"Es wird der Weltjugendtag des Friedens sein"

Junge Pilger beim Weltjugendtag in Rio de Janeiro am 28. Juni 2013.
Junge Pilger beim Weltjugendtag in Rio de Janeiro am 28. Juni 2013.
CNA/Michelle Bauman
Kardinal Dziwisz im Interview am 18. März 2016.
Kardinal Dziwisz im Interview am 18. März 2016.
CNA/Andrea Gagliarducci

Es ist ein Kommen und Gehen: Gruppen aus dem Erzbistum Krakau sind zu Besuch um die Heilige Messe dort zu feiern, wo der heilige Johannes Paul II. sie gefeiert hatte. Drei Zimmer weiter sitzt Kardinal Stanisław Dsiwisz —  Erzbischof von Krakau und ein Leben lang besonderer Sekretär des heiligen Papstes — in einem großen Salon, unter Bildern der Päpste dieses Jahrhunderts. Vom Raum nebenan geht es auf den Balkon, von dem Johannes Paul und Benedikt XVI. sich gezeigt hatten und von dem auch Franziskus es tun würde.

Der konzentrierte Blick verrät ein wenig die Last seiner 77 Jahre. Er redet über alles mit der kleinen Gruppe Journalisten, die ihm eine  Höflichkeitsbesuch abstattet: über den Weltjugendtag, der bald in Krakau stattfinden wird; über die Treue Polens zur Kirche und zum Papst, aber auch über christliche Werte; über seine Erinnerungen an Johannes Paul II, den er "immer gegenwärtig" fühlt. Er ist überzeugt: dies wird der Weltjugendtag des Friedens werden.

Ein Weltjugendtag, der während eines außerordentlichen Jahres der Barmherzigkeit gefeiert wird. Was bedeutet dieser "Zufall"?

Sicherlich ist dem Papst dieses Thema nicht fremd und sicher kennt er die Offenbarungen, die der barmherzige Jesus an Schwester Faustina gemacht hat. Und es ist ein Thema, das gut zum Weltjugendtag passt, der gerade unter dem Motto "Selig die Barmherzigen" steht. Aber es ist auch besonders bedeutend, dass dieser Weltjugendtag in Krakau stattfindet, denn Krakau ist das Zentrum der Verehrung des barmherzigen Jesus und er selbst hat gesagt, dass von diesem Ort der Offenbarung eine Flamme ausgehen wird, die die ganze Welt auf die Begegnung mit Jesus Christus vorbereiten wird. Ich halte es für wichtig, diese Flamme zu nehmen und sie der ganzen Welt zu schenken (die Delegationen kommen mittlerweile aus 174 Ländern). Schwester Faustina hat geschrieben, dass die Welt den Frieden nicht erfahren wird, wenn sie sich nicht an den barmherzigen Jesus wendet. Daher ist die Tatsache, dass die Welt sich während des Jahres der Barmherzigkeit in Krakau befindet, eine sehr bedeutsame Sache. Besonders heute, da der Friede in Gefahr ist. Man muss für den Frieden kämpfen. Das Treffen wird eben diese Aufgabe haben: hier den Frieden leben und ihn der Welt bringen.

Dieser Weltjugendtag findet in einem Jahr großer Öffnung zu den östlichen Kirchen statt. Es gab die historische Begegnung Papst Franziskus´ mit dem Patriarchen Moskaus, Kyrill. Kann dieser Weltjugendtag auch eine Gelegenheit sein, die Begegnung zwischen den Jugendlichen des westlichen und östlichen Europas anzuregen?

Wir sind für diese Möglichkeit sehr offen. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Weltjugendtag, der vor 25 Jahren in Tschenstochau stattgefunden hat, der erste war, zu dem Jugendliche aus den Ländern des Ostens gekommen waren. Es waren circa 200.000 aus der Ukraine, aus Russland und aus Weißrussland: zum ersten Mal war dieser Tag wirklich ein weltweiter. Wir müssen den Jugendlichen aus den Ländern des Ostens helfen, zu kommen; aber sie werden kommen. Vor allem aus Weißrussland und der Ukraine. Obwohl die Situation in der Ukraine aufgrund des herrschenden Konfliktes das Reisen sehr schwierig macht. Aber wir schließen niemanden aus.

Dreißig Jahre Weltjugendtag. Welche Früchte trägt dieser neue Weg im normalen Leben der Kirche?

Wir sehen, dass die Jugend nach diesen Begegnungen anders ist: sie setzt sich im Leben der Kirche mehr ein; sie ist auch froher, hat mehr Hoffnung für die Zukunft. Oft blühen nach dem Weltjugendtag Berufungen zum Priestertum und zum Ordensleben auf. Und es entstehen viele schöne Freundschaften, die auch in Ehen münden. Die Früchte sind gut: wir können auf diese Jugendlichen zählen. Man muss mit ihren vor allem deshalb reden, weil die Früchte schön und wichtig sind.

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Wie sind die polnischen Jugendlichen heute?

Das hängt von der Diözese und der Stadt ab. Im Süden Polens, wo Krakau liegt, ist es anders als im Norden. Im Süden ist das geistliche und kirchliche Leben stärker. Es gibt Pfarreien im Süden Polens, in denen der Besuch der Sonntagsmesse bei 70-80 Prozent liegt. Krakau ist eine große Stadt und der Durchschnitt ist niedriger: ungefähr 50 Prozent. Es wachsen auch mehr Berufungen unter den Jugendlichen im Süden.

Wie glauben Sie, dass das christliche Volk Papst Franziskus aufnehmen wird?

Sehr gut. Wir haben es auch bewiesen. Wir sind Christen. Als Benedikt XVI. kam, sofort nach seiner Wahl, haben wir ihn mit großem Enthusiasmus aufgenommen, vielleicht sogar mit noch größerem als Johannes Paul II. Wir wollten zeigen, dass der Papst für uns der Papst ist. Auch Papst Franziskus wird hier mit großer Herzlichkeit empfangen werden und ich muss sagen, dass ihn die Jugendlichen sehr erwarten.  

Ihr bemüht euch um die Organisation des Weltjugendtages. Aber was werdet ihr von Krakau empfangen?

Wir erwarten uns eine Atmosphäre der Freundschaft. Ich denke, dass es in Europa noch viele Vorhänge, viele Mauern gibt. Aber immer wenn der Papst kommt, dann ändern sich die Jugendlichen. Und wenn die jungen Leute kommen, wird es eine großartige Atmosphäre der Geschwisterlichkeit und der Freundschaft geben.

Es ist der erste Weltjugendtag nach der Heiligsprechung Johannes Pauls II. Hat das eine besondere Bedeutung für Sie?

Wir spüren die Gegenwart Johannes Pauls II., er hat immer etwas zu sagen, er inspiriert.... und er inspiriert auch heute. In Rio de Janeiro habe ich eine Jugend gesehen, die Johannes Paul II. nie begegnet ist. Und doch hat sie mit Enthusiasmus reagiert, als Papst Franziskus verkündet hat, dass er nach Krakau gehen würde.

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Sie haben an der Seite Johannes Pauls II. alle Weltjugendtage dieses Pontifikats miterlebt. Welcher davon hat sie am meisten berührt?

Diese Tage wiederholen sich nicht. Jeder hat seine eigene Dynamik. Sicherlich war das Treffen in Rom im Jahr 2000 sehr schön, und auch das in Tschenstochau war sehr wichtig, wegen jener Begegnung von Ost und West, von der wir vorher gesprochen haben.

Welchen Beitrag kann Polen heute für die katholische Kirche leisten und auch für den Westen von heute, in dem man einen starken Vormarsch der Säkularisierung, des Relativismus und des Nihilismus beobachtet?

Ich würde sagen, dass der Westen geistlich erneuert werden muss. (In Europa entstehen) viele schöne Bewegungen, auch für da Leben, Bewegungen, die wissen, dass Europa auf christliche Wurzeln gegründet ist. Bei diesem Thema finden die Kirche in Polen und die Kirchen des Westens leicht einen Berührungspunkt. Die Kirche hat immer die Kraft, ein Same für die Gesellschaft zu sein. Was die Kirche in Polen betrifft: wir wollen die christlichen Werte bewahren. Wir verteidigen die Heiligkeit des Lebens, wir verteidigen die Unauflöslichkeit der Ehe und ihre traditionellen Werte. Sicher, es gibt Scheidungen... aber man möge nie von homosexuellen Ehen sprechen! Das ist unser Standpunkt, den wir Europa nicht aufzwingen, aber vorstellen wollen. Denn diese Werte sind wichtig für die Zukunft der europäischen Zivilisation.

Die Länder des Ostens erscheinen immer mehr nationalistisch, der Immigration verschlossen. Warum?

Wir sind in Wirklichkeit sehr offen. Es spielt keine Rolle, ob wir die Grenzen vollkommen öffnen. Aber wenn wir Menschen einreisen lassen, dann müssen wir ihnen Arbeit, ein Dach, alles geben. Wir haben viel empfangen und wir müssen uns jetzt öffnen, um das zurückzugeben, was wir erhalten haben. Aber wir müssen und mit Klugheit und Verantwortlichkeit öffnen.

Warum sind es ebenfalls diese Länder des Ostens, die sich mehr für die Familie einsetzen, vor allem durch Bürgerinitiativen?

Weil das hässliche Umfeld des Westens uns Lebensformen aufzwingen will, die wir nicht teilen. Auch in Italien geschieht das! Wir müssen uns verteidigen, für uns selbst und auch für Europa. Bei uns gibt es eine demographische Krise. Es werden weniger Kinder geboren als Leute sterben. Das ist eines der Probleme. Die Regierung hat nun beschlossen, den Familien mit Kindern zu helfen. Das ist nützlich, notwendig und sehr schön.

Welche Erinnerung haben Sie an Johannes Paul II.?

Ich fühle seine Gegenwart, wenn auch nicht physisch. Und sehr viele wenden sich an Gott durch Johannes Paul II., erbitten verschiedene Gnaden. Es besteht eine unglaubliche Beziehung zwischen ihm und den Menschen; ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Es geschehen viele Wunder. Viele Ehepaare, die keine Kinder bekommen können, beten zu ihm, aber auch Krebskranke. Es gibt sehr viele Beispiele. Für die Heiligsprechung wurde ein Wunder ausgewählt, aber es gibt sehr viele. Er war wirklich ein mit Gott vereinter Mensch.