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Der Orden für Lilianne Ploumen und die katholische Erregungskurve

"Das Ärgernis ist eine Haltung oder ein Verhalten, das den Anderen zum Bösen verleitet. Wer Ärgernis gibt, wird zum Versucher seines Nächsten. Er gefährdet dessen Tugend und Rechtschaffenheit; er kann seinen Bruder in den seelischen Tod treiben." (KKK, 2284)

Stolz präsentiert Lilianne Ploumen ihren Orden: Die niederländische Politikerin und prominente Abtreibungs-Aktivistin hält, über den Handrücken drapiert, den Päpstlichen Ritterorden des heiligen Gregors des Großen in die TV-Kamera. Dazu sagt der Reporter vom Sender BNR, im Bild links neben ihr: Diese hohe Ehrung durch den Papst habe sie erhalten? Und das, obwohl sie für Abtreibung ist! Ja!

Nun ist der Gregoriusorden eine der höchsten Auszeichnungen, die ein katholischer Laie erhalten kann. Verliehen wird er – mittelbar vom Papst – für hohe Verdienste um den Heiligen Stuhl und die Kirche, für ein ausgezeichnet vorbildliches Leben als Katholik in der eigenen Gemeinschaft oder Nation.

Frau Ploumen ist eine prominente Abtreibungs-Aktivistin, die unter anderem eine Kampagne verantwortet, die Geld für das Abtreiben von Kindern im Ausland sammelte, nachdem die US-Regierung diese Praxis unter Donald Trump eingestellt hat.

Außerdem rief sie im Jahr 2010 dazu auf, die Feier der heiligen Messe in der Kathedrale von s'-Hertogenbosch zu stören – damit dort praktizierende Homosexuelle die Kommunion empfangen können, wie der niederländische Katholik und Blogger Mark de Vries berichtete, der angesichts des neuen Skandalons nüchtern feststellt:

"Zumindest die öffentliche Rolle Frau Ploumens verstößt entschieden gegen die katholische Lehre und lehnt sogar Teile davon offen feindselig ab".

Wie kam es also, dass Lilianne Ploumen den Orden erhielt, über den in der Rangordnung der Kirche nur der Christusorden, der Orden vom Goldenen Sporn, und der Piusorden stehen? Die Frage führte zu mehr als Spekulationen: Sie verursachte einen – im eigentlich katholischen Sinne – Skandal.

Ein Ärgernis also, wie es im Buch steht – und zwar im Katechismus, der dieses in Abschnitt 2284 als "schwere Verfehlung" identifiziert. Ein Ärgernis zudem, welches besonders schlimm ist, "wenn es von Respektpersonen gegeben wird" (KKK 2285).

So schlimm in der Tat, dass einige brave Katholiken den ganzen Vorfall für "Fake News" hielten, oder halten wollten. Zurecht sagten sie sich, Papst Franziskus werde wohl kaum einer Frau diesen Orden verleihen, die für das Gegenteil dessen steht, was Jesus Christus und seine Kirche lehren, und was er selber wieder und immer wieder gesagt, gepredigt, angemahnt hat. 

Und doch ist genau dies geschehen.

Andere Katholiken reagierten verletzt, echauffiert und verständnislos. So mancher äußerte – wofür man Verständnis haben mag – seinen redlichen Unmut öffentlich. Einige verurteilten dabei vorschnell jedoch den Papst auf unredliche Weise – wofür man kein Verständnis haben kann.

Der Fall zeigt plastisch: Im Fall solcher Skandale pauschal die Sozialen Medien dafür zu verurteilen, greift viel zu kurz. Es kommt darauf an, wie man als Christ mit einem Skandalon umgeht, und was konkret gesagt wird. Das gilt nicht nur für den Fall von Frau Ploumen, sondern alle Ärgernisse, die zum Leben der Kirche gehören können, wie auch zum Leben als Christ in diesen bewegten Zeiten.

Wie auch immer: Die nicht nur christlichen Twitter- und Facebook-Erregungskurven schnellten weiter nach oben, bissige Kommentare und hitzigen Spekulationen wechselten einander noch heftiger ab, als der Fall dann weiter eskalierte: Es wurde bekannt, dass weder Bischofskonferenz noch Nuntius informiert waren, ja Kardinal Willem Eijk auf der Website der Erzdiözese Utrecht klarstellte, dass er davon nichts wußte und nicht beteiligt war.

Gestern schließlich sah sich der Heilige Stuhl gezwungen, auf den Skandal zu reagieren, und machte dem ganzen Ärgernis ein Ende: Das Presse-Amt des Heiligen Stuhls veröffentlichte eine Stellungnahme, in der zu lesen steht:

"Die Ehre des Päpstlichen Ordens des Hl. Gregor des Großen, den Frau Lilianne Ploumen, ehemalige Entwicklungsministerin, im Juni 2017 während des Besuchs der niederländischen Royals beim Heiligen Vater erhalten hat, entspricht der diplomatischen Praxis des Austauschs von Ehrbezeichnungen zwischen Delegationen anlässlich offizieller Besuche von Staats- und Regierungschefs im Vatikan.

Daher ist es in keinster Weise ein Ausdruck der Zustimmung mit der Politik zugunsten von Abtreibung und Geburtenkontrolle verbunden, für die Frau Ploumen eintritt."

So beseitigte der Vatikan klar und deutlich den aktuellen Skandal. Doch der Schaden ist damit nicht gleich behoben und auch nicht für die Zukunft vermieden!

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Die nächste katholische Erregungskurve, die in diesen bewegten Zeiten sicherlich bald kommen wird, schnellt jetzt noch rascher in die Höhe. Umso wichtiger wäre es, die schmerzhafte Lektion dieses vergleichsweise klaren Falles zu lernen und das nächste Mal nicht wieder in falsche Hysterie zu verfallen, auch wenn man seinem Unmut Luft verleiht. 

Der ganze Vorgang wirft zudem Fragen auf darüber, wer eigentlich unter welchen Voraussetzungen vom Vatikan geehrt wird. Nicht jeder, der als Mitglied einer Delegation eine Audienz beim Papst bekommt, verdient auch gleich einen Päpstlichen Ritterorden. Hier wäre der Heilige Stuhl gut beraten, ebenso klar und deutlich zu handeln, um unnötige Ärgernisse zu vermeiden, und etwaigem Schaden an Amt wie Person des Papstes vorzubeugen. 

AC Wimmer ist Chefredakteur von CNA Deutsch.

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