Null Toleranz für Missbrauch gehört im Kirchenrecht verankert, fordert Missbrauchsopfer

Marie Collins: Kirche muss einen weltweiten Plan aufstellen und umsetzen - Barbara Thorp: "Wir wissen, was zu tun ist. Es ist kein Geheimnis"

Marie Collins, ehemaliges Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission, beim Weltfamilientreffen in Dublin
Daniel Ibanez / CNA Deutsch

Das Kirchenrecht muss umgeschrieben werden, um weltweit nachvollziehbar Null Toleranz bei Missbrauch durch Geistliche durchzusetzen: Das hat ein ehemaliges Opfer von Missbrauch beim Weltfamilientreffen in Dublin gefordert.

Marie Collins, ehemaliges Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz Minderjähriger, sprach am 24. August im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit dem Titel "Schutz von Kindern und gefährdeten Erwachsenen".

Bei der Veranstaltungen sprachen neben Collins auch Baronin Sheila Hollins, ein weiteres ehemaliges Mitglied der Päpstlichen Kommission, Barbara Thorp, Expertin der Erzdiözese Boston sowie Professor Gabriel Dy-Liacco. 

Wie akut das Thema ist, zeigte bereits die Abwesenheit des eigentlichen Moderators: Die Runde sollte ursprünglich von Kardinal Sean O'Malley geleitet werden. Aber der Erzbischof von Boston musste seine Teilnahme absagen, weil er Vorwürfe sexueller Nötigung junger Männer am Priesterseminar seiner Diözese prüfen muss. 

Ein Brief des Kardinals, der auch Präsident der Päpstlichen Kommission ist, wurde vorgelesen. Darin betonte O'Malley, dass die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs das "wichtigste" Thema der Kirche sei - und dass der Schutz der Kinder seine "oberste Priorität".

"Die entscheidende Rolle der Laien kann nicht unterschätzt werden, wenn wir den Weg nach vorne suchen", schrieb O'Malley.

Collins, selbst Opfer von Missbrauch, ist eine katholische Ehefrau und Mutter. Sie kritisierte diejenigen, die sich immer noch weigern zu glauben, dass klerikaler sexueller Missbrauch ein tatsächliches Problem in der Kirche ist, und die darauf bestehen, dass die ganze Sache eine "Medienverschwörung" sei - oder dass die Opfer diese Dinge "erfinden".

Dabei kritisierte sie erneut die bisherige Reaktion von Papst Franziskus, einschließlich seines jüngsten Briefes zum Thema.

Mehr in Europa

"Überlebende und Opfer von Missbrauch brauchen keinen Brief vom Papst, um zu wissen, dass dies eine Realität ist - wir sprechen schon seit Jahrzehnten darüber", sagte Collins.

Die bereits geleisteten Bemühungen um Transparenz, Vorbeugung und Bekämpfung in Ländern wie Irland, den USA, Großbritannien und Australien würdigte Collins ausdrücklich. Gleichzeitig sei sie besorgt, dass in anderen Ländern dies noch nicht geschehen sei.

"Jedes Kind ist gleich wertvoll. Wo es lebt, sollte nicht entscheiden, ob es sicher oder in Gefahr ist", sagte sie. "Warum wird das nicht getan?"

"Leider wurde das Kirchenrecht häufiger dazu verwendet, den Täter zu schützen, als ihn zu bestrafen", sagte sie. Wenn die bestehenden kirchlichen Regelwerke aber nicht "echte Nulltoleranz" abbilden, so Collins, müsse die Kirche ihr Recht änden.

Und was die Vertuscher unter Bischöfen und Kardinälen betrifft, die nun in Australien und den USA geahndet werden, sagte Collins, dass diese von ihren Posten entlassen und verantwortlich gemacht werden müssen. Wenn nötig, bedeute dies auch die Laisierung der Schuldigungen.

Der Psychologie-Professor Gabriel Dy-Liacco lobte ebenfalls die bisherigen Schritte in den USA, Australien und Irland.

Dy-Liacco, der auf den Philippinen lebt, ist Vater von fünf Kindern - einer Tochter und vier Söhnen. Er äußerte sich besorgt über seine Kinder auf den Philippinen, die nicht die gleichen Kinderschutzmaßnahmen ergriffen haben wie die Vereinigten Staaten.

Wie der Rest der Welt auf die Missbrauchs- und Vertuschungskrise reagiere, "lässt viel zu wünschen übrig", sagte er. "Nicht aus Mangel an guter Absicht (....), sondern aus Mangel an konkretem Handeln."

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Das Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz Minderjähriger sagte, dass er sich dazu gezwungen sehe, "harte Fragen" zu stellen, um sicherzustellen, dass seine Kinder in der Kirche sicher sind, insbesondere seine Söhne. 

Barbara Thorp, die ehemalige Mitarbeiterin der Erzdiözese Boston, sagte, dass die Verantwortlichen in der Kirche eine "herzlose Gleichgültigkeit gegenüber dem Leiden der Kinder und der Schwachen" gezeigt hätten.

"Wir wissen, was zu tun ist. Es ist kein Geheimnis."

Übersetzt und redigiert aus dem Englischen von AC Wimmer.

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