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Mainzer Katholikenrat zur Missbrauchsstudie: Ein „ganzes System“ hat versagt

Mainzer Dom

Im Zuge der Mainzer Missbrauchsstudie vom März hat der Katholikenrat der Diözese am Freitag und Samstag bei seiner Frühjahrs-Vollversammlung erklärt, dass nicht nur Geistliche und kirchliche Mitarbeiter als Täter schuldig geworden seien, „sondern ein ganzes System versagt hat, zu dem auch die kirchlichen Verbände, Pfarreimitglieder, Räte und sogar Familien der Betroffenen gehören“.

„Dieser Schuld wollen auch wir uns stellen und alles dafür tun, dass in Zukunft ein solches Systemversagen nicht mehr möglich wird sowie Übergriffe und Missbrauchstaten verhindert werden“, betonte der Katholikenrat. Man sei „ bestürzt über die Klarheit der Ergebnisse der EVV-Studie, die hohe Zahl an Tätern und Betroffenen in unserem Bistum sowie den menschenverachtenden Umgang mit den Betroffenen“.

Die Missbrauchsstudie hatte für den Zeitraum von 1945 bis zur Gegenwart insgesamt 392 Beschuldigte und 657 Betroffene erfasst. Unter Kardinal Hermann Volk sei es dabei „vorrangig“ darum gegangen, „kein ‚öffentliches Ärgernis‘ hervorzurufen“, so Rechtsanwalt Ulrich Weber in der Zusammenfassung der Ergebnisse seiner über tausend Seiten umfassenden Studie.

Zur Amtszeit von Kardinal Karl Lehmann heißt es: „Auf Meldungen erfolgt Abwehrhaltung, Wahrheiten werden zurückgehalten, verzerrt oder falsch dargestellt, Vorfälle werden verharmlost, Zeugen und Betroffene beschwichtigt und beeinflusst. Obwohl in der Kommunikation erste Ansätze einer Opfersorge sichtbar werden, fehlt im konkreten Umgang mit Betroffenen das Verständnis für deren Situation.“ Zwar sei Lehmann „nur bei wenigen Fällen direkt involviert“ gewesen, so Weber, er sei aber „durch Offizial Groh und weitere Personalverantwortliche auf dem Laufenden gehalten“ worden.

Ab dem Jahr 2002 gelte: „Die Befassung mit Meldungen über Missbrauch von Kindern ist gewissenhaft, für etwaige missbräuchliche ‚Beziehungen‘ zu älteren Jugendlichen oder Erwachsenen besteht keine Sensibilität. Das Aufklärungsbemühen ist bei medialem Druck hoch, bei fehlender Öffentlichkeit gering.“

Schließlich nehme das Thema sexueller Missbrauch ab 2010 „auf Ebene der Bistumsleitung erstmals einen erheblichen Raum ein, bedingt durch die Zahl der Meldungen und starken öffentlich-medialen Handlungsdruck. Meldungen werden meistens zuverlässig bearbeitet und ein Aufklärungsbemühen ist erkennbar.“ Aber: „Obwohl in den Leitlinien gefordert, sieht Bischof Lehmann den Umgang mit Missbrauchsfällen nie als ‚Chefsache‘ an. Insofern sei bei Lehmann „ein erheblicher Gegensatz zwischen öffentlich-medialem Auftreten und persönlichen Einstellungen und Handlungen zu erkennen. Seinen mit eigenen Worten formulierten Anspruch für den Umgang mit sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche und im Bistum Mainz hat er selbst zu keiner Zeit erfüllt.“

Der Katholikenrat erklärte nun, es gelte, um in Zukunft „den größtmöglichen Schutz von Kindern, Jugendlichen und schutzbefohlenen Erwachsenen zu erreichen, in einem transparenten Prozess verlorenes Vertrauen wiederherzustellen und damit auch einen Kulturwandel in unserem Bistum herbeizuführen“, „bestehende Machtstrukturen“ kritisch zu prüfen und „zu einer neuen Synodalität“ zu entwickeln.

„So fordern wir die Bistumsleitung unter Bischof Kohlgraf auf, dass auf Ebene des Bistums und der Pfarreien partizipative Strukturen geschaffen werden, die dem Bischof, den Pfarrern sowie den Laienvertretungen ein gleichberechtigtes Entscheiden in wesentlichen Dingen des kirchlichen Lebens einräumen“, hieß es in der Stellungnahme des Katholikenrats.

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