Lyon - Freitag, 20. Mai 2022, 7:49 Uhr.
Die soziale Medienwelt von heute ist voll von Influencern und solchen, die sich für Influencer halten. Nicht jedem gefällt das – manche halten Influencer für reiche, verwöhnte Kinds, die sich wichtig machen wollen, ohne tatsächlich einen Einfluss auf die Welt zu nehmen. Die Selbstvermarktung als Lebensstil, trotz aller noch so vordergründiger Absichten, diesen Planeten zu einem besseren Ort zu machen.
Wenn die Katholische Kirche am kommenden Sonntag, dem 22. Mai 2022, in Lyon (Frankreich) eine Frau namens Pauline Jaricot seligsprechen wird, dann erhebt sie eine Person zur Ehre der Altäre, die man durchaus als eine Influencerin bezeichnen kann.
TV-TIPP: Der katholische Fernsehsender EWTN.TV überträgt die Seligsprechung live aus Lyon – auch hier auf YouTube. Die Übertragung beginnt um 14.00 Uhr mit der Vorberichterstattung aus Lyon, ab 15.00 Uhr folgt das Pontifikalamt zur Seligsprechung.
Vor 200 Jahren, im Jahr 1822, rief sie eine Initiative ins Leben, die bald "päpstlich" und damit international als offizieller Teil der Weltkirche anerkannt wurde: Die Päpstlichen Missionswerke. Sie wurden zum Motor für die Evangelisierung der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas und sind bis heute weltweit tätig.
Pauline Jaricot, die Gründerin der Päpstlichen Missionswerke
Der heutige Präsident der Päpstlichen Missionswerke ist Erzbischof Giovanni Pietro Dal Toso. Im Gespräch mit dem Mediennetzwerk EWTN bewundert der Leiter der Missionswerke Pauline Jaricot für ihre Ausdauer und auch dafür, dass sie schon damals ihrer Zeit weit voraus war.
"Es war für mich immer sehr beeindruckend festzustellen, wie sehr schnell nach der Gründung dieses Werk sich auch in in anderen Ländern verbreitet hat", so Dal Toso in einem Fernsehbeitrag von EWTN, der am kommenden Sonntag im Rahmen des EWTN-Nachrichtenmagazins "VATICANO" erstmals ausgestrahlt werden wird. In Deutschland waren die Missionswerke schon im Jahr 1834 aktiv, in der Stadt Aachen, wo die Organisation noch heute unter dem Namen "Missio Aachen" firmiert. Vier Jahre, 1938, gründete sich eine weitere Niederlassung in Süddeutschland, heute als "Missio München" bekannt.
Eine Jugend voller Influencer-Klischees
Das Leben von Pauline Jaricot jedoch schien zunächst die meisten der heutigen Influencer-Klischees zu bestätigen. Sie kam am 22. Juli 1799 als Tochter einer reichen Familie von Seidenfabrikanten in Lyon zur Welt. Zeitgenossen beschreiben sie als hübsch und weltgewandt, jedoch auch als verwöhnt, eitel und arrogant.
Sie kommt ein wenig vom Weg ab, bis sie als 17-Jährige von einem Priester in Lyon eine Predigt über Eitelkeit hört, die ihr Leben verändert. Sie beginnt ihr Vermögen an Notleidende, einfache Arbeiter und Kranke zu verschenken. Zusätzlich baut sie ein Netzwerk auf, um die missionarischen Bemühungen der Kirche in aller Welt zu unterstützen.
An dieser Mission hat sich bis heute nichts geändert, betont Erzbischof Giampietro Dal Toso. Er sagt:
"Der Zweck ist, wenn ich das in einem Satz sagen kann, die Strukturen der Lokalkirche zu stärken. Die Idee war: Wir haben große Missionsländer. Wir haben eine große Aufgabe, diese Länder zu missionieren. Unter Mission verstehen wir auch eine Ortskirche zu etablieren und die Päpstlichen Missionswerke haben die Aufgabe seit jeher, die Strukturen der Ortskirche zu etablieren, zu finanzieren, zu stärken."
Man möchte keine Parallelstrukturen schaffen, sondern vielmehr Hilfe zur Selbsthilfe leisten, so Dal Toso weiter. Die Päpstlichen Missionswerke hätten deswegen von Anfang an aucb Seminarien gegründet und finanziert. "Wir brauchen Priester aus dem Ort und erst dann kann man eine Kirche auch als eine wichtige lokale Kirche bezeichnen, wenn sie auch Priester und Ordensleute aus den eigenen Reihen hat", erklärt der Präsident der Päpstlichen Missionswerke.
Ein Vorbild für "digital natives"?
Die Gründerin Pauline Jaricot selbst musste jedoch zu Lebzeiten schwere Niederlagen einstecken. Nach einem Heilungserlebnis, welches sie der heiligen Philomena zuschrieb, sammelte sie Geld, um eine Modellfabrik zu errichten, wo Arbeiter bessere Bedingungen haben sollen.
Das Modellprojekt scheitert. Pauline Jaricot wird von den von ihr eingesetzten Verwaltern betrogen und geht pleite. Völlig verarmt und diskreditiert stirbt sie am 9. Januar 1862.
Ihr Lebenswerk jedoch entwickelt zu einem kostbaren Instrument der Evangelisierung. Auch der "Lebendige Rosenkranz", der von Jaricot einst ins Leben gerufen wurde, erfreut sich noch heute großer Beliebtheit. 100 Jahre nach ihrer Gründung, am 3. Mai 1922, erhielten die Missionswerke von Papst Pius XI. die päpstliche Anerkennung.
Erzbischof Dal Toso sagte gegenüber EWTN, dass die Idee von Jaricot noch heute lebendig ist und auch im Pontifikat von Papst Franziskus weiterlebt. Der Pontifex betont immer wieder, dass jeder Mensch zur Neuevangelisierung berufen ist. Dal Toso wörtlich:
"Das Charisma von Pauline Jaricot ist – müsste ich das in einem Satz sagen, man könnte natürlich ganz viel sagen – dass wir alle als getaufte Christen eine Verantwortung haben für die Evangelisierung und dass wir alle an dieser Evangelisierung teilnehmen. Ganz konkret durch das Gebet, durch das Opfer, auch durch die Spende. Aber die Idee ist: alle können wir, alle als Getaufte können wir an diese Missionsarbeit teilnehmen."
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Für Dal Toso ist die Seligsprechung am 22. Mai auch eine Bestätigung des Charismas von Pauline Jaricot und für die Arbeit der Missionswerke. Für die Generation der sogenannten digital natives dagegen kann ihr Leben aber auch ein Vorbild sein:
Pauline Jaricot hat gezeigt, dass auch verhätschelte, reiche Kinder als Influencer die Welt zu einem besseren Ort machen können.
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