Hungert nach Gott wie Mutter Teresa: Papst Franziskus an Katholiken in Skopje

Papst Franziskus bei der Feier der heiligen Messe in Skopje am 7. Mai 2019
Vatican Media Pool

Die heilige Mutter Teresa von Kalkutta stand im Mittelpunkt der Predigt, die Papst Franziskus am heutigen Dienstag im nordmazedonischen Skopje gehalten hat.

An ihrem Geburtsort – in dem heute keine 4.000 Katholiken leben - verknüpfte der Papst ihr Vorbild mit den Worten von Jesus Christus im Tagesevangelium nach Johannes: "Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben." So ging es auch Mutter Teresa, sagte der Pontifex am 7. Mai den Gläubigen und Besuchern auf dem Makedonien-Platz.

"Hunger nach Brot, Hunger nach Brüderlichkeit, Hunger nach Gott. Wie gut kannte Mutter Teresa dies alles. Sie wollte ihr Leben auf zwei Säulen gründen: auf Jesus, der in Eucharistie gegenwärtig ist und auf Jesus, der in den Armen gegenwärtig ist!"

Die Eucharistiefeier wurde wie üblich im lateinischen Ritus gefeiert – jedoch mit byzantinischen Elementen für die griechisch-katholischen Geschwister auf dem Platz. Nach offiziellen Angaben waren 15.000 Menschen zur heiligen Messe gekommen – darunter einige aus dem Ausland, wie kroatische Flaggen und sogar eine deutsche Fahne auf dem Platz zeigten.

Nordmazedonien – das bis vor kurzem nur "Mazedonien" hieß, und den neuen Namen zur Beilegung eines Streits mit Griechenland wählte - ist religiös von der Orthodoxie (etwa 65 Prozent) und zu einem geringen Maß der islamischen Minderheit (laut letzter Volkszählung etwa 33 Prozent) geprägt. Wie auch in Bulgarien ist nur ein sehr kleiner Bruchteil der Bevölkerung der Nation katholisch.

Nach einem Mittagessen mit Bischöfen und weiteren Programmpunkten - darunter eine Begegnung mit der Jugend - kehrt der Papst am Abend nach Rom zurück.

CNA Deutsch dokumentiert die Predigt von Papst Franziskus im vollen Wortlaut in deutscher Übersetzung, wie sie der Vatikan zur Verfügung gestellt hat.

"Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben", hat uns der Herr gerade gesagt (Joh 6,35).

Im Evangelium versammelt sich um Jesus herum eine Menge, die noch immer die Brotvermehrung vor Augen hatte. Dies war einer jener Momente, die sich den Augen und Herzen der ersten Jüngergemeinschaft dauerhaft eingeprägt hatten. Es war ein Fest gewesen… Das Fest, bei dem die Überfülle Gottes offenbar wurde wie auch die Sorge um seine Kinder, die im Teilen des Brotes und in der Teilhabe an diesem Brot zu Brüdern und Schwestern wurden. Stellen wir uns für einen Moment diese Menschenmenge vor. Etwas hatte sich geändert. Für einige Augenblicke konnten diese durstigen und stillen Menschen, die Jesus aus Verlangen nach einem Wort folgten, das Wunder der Brüderlichkeit, das sättigend und überfließend sein kann, mit ihren Händen berühren und leibhaftig spüren.

Der Herr ist gekommen, um der Welt Leben zu geben, und er tut dies immer auf eine Weise, die erfolgreich die Enge unserer Berechnungen, die Mittelmäßigkeit unserer Erwartungen und die Oberflächlichkeit unseres Intellektualismus in Frage stellt; er hinterfragt unsere Ansichten und unsere Gewissheiten und lädt uns ein, eine neue Perspektive einzunehmen, die Raum für eine andere Art der Wirklichkeitsgestaltung lässt. Er ist das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist: "Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben".
All diese Menschen entdeckten, dass der Hunger nach Brot auch noch andere Bedeutungsebenen hat: Hunger nach Gott, Hunger nach Brüderlichkeit, Hunger nach Begegnung und gemeinsamer Feier.

Wir haben uns daran gewöhnt, das harte Brot der Desinformation zu essen, und so wurden wir schließlich zu Gefangenen der Diskreditierung, der Etikettierung und der Abschätzigkeit; wir glaubten, dass der Konformismus unseren Durst stillen würde, und haben am Ende unseren Durst mit Gleichgültigkeit und Gefühllosigkeit gestillt; wir haben uns mit Träumen von Pracht und Größe ernährt und haben letztlich doch nur Ablenkung, Verschlossenheit und Einsamkeit gegessen; wir haben uns mit Connections vollgestopft und darüber den Geschmack an der Brüderlichkeit verloren. Wir haben schnelle und sichere Ergebnisse gesucht und fühlen uns beklommen vor Ungeduld und Unruhe. Als Gefangene der Virtualität ist uns der Geschmack und das Aroma der Realität abhandengekommen.

Sagen wir es deutlich und ohne Furcht: Wir sind hungrig, Herr... Wir sind hungrig, Herr, nach dem Brot deines Wortes, das unsere Verschlossenheit und unsere Einsamkeit zu öffnen vermag; wir sind hungrig, Herr, nach Brüderlichkeit, damit uns nicht Gleichgültigkeit, Diskreditierung und Abschätzigkeit auf den Tisch kommen und den ersten Platz bei uns zu Hause einnehmen. Wir sind hungrig, Herr, nach Begegnungen, in denen dein Wort in uns Hoffnung wecken, wieder Zärtlichkeit hervorrufen und das Herz empfindsam machen kann, weil es Wege der Verwandlung und der Umkehr eröffnet.

Wir haben Hunger danach, Herr, wie diese Menschenmenge die Vervielfältigung deiner Barmherzigkeit zu erleben, die Schablonen aufbrechen kann und die fähig ist, das Mitgefühl des Vaters für jeden Menschen zu teilen und weiterzugeben, besonders an diejenigen, für die sich niemand interessiert, die vergessen oder verachtet werden. Lasst uns das kraftvoll und furchtlos sagen: Wir sind hungrig nach Brot, Herr, nach dem Brot deines Wortes und nach dem Brot der Brüderlichkeit.

In wenigen Augenblicken werden wir uns in Bewegung setzen, werden wir an die Altarmensa treten, um uns vom Brot des Lebens zu nähren, wie es uns der Herr aufgetragen hat: "Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben" (Joh 6,35). Dies ist das Einzige, was der Herr von uns verlangt: Kommt. Er lädt uns ein, aufzubrechen, uns zu bewegen, hinaus zu gehen. Er fordert uns auf, auf ihn zuzugehen, damit wir an seinem Leben und seiner Sendung teilhaben können. „Kommt“, sagt uns der Herr. Bei diesem Kommen geht es nicht nur darum, von einem Ort zum anderen zu gehen, sondern um die Fähigkeit, uns bewegen zu lassen, uns von seinem Wort in unseren Entscheidungen, Gefühlen, und Prioritäten verwandeln zu lassen, damit wir uns trauen, dieselben Gesten zu vollziehen wie er selbst und in der ihm eigenen Sprache zu sprechen, mit der "Sprache des Brotes, die Zärtlichkeit, Gemeinschaft und großzügige Hingabe an die Anderen ausdrückt" , eine Liebe, die konkret und spürbar ist, weil sie alltäglich und real ist.
In jeder Eucharistie bricht und verteilt sich der Herr und lädt auch uns ein, dass wir uns mit ihm brechen und verteilen und an jenem Wunder der Vervielfältigung teilnehmen, das jeden Winkel dieser Stadt, dieses Landes, dieser Gegend mit ein wenig Zärtlichkeit und Mitgefühl erreichen und berühren will.

Hunger nach Brot, Hunger nach Brüderlichkeit, Hunger nach Gott. Wie gut kannte Mutter Teresa dies alles. Sie wollte ihr Leben auf zwei Säulen gründen: auf Jesus, der in Eucharistie gegenwärtig ist und auf Jesus, der in den Armen gegenwärtig ist! Liebe, die wir empfangen, Liebe, die wir geben. Zwei untrennbare Säulen, die ihren Weg markiert und die sie in Bewegung gesetzt haben, sie, die auch selbst ihren Hunger und Durst stillen wollte. Sie ging zum Herrn und gleichzeitig zum Bruder und zur Schwester, die verachtet, ungeliebt, allein und vergessen waren; sie ging zum Bruder und zur Schwester und fand das Antlitz des Herrn... Denn sie wusste, dass "Gottes- und Nächstenliebe verschmelzen: Im Geringsten begegnen wir Jesus selbst, und in Jesus begegnen wir Gott" , und einzig diese Liebe war in der Lage, ihren Hunger zu stillen.

Brüder und Schwestern, heute wandelt der auferstandene Herr weiter in unserer Mitte, dort, wo sich das alltägliche Leben ereignet und abspielt. Er kennt unseren Hunger und sagt uns noch immer: "Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben" (Joh 6,35). Ermutigen wir uns gegenseitig, aufzustehen und die Fülle seiner Liebe zu erfahren; lassen wir ihn unseren Hunger und Durst im Sakrament des Altares und im Sakrament unseres Bruders und unserer Schwester stillen.

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