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Bischof Dieser verurteilt kirchliche Sexuallehre als „einfach unterkomplex“

Bischof Helmut Dieser

Bischof Helmut Dieser hat die überlieferte katholische Sittenlehre zur Geschlechtlichkeit als „einfach unterkomplex“ verurteilt. „Der jetzige Stand der kirchlichen Lehre wird im Bereich der Sexualität des Menschen bestimmten Wirklichkeiten nicht gerecht“, sagte Dieser im Gespräch mit der Deutschen Welle am Dienstag und verwies auf „die Frage der Homosexualität“.

„Wir können doch nicht homosexuellen Menschen die Antwort geben, dass ihr Empfinden unnatürlich wäre und sie deshalb unbedingt enthaltsam leben müssten“, konstatierte Dieser. „Als Kirche müssen wir diese Fragen neu beantworten.“

Unter Berufung auf „die Wissenschaft“ sagte Dieser, Homosexualität sei „keine Panne, keine Krankheit, kein Ausdruck eines Defizits, übrigens auch keine Folge der Erbsünde“. Daher müsse gelten: „Die Welt ist bunt, und die Schöpfung ist vielfältig. Und dann darf ich auch im Bereich der Sexualität eine Vielfalt annehmen, die von Gott gewollt ist und nicht gegen den Schöpferwillen verstößt.“

„Gleichgeschlechtliches Empfinden und Lieben ist keine Verirrung, sondern eine Variante menschlicher Sexualität“, betonte der Bischof, der seit 2016 für das Bistum Aachen zuständig ist. Insofern könne man eine derartige Beziehung auch segnen, so Dieser. Die vatikanische Glaubenskongregation hatte noch im vergangenen Jahr ausdrücklich betont, die Kirche habe keine Vollmacht, eine solche Segnung vorzunehmen.

Mit Blick auf die Frage, ob er ein Kind, das in einer homosexuellen Beziehung aufgezogen wird, taufen würde, sagte dieser, er würde sich „erstens freuen, dass das Kind geboren ist. Zweitens, dass die beiden das Kind taufen lassen wollen. Drittens würde ich mit ihnen überlegen: Wie könnt ihr dafür sorgen, dass euer Kind den Glauben kennenlernt und hineinwächst? Und viertens würde ich das Kind taufen. Wo ist das Problem, frage ich. Wo ist jetzt das Problem?“

Beim bevorstehenden ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe bei Papst Franziskus wolle er ihm „gerne verständlich machen, dass ich gerade all das machen will, was er uns vorschlägt“, sagte Dieser angesichts des Synodalen Wegs, der ebenfalls eine Änderung der überlieferten Lehre zur Homosexualität gefordert hatte. „Und ich hoffe, dass er uns da gut zuhört.“

Letztlich gelte: „Der höchste Wert des Evangeliums ist die Liebe und die Annahme des anderen Menschen um seiner selbst willen. Kirche sagt auch homosexuellen Menschen: Gott nimmt dich an, wir nehmen dich an! Ist das Werteverfall - oder ist das die Anwendung christlicher Werte? Ich sehe darin keinerlei Werteverfall. Im Gegenteil: Es ist die Herausforderung unserer Zeit, dass unsere Kirche zeigt, dass sie inklusiv ist.“

Der Katechismus der Katholischen Kirche (KKK 2357) fasst die biblisch begründete Lehre zur Homosexualität mit den Worten zusammen: „Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet, hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, ‚daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind‘. Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.“

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