Sind die Verfolgungen des IS ein Völkermord? Europas Parlament muss entscheiden

Der Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg
J. Patrick Fischer via Wikimedia (CC BY-SA 3.0)

Am kommenden 4. Februar entscheidet die Vollversammlung des Europa-Parlamentes über die Frage, ob die Verbrechen des Islamischen Staates (IS) offiziell als Völkermord zu klassifizieren sind. 

Laut Angaben des internationalen Hilfswerks Kirche in Not ist diese Resolution Ergebnis einer Debatte, die am vergangenen 20. Januar stattgefunden hat und in der ein großer Teil der Abgeordneten die Vernichtung religiöser Minderheiten in genannten Ländern, besonders der christlichen und jesidischen, als Genozid bezeichnete.

In diesem Sinn hat die Parlamentarische Versammlung des Europarates am vergangenen 27. Januar  nahezu einstimmig die Resolution "2091 (2016)" verabschiedet die sich "mit ausländischen Kämpfern in Syrien und im Irak" befasst. Darin geht es um "die Individuen, die im Namen der Terroreinheit, die sich selbst Daesh nennt" und welche "durch ihre Taten Völkermord und andere schwerwiegende Verbrechen begangen haben, die gemäß dem Völkerrecht strafbar sind". Daesh ist eine andere Bezeichnung des IS; die Islamisten und ihre Verbündeten sind bekanntlich mittlerweile für zahlreiche Terror-Angriffe weltweit verantwortlich.

Des weiteren erinnert die Versammlung daran, dass "im Völkerrecht die Staaten eine positive Verpflichtung besitzen, einen Genozid zu verhüten und somit ihr Möglichstes unternehmen müssen, um zu verhindern, dass ihre eigenen Bürger an derartigen Taten teilnehmen." Bekanntlich sind mehrere hundert, wenn nicht sogar tausende Muslime aus westeuropäischen Ländern nach Syrien und in den Irak gereist, um dort für den IS zu kämpfen. 

Bei Kirche in Not treten die Erklärungen des schwedischen Abgeordneten Lars Adaktusson hervor, der diesen Beschluss im Europaparlament angekurbelt hatte und erklärt: "Ich bin der Verantwortliche einer Resolution, die die Mitgliedsstaaten der EU auffordert, die Missbräuche gegen Christen und Jesiden als Genozid zu definieren und auf diese Weise im Rahmen der Vereinten Nationen zu handeln, um gezielte humanitäre und militärische Interventionen zu entwickeln."

Ähnliche Beschlüsse wurden bereits auch von anderen Parlamenten getroffen, wie beispielsweise in Litauen, wo die Resolution über den Genozid an Christen und anderen religiösen Minderheiten im Mittleren Osten und in Nordafrika verabschiedet wurde. Analoge Initiativen werden im Kongress der Vereinigten Staaten vorangetrieben.

Folgen der Anerkennung als Völkermord

Das "Verbrechen des Völkermordes" ist im Völkerrecht genau definiert: es beinhaltet Verbrechen "die begangen werden in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören."

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Daher ist es offensichtlich, wie Kirche in Not erläutert, dass die Christen und Jesiden im Irak und in Syrien Opfer eines systematischen Völkermordes sind.

Das Völkerrecht legt den Staaten und der internationalen Gemeinschaft die Verpflichtungen auf, den Völkermord zu verhüten, die Gruppen zu schützen, die Gegenstand von Genoziden sind, sowie die Verantwortlichen zu verurteilen und zu bestrafen.

Auch die Absicht, die Mittäterschaft, das Komplott oder die Anstiftung, einen Völkermord zu begehen, sind strafbar. Daher muss jedes Person und jede Organisation, die Völkermord begeht, dabei Komplize ist oder dazu anstiftet, wo immer sie auch sei strafrechtlich verfolgt werden. Dies würde auch für die Unterstützer des IS in der Europäischen Union oder den Vereinigten Staaten gelten.

Die Anerkennung des Genozides ist somit der erste, grundlegende Schritt, um zu erreichen, dass die internationale Gemeinschaft geschlossen weltweit gegen die Islamisten handelt.

Die Verwendung des Begriffs Genozid beziehungsweise Völkermord hat somit nicht nur eine starke symbolische Bedeutung; sie hat auch praktische Konsequenzen.   

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