicht nur als biologisches Ende des Lebens, sondern als theologisch vielschichtiger Vorgang verstanden. Augustinus unterteilt den Tod in zwei Phasen: Zum einen den geistlichen Tod, bei dem die Seele sich durch die Sünde von Gott abwendet, was mit dem Sündenfall Adams und Evas begann; zum anderen den leiblichen Tod, bei dem die Seele vom Körper getrennt wird. Beide Formen sind Konsequenzen der Ursünde.
Thomas von Aquin führt weiter aus, dass die Seele nach dem leiblichen Tod unmittelbar einem individuellen Gericht unterzogen wird – sie gelangt entweder in die ewige Gemeinschaft mit Gott, in den Zustand der Reinigung (Fegefeuer) oder in die ewige Trennung von Gott.
Die kirchliche Praxis des Begräbnisses versteht Augustinus nicht primär als Dienst an den Verstorbenen, sondern als Zeichen der Hoffnung für die Lebenden. Sie sei ein Zeugnis für den Glauben an die leibliche Auferstehung und erinnere an Gottes Treue auch gegenüber den sterblichen Überresten des Menschen. Die Überreste des Verstorbenen bleiben durch Gottes Vorsehung in Beziehung zur Seele und werden am Jüngsten Tag in verherrlichter Form auferweckt.
Das Gericht – Unterscheidung und Offenbarung
Nach der Lehre von Augustinus und Thomas von Aquin gibt es ein doppeltes Gericht: das besondere Gericht, das jeder Mensch unmittelbar nach dem Tod erfährt, und das allgemeine, öffentliche Gericht am Ende der Zeiten, das sogenannte Jüngste Gericht.
Dieses wird von Christus selbst in seiner menschlich-verherrlichten Gestalt vollzogen. Die Gottheit Christi wird dabei nur den Seligen offenbar, doch alle Menschen werden den Richter sehen und seine Entscheidung anerkennen müssen.
Augustinus betont, dass das Letzte Gericht eine offenbare Trennung der Gerechten von den Gottlosen herbeiführen wird. Es dient nicht dem göttlichen Zorn, sondern der Durchsetzung der göttlichen Ordnung und Gerechtigkeit.
Auch Thomas von Aquin hält fest, dass die Offenbarung der innersten Taten, die Zuteilung der ewigen Löhne und Strafen sowie die Verherrlichung der göttlichen Gerechtigkeit zentrale Elemente dieses Gerichts sind. Die Engel werden ebenfalls gerichtet; dabei wird ihre frühere Entscheidung für oder gegen Gott offenbar.
Ein zentrales Kriterium des Gerichts ist die Ausrichtung des Willens. Todsünden, also freiwillige und bewusste Handlungen gegen das letzte Ziel des Menschen, nämlich Gott, führen zur ewigen Trennung von ihm. Lässliche Sünden, die zwar die Beziehung zu Gott stören, aber nicht aufheben, verzögern den Eintritt in die Seligkeit, jedoch nicht endgültig.
Der Himmel – Vollendung in Gott
Der Himmel ist nach klassischer katholischer Lehre nicht bloß ein Ort, sondern ein Zustand vollkommener Gemeinschaft mit Gott. Diese ewige Glückseligkeit, auch visio beatifica genannt, besteht im unmittelbaren Schauen Gottes in seiner göttlichen Wesenheit.
Nach Thomas von Aquin ist dies das Ziel jeder vernunftbegabten Kreatur. Diese Schau ist nicht durch natürliche Kräfte erreichbar, sondern erfordert ein übernatürliches Licht, das der Mensch nur durch Gnade empfangen kann.
Neben der Anschauung Gottes beschreibt Thomas von Aquin weitere Aspekte der himmlischen Seligkeit: die Auferstehung in einem verherrlichten Leib, die Gemeinschaft mit den Engeln und Heiligen sowie die Stufen der Glückseligkeit, die nach dem Maß der gelebten Liebe und der Verdienste vergeben werden.
Besonders hervorgehoben werden dabei die „Aureolen“ – Auszeichnungen für besondere Verdienste wie das Martyrium oder das Jungfräulichkeitsgelübde.
Bemerkenswert ist die Lehre, dass die Seligen im Himmel sich an der Gerechtigkeit Gottes auch in der Verdammung der Gottlosen erfreuen. Nicht aus Rachsucht, sondern aus der vollkommenen Zustimmung zum göttlichen Willen heraus erkennen sie die Notwendigkeit der gerechten Strafe.
Die Hölle – Ausschluss und Qual
Die Hölle stellt das Gegenbild zum Himmel dar. Sie ist die ewige Trennung von Gott – die sogenannte „Strafe des Verlusts“ (poena damni) – und zugleich Ort aktiver Qualen – die „Strafe der Sinne“ (poena sensus).
Thomas von Aquin beschreibt die Höllenqualen nicht allein psychologisch, sondern auch physisch: Das Höllenfeuer ist real und wirkt auch auf die nach der Auferstehung unvergänglichen Leiber der Verdammten. Das Feuer ist Ausdruck der Spannung zwischen der unsterblichen Seele, die den Körper zusammenhält, und dem zerstörerischen Charakter der Materie.
Zu den geistigen Leiden gehören der „Wurm“, der für das unaufhörliche Gewissen steht, sowie das „Weinen und Zähneknirschen“, Symbole für Schmerz, Wut und Verzweiflung. Die Verdammten bereuen nicht in heilsamer Weise, sondern bedauern lediglich ihre Strafe. Sie verharren in Hass auf Gott und ihre Situation – ihr Wille ist unwiderruflich auf das Böse gerichtet.
Augustinus und Thomas betonen, dass die Höllenstrafe ewig ist. Auch wenn die Sünde zeitlich begrenzt war, richtet sie sich gegen den unendlichen Gott, weshalb die Strafe kein Ende nimmt.
Die göttliche Barmherzigkeit steht dieser Ewigkeit nicht entgegen, denn sie bietet dem Menschen in diesem Leben ausreichend Gelegenheit zur Umkehr. Nach dem Tod jedoch ist der Zustand der Seele fixiert – zum Guten wie zum Bösen.