Ein Papst im Kriegsgebiet: Was der Besuch der Zentalfrikanischen Republik bedeutet

Papst Franziskus im Vatikan im April 2014
CNA/Daniel Ibanez

Im Rahmen seiner Afrika-Reise, die am Mittwoch dieser Woche beginnt, wird Papst Franziskus zum ersten Mal Kriegsgebiet betreten: die Zentralafrikanische Republik. Für die Menschen dort bedeutet seine Visite viel – es ist der Besuch eines Vaters, der kommt, um seine leidenden Kinder zu trösten.

“In den Herzen und Hirnen der Menschen ist [Papst Franziskus] eine große Figur”, sagte der Priester Hervé Hubert Koyassambia-Kozondo in einem Interview mit CNA. Seine Botschaft zu hören, und das im eigenen Land, sei “sehr, sehr bedeutsam”.

Kozondo kommt aus der Erzdiözese Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik; derzeit studiert er in Rom. Dort sprach er mit Journalisten vor der Reise des Heiligen Vaters in sein Heimatland vom 29. bis 30. November. Die Visite ist der dritte und letzte Teil der Afrika-Reise des Papstes, die vom 25. bis 30. November dauert und zuerst in Kenia und dann Uganda Halt macht.

Seit Wochen seien Bilder von Franziskus in den Medien zu sehen, sagte der zentralafrikanische Priester, und der Papst tägliches Gesprächsthema der Menschen.

Viele Bürger des Landes würden nur einmal in ihrem Leben den Papst zu sehen bekommen: “So wird er nun erwartet, und so werden sie ihn begrüßen – als einen echten Hirten der universalen Kirche. Als Vater, wahrhaftig, als einen Vater, würde ich sagen”, so Koyassambia-Kozondo.

Kriegsgebiet Kongo

Der letzte Papstbesuch der Zentralfafrikanischen Republik war im Jahr 1985; damals besuchte Johannes Paul II. auch Togo, die Elfenbeinküste, Kamerun, Zaire (heute die Demokratische Republik Kongo) und Kenia.

Heute ist die Zentralafrikanische Republik ein Kriegsgebiet, mit täglich neuen Toten. Hunderttausende sind auf der Flucht, tausende Todesopfer hat der drei-jährige Konflikt bislang gekostet.

Mehr in Vatikan

Seinen Anfang nahm die Auseinandersetzung Ende 2012: Muslimische Rebellengruppen im Norden des Landes sowie aus dem Tschad und Sudan schlossen sich zu einem neuen Bündnis zusammen, mit Namen Seleka, und begannen mit einem Eroberungsfeldzug gegen Süden. Im März 2013 stürzte Seleka den damaligen Präsidenten, Francois Bozize. Daraufhin gründeten Christen die Anti-Balaka-Miliz, um die islamischen Rebellen zu bekämpfen. Sie kämpfen oft mit Messern und Äxten gegen die islamischen Rebellen mit ihre Kalaschnikow-Gewehren – abgekürzt "AK", daher der Name "Anti-Balaka". Auf beiden Seiten werden große Grausamkeiten verübt, Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung sind die Norm.

Obwohl es seit 2014 eine Übergangsregierung unter Präsidentin Catherine Samba-Panza gibt, dauert der Konflikt an. Rund 12.000 UN-Soldaten im Land ist es nicht möglich, Frieden wirkich zu sichern.

Die Gewalt sei das größte Problem seines Landes, sagt Hervé Kozondo. “Wir brauchen eine Entwaffnung der Gruppen”, so der Priester.

Die gezielte Agression der muslimischen Rebellengruppe Seleka und ihrer zum Teil ausländischen Kämpfer  gegen Christen und christliche Einrichtungen habe eine andere Qualität als die rein ethnischen Rivalitäten, die früher für Konflikte gesorgt hätten. Das systematische Vorgehen der islamischen Kämpfer gegen Christen habe wiederum zu Rache-Akten und Gewalt von Christen geführt. “Diese handeln nicht im Namen unserer Religion”, betont der katholische Priester, auch mit Blick auf die Anti-Balaka-Miliz.

Bemühungen um pastorale Antworten

Moderate Muslime bemühten sich zusammen mit Protestanten und Katholiken um pastorale Antworten auf die Situation, erzählt Kozondo. Doch der Krieg habe nun auch Phänomene wie religiöse “Revenge Killings”, also Rachemorde zu beklagen.

In der Hauptstadt Bangui gebe es ein muslimisches Viertel, das Christen eigentlich nicht betreten dürften. “Eine starke Präsenz von Dschihadisten und Extremisten”, gebe es dort, erzählt der Priester, die sowohl Nichtmuslime als auch gemäßigte Muslime getötet hätten, wenn diese auch nur versuchten, den Menschen dort Hilfe anzubieten, und sei es, die Nachbarschaft zu verlassen.

Diese Morde wiederum lösten regelmäßig Rache-Morde an anderen Muslimen aus, und so könne die Gewalt jederzeit eskalieren. “Die Zivilbevölkerung ist dann mittendrin”, sagte Hervé Kozondo gegenüber CNA.

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Papst Franziskus will an seinem letzten Besuchstag, dem 30. November, Vertreter der muslimischen Gemeinde Banguis in der zentralen Moschee treffen. Obwohl viele gegen diese Begegnung geraten haben, steht sie im Augenblick noch auf dem offiziellen Reiseplan.

Am Tag zuvor wird der Heilige Vater ein Flüchtlingslager besuchen, direkt nach seiner Ankunft und dem ersten Treffen mit Präsidentin Samba-Panza. Danach steht ein Treffen mit Vertretern evangelikaler Gemeinden an.

Der Leiter der Sicherheitskräfte im Vatikan, Domenico Giani, ist zur Zeit vor Ort in der Zentralafrikanischen Republik. Dies sei nichts Besonderes, betonte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi SJ gegenüber Journalisten in Rom.

Für den zentralfrikanischen Priester Kozondo ist dafür der Besuch etwas Besonderes: Hoffentlich ein erster Schritt in Richtung Frieden für sein Land und dessen leidende Bevölkerung, ganz egal, welcher Religion.