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Die Kirche – Mutter unseres Glaubens

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In den Glauben der Kirche wachsen wir unser ganzes Leben hindurch immer tiefer hinein. Die Bindung an die Weggemeinschaft der Gläubigen aller Zeiten und Orte gehört zu den tiefsten und wesentlichen katholischen Erfahrungen. Mit aufrichtiger Traurigkeit und inständigem Gebet gedenken wir auch all jener, die aus dieser Bindung an die Kirche, die „Mutter unseres Glaubens“, wie Benedikt XVI. und Franziskus in der Enzyklika „Lumen fidei“ diese charakterisieren, heraustreten, um ihre eigene Wege zu gehen.

Zu allen Zeiten der Kirchengeschichte hat es Formen der Häresie und Apostasie gegeben – und immer wieder sind Lehrmeinungen und persönliche Bekundungen aufgetreten, mit denen Einzelne ihre jeweilige Überzeugung mit der Wahrheit identifizierten. Wer sich aber von der Kirche loslösen und förmlich befreien möchte, handelt wie jemand, der sich von der eigenen Mutter abgrenzt, wie ein trotziges Kind oder wie ein hochmütiger Mensch, der sich selbst für aufgeklärt, reflektiert und autonom hält.

Für Benedikt und Franziskus ist die Kirche die Familie Gottes, sie ist ein Begegnungs- und Beziehungsort, an dem das Licht Christi gegenwärtig ist: „Das Licht Jesu erstrahlt wie in einem Spiegel auf dem Antlitz der Christen, und so verbreitet es sich, so gelangt es bis zu uns, damit auch wir an diesem Schauen teilhaben können und anderen sein Licht widerspiegeln, wie bei der Osterliturgie das Licht der Osterkerze viele andere Kerzen entzündet. Der Glaube wird sozusagen in der Form des Kontakts von Person zu Person weitergegeben, wie eine Flamme sich an einer anderen entzündet. Die Christen säen in ihrer Armut einen so fruchtbaren Samen, dass er ein großer Baum wird und die Welt mit Früchten zu erfüllen vermag.“ Die Gemeinschaft der Kirche umspannt die Generationen und wird weitergegeben in den Familien, durch alle Zeiten hindurch: „Mittels einer ununterbrochenen Kette von Zeugnissen kommt die Gestalt Jesu zu uns.“ 

Menschen sind Beziehungswesen, als Gläubige überzeugt, dass sie sich selbst nicht machen, nicht gestalten und nicht erfinden – und nicht in allem die „Sicherheit“ von Erkenntnis und Wissen „in sich suchen“ und finden können: „Der Mensch lebt stets in Beziehung. Er kommt von anderen, gehört anderen, und sein Leben wird größer durch die Begegnung mit anderen. Und auch die eigene Kenntnis, das Selbstbewusstsein ist von relationaler Art und ist an andere gebunden, die uns vorangegangen sind — an erster Stelle unsere Eltern, die uns das Leben und den Namen gegeben haben. Die Sprache selbst, die Worte, mit denen wir unser Leben und unsere Wirklichkeit deuten, kommt durch andere auf uns; sie ist im lebendigen Gedächtnis der anderen bewahrt. Die Kenntnis unserer selbst ist nur möglich, wenn wir an einem größeren Gedächtnis teilhaben. So geschieht es auch im Glauben, der die menschliche Weise des Verstehens zur Fülle bringt. Die Vergangenheit des Glaubens, jener Akt der Liebe Jesu, der in der Welt ein neues Leben hervorgebracht hat, kommt auf uns durch das Gedächtnis der anderen, der Zeugen, und ist lebendig in dem einzigartigen Subjekt des Gedächtnisses, der Kirche.“

Die Kirche lehre uns als Mutter die „Sprache des Glaubens“. Wir spüren und erfahren dies in den Gebeten, mit denen wir aufwachsen und deren Reichtum und Schönheit wir immer tiefer erkennen, die uns bereichern, in denen wir durchatmen und aufatmen können. Die „Sprache des Glaubens“ hat also Formen, Rituale und Gesichter. In der Kirche lernen wir Weggefährten kennen, nicht nur Mitmenschen unserer Zeit, sondern auch Selige und Heilige, die für uns als Fürsprecher auftreten, bei denen wir Rat und Hilfe suchen und denen wir uns vertrauensvoll zuwenden. In der Kirche des Herrn wirkt der Heilige Geist: „Die Liebe, die der Geist ist und in der Kirche wohnt, hält alle Zeiten untereinander geeint und macht uns zu „Zeitgenossen“ Jesu. So leitet er unser Unterwegssein im Glauben.“ Es sei unmöglich, allein zu glauben – und vollziehe sich „immer innerhalb der Gemeinschaft der Kirche“.

Benedikt und Franziskus erinnern an das Glaubensbekenntnis der Taufliturgie, das dialogisch sei: „Das Glauben drückt sich als Antwort auf eine Einladung, auf ein Wort aus, das gehört werden muss und nicht aus einem selbst kommt. Deshalb fügt es sich innerhalb eines Dialogs ein und kann nicht das bloße Bekenntnis sein, das vom Einzelnen kommt. Es ist nur deshalb möglich, in erster Person mit „Ich glaube“ zu antworten, weil man zu einer größeren Gemeinschaft gehört, weil man auch „wir glauben“ sagt. Diese Öffnung gegenüber dem „Wir“ der Kirche geschieht gemäß der eigenen Öffnung gegenüber der Liebe Gottes, die nicht nur eine Beziehung zwischen Vater und Sohn, zwischen einem „Ich“ und einem „Du“ ist, sondern im Geist auch ein „Wir“, ein Miteinander von Personen. Deshalb gilt, wer glaubt, ist nie allein, und deshalb breitet der Glaube sich aus, lädt er andere zu dieser Freude ein. Wer den Glauben empfängt, entdeckt, dass die Räume seines „Ich“ weiter werden, und in ihm wachsen neue Beziehungen, die sein Leben bereichern.“

Der Glaube zeigt uns also den wahren Beziehungsreichtum und die große Weite eines Lebens mit der Kirche, das sich nicht in angestrengter, mühsamer und strapaziöser Kritik äußert, so wie die Wehklage gegenüber einem lästigen Verwaltungsapparat, sondern in Hingabe und Liebe. Wir können als Katholiken gar nicht anders – und lieben darum die Kirche, weil in ihr Gottes Liebe zu uns gegenwärtig ist. Die Kirche ist ihrem Wesen nach weder eine nützliche Wohlfahrtsorganisation noch eine politische Partei mit weltlichen Zielen, sondern die Stiftung Jesu Christi, dazu bestellt und damit beauftragt, die Botschaft des Herrn zu verkünden, die Sakramente zu spenden und seinen Tod und seine Auferstehung zu verkünden, bis er wiederkommt in Herrlichkeit. Auch Worte haben in der Kirche ihren Platz, ganz gewiss, damit sind aber nicht zuerst die Strukturdebatten gemeint, sondern die Worte, die in der Familie Gottes ihren Platz haben, die Worte, die uns geschenkt sind, wenn wir gemeinsam mit unseren Schwestern und Brüdern zu dem dreifaltigen Gott beten. Wer Gott und die Kirche liebt, fügt sich also nicht protestierend in den Reigen der Kritiker ein, sondern gibt sich liebend hin in das Gebet der Kirche. Ja, wir sind Kirche, wenn wir in der Gemeinschaft der Gläubigen aller Zeiten und Orte beten und nach droben schauen.

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