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Jahrestag von Jaranwala: Pakistans Christen zwischen Wiederaufbau und Bedrohung

Zerstörungen im christlichen Viertel von Jaranwala nach den Ausschreitungen im August 2023

Am heutigen Freitag jähren sich zum ersten Mal die gewalttätigen Ausschreitungen gegen Christen in der pakistanischen Stadt Jaranwala.

Am 16. August 2023 zerstörten aufgebrachte muslimische Mobs im Distrikt Faisalabad in der Provinz Punjab mindestens 26 Kirchen und über 200 Wohnhäuser von Christen.

Auslöser der Gewalt waren Blasphemievorwürfe gegen zwei christliche Teenager. Die Beschuldigten wurden inzwischen freigesprochen, wie ein Gericht in Faisalabad Anfang des Jahres entschied.

Die christliche Menschenrechtsorganisation International Christian Concern (ICC) berichtet, dass die meisten der über 130 festgenommenen Verdächtigen inzwischen auf Kaution freigelassen oder entlassen wurden. Nur etwa ein Dutzend Personen müssen sich noch vor Gericht verantworten.

Auch Amnesty International erhebt schwere Vorwürfe: Bislang habe es die pakistanische Regierung versäumt, der christlichen Minderheit Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und einen weiteren Missbrauch der Blasphemiegesetze zu verhindern, so Amnesty International heute.

Nach Informationen, die Amnesty International durch einen Antrag auf Informationsfreiheit beim Polizeiamt der Stadt Faisalabad erhalten hat, sind über 90 Prozent der Verdächtigen des Angriffs auf freiem Fuß.

Für Aufsehen sorgte kürzlich der Fall von Ehsan Shan, einem Christen, der Anfang Juli von einem Anti-Terror-Gericht in Sahiwal zum Tode verurteilt wurde. Ihm wird vorgeworfen, „hasserfüllte Inhalte“ in sozialen Medien geteilt zu haben, die den Islam beleidigt hätten. Shans Anwalt kündigte Berufung gegen das Urteil an.

Die Menschenrechtsorganisation ICC kritisiert das Urteil als Beispiel für den Missbrauch der umstrittenen Blasphemiegesetze in Pakistan, die häufig gegen religiöse Minderheiten wie Christen instrumentalisiert werden.

In Pakistan, wo fast 97 Prozent der über 240 Millionen Einwohner Muslime sind, zeigt sich die düstere Realität der islamisch interpretierten Blasphemiegesetze in radikaler Form: Der Abschnitt 295 des pakistanischen Strafgesetzbuchs macht aus subjektiv empfundenen Beleidigungen des Korans, Mohammeds oder Allahs ein Kapitalverbrechen – mit potenziell tödlichen Folgen.

Trotz später bewiesener Unschuld von Opfern des Paragraphen bleiben Sicherheitskräfte oft untätig, ein Versagen, das Naveed Walker von „Human Rights Focus Pakistan“ scharf kritisiert hat

Das international bekannteste Opfer der Blasphemiegesetze ist Asia Bibi. Sie wurde 2010 zum Tod durch Erhängen verurteilt, weil sie sich abfällig über den Koran geäußert haben soll. Es gab lediglich mündliche Anschuldigungen, keinerlei gerichtsfeste Beweise. Der starke Verdacht reiner Willkür lag über dem gesamten Prozess. Asia Bibi bestritt alle Anklagepunkte vehement. Aber auch sie war mittellos, und trotz internationaler Hilfe dauerte es dementsprechend fast neun lange Jahre, die sie im Gefängnis verbringen musste, bis im Januar 2019 das Urteil durch das höchste Gericht aufgehoben wurde. Dieser späte Freispruch führte in Pakistan trotzdem zu tagelangen gewaltsamen Ausschreitungen muslimischer Bürger. Im Mai 2019 konnte Asia Bibi nach Kanada ausreisen. 2021 bezeichnete sie das Blasphemiegesetz als „Schwert in den Händen der muslimischen Bevölkerungsmehrheit“. 

 

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