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Romtagung zu Benedikt XVI. beschäftigt sich mit Heiligkeit: Interview mit Christoph Ohly

Christoph Ohly

Die beiden Schülerkreise von Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. veranstalten am Samstag in Rom die jährliche Tagung, die auch von Radio Horeb und EWTN übertragen wird. CNA Deutsch sprach mit dem Priester Christoph Ohly, dem Ersten Vorsitzenden des sogenannten Neuen Schülerkreises, über die Veranstaltung.

Die Romtagung der beiden Schülerkreise von Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. hat diesmal das Heilige Jahr 2025 als „Aufhänger“ genommen. Was genau hat es mit dem Begriff des Heiligen Jahres auf sich?

Die Einrichtung des sogenannten „Heiligen Jahres“ geht weit in die Geschichte der Kirche zurück. Nach derzeitigem historischem Wissensstand war es Papst Bonifaz VIII. (1294–1303), der die Idee entwickelte und schließlich auch umsetzte, das Jahr 1300 als ein besonderes Pilgerjahr zu gestalten. Es sollte eine geistliche Erneuerung der Kirche durch ein verstärktes geistliches Leben aus den Sakramenten der Kirche ermöglichen. Zwar finden wir in der Einberufungsbulle zum Heiligen Jahr den Begriff als solchen noch nicht, doch liegt darin der Ursprung für die Tradition der Heiligen Jahre. Offensichtlich vom Eindruck des Heiligen Jahres 1300 für das Leben der Kirche geprägt, legte Bonifaz VIII. noch fest, dass alle 100 Jahre solch ein Heiliges Jahr stattfinden sollte.

Doch schon bald wurde der Wunsch deutlich, dies in kürzeren Abständen zu tun, beispielsweise alle 50 Jahre oder gemäß dem Lebensalter Jesu alle 33 Jahre. Die heutige Tradition, in der Regel alle 25 Jahre ein Heiliges Jahr zu feiern, geht auf eine Entscheidung von Papst Paul II. (1464–1471) im Jahre 1470 zurück. Wir stehen also mit dem kommenden Heiligen Jahr in einer großen Tradition und, wenn wir es so sagen wollen, reihen uns damit ein in einen großen „Strom von Pilgern“ in der Geschichte der Menschen und der Kirche.

Konkret geht es bei der Tagung aber nicht um Heilige Jahre als solche, sondern um „Heiligkeit als Ziel der Theologie und des Lebens“. Da stellt sich natürlich direkt die Frage: Wieso sollte Heiligkeit das Ziel der Theologie sein? Gerade wenn man sich die akademische Theologie in Deutschland anschaut, hat man nicht unbedingt den Eindruck, dass es letztlich – als Ziel – um Heiligkeit geht.

Theologie als vernunftbegründete und argumentationsgeleitete „Rede von Gott“ kommt wesentlich aus der Begegnung mit Gott, der zu uns Menschen in seinem Sohn Jesus Christus auf höchste Weise gesprochen, das heißt sich geoffenbart hat, doch vermag sie auch in eine vertieftere Anerkenntnis – oder sagen wir Anbetung – Gottes zu führen, der stets größer ist als der Raum unseres vernünftigen Denkens. Deshalb ist die Bereitschaft, den Weg der Heiligkeit als Auftrag Gottes zu gehen (vgl. Lev 19,1-2; Mt 5,48; 1 Thess 4,3), auch ein Ziel wissenschaftlicher Theologie.

Mich hat in diesem Zusammenhang ein Gedanke des amerikanischen Rechtswissenschaftlers und Ratzinger-Preisträgers Joseph Weiler aus dem Jahr 2023 noch einmal zum Nachdenken angeregt, der in seiner Würdigung der Person Papst Benedikts XVI. und seines Werkes unter anderem daran erinnert, dass die Reduktion von Religion und in ihr auch der Theologie auf sozialethische Belange, „zu einer fatalen Verkleinerung der Bedeutung der Heiligkeit“ führe. Heiligkeit sei nicht von Ethik und Moral getrennt, sie seien notwendige Bedingungen für die Heiligkeit, aber Heiligkeit erschöpfe sich nicht darin. Sie bedeute mehr: „die Nähe zu Gottes Liebe zu uns und unsere Liebe zu ihm, seine Gegenwart in unserer ganzen Existenz“.

Nun handelt es sich ja um eine Veranstaltung der beiden Schülerkreise von Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. Was hat der Ende 2022 verstorbene deutsche Pontifex denn zum Thema Heiligkeit gesagt? Welche Veröffentlichungen oder Wortmeldungen fallen Ihnen da spontan ein?

Aus meiner Perspektive sehe ich bei ihm drei Schwerpunkte im Blick auf das Thema „Heiligkeit“, ohne dass ich damit einen Anspruch auf Vollständigkeit proklamieren möchte.

Ein Erstes: die allgemeine Berufung zur Heiligkeit, wie sie das Zweite Vatikanische Konzil lehrt. Dieses Thema taucht bei Papst Benedikt immer wieder auf, beispielsweise in seiner Katechese vom 13. April 2011, in der er sagt: „Die ganze christliche Existenz kennt daher nur ein einziges höchstes Gesetz, das der hl. Paulus in einer Formel zum Ausdruck bringt, die sich in allen seinen Schriften findet: in Christus Jesus. Die Heiligkeit, die Fülle des christlichen Lebens besteht nicht darin, außerordentliche Taten zu tun, sondern darin, mit Christus vereint zu sein, seine Geheimnisse zu leben, uns seine Einstellungen, seine Gedanken, sein Verhalten zu eigen zu machen.“

Ein Zweites: die Heiligkeit der Kirche, die Gabe und Aufgabe zugleich ist. Das betont Papst Benedikt in einer Predigt vom 20. August 2011 sehr nachdrücklich: „Die Heiligkeit der Kirche ist vor allem die objektive Heiligkeit der Person Christi selbst, seines Evangeliums und seiner Sakramente, die Heiligkeit jener Kraft von oben, welche sie beseelt und anspornt. Wir müssen heiligmäßig sein, um nicht einen Widerspruch zu erzeugen zwischen dem Zeichen, das wir sind, und der Wirklichkeit, die wir zum Ausdruck bringen wollen.“

Und schließlich ein Drittes: die Gemeinschaft der Heiligen als unsere älteren Schwestern und Brüder im Glauben. Hierzu darf ich einen Gedanken aus der Predigt anlässlich des Weltjugendtages in Köln am 21. August 2005 anführen: „Die Seligen und Heiligen waren Menschen, die nicht verzweifelt nach ihrem eigenen Glück Ausschau hielten, sondern einfach sich geben wollten, weil sie vom Licht Jesu Christi getroffen waren. Und so zeigen sie uns den Weg, wie man glücklich wird, wie man das macht, ein Mensch zu sein. Im Auf und Ab der Geschichte waren sie die wirklichen Erneuerer, die immer wieder die Geschichte aus den dunklen Tälern herausgeholt haben, in denen sie immer neu zu versinken droht, und immer wieder so viel Licht in sie brachten, dass man dem Wort Gottes, wenn vielleicht auch unter Schmerzen, zustimmen kann, der am Ende des Schöpfungswerkes gesagt hatte: Es ist gut.“

Könnten Sie unseren Lesern das Programm der diesjährigen Romtagung in groben Zügen vorstellen? Wer ist zu Gast?

Ja, gerne. In der Linie der bisherigen fünf Symposien in den Jahren 2019 bis 2023 wird es auch dieses Mal einen Hauptvortrag und vier kleinere Vorträge im Sinne von Statements geben.

Nach einer inhaltlichen Hinführung durch Kardinal Kurt Koch wird Erzbischof Rino Fisichella, der Präfekt des Dikasteriums für die Neuevangelisierung und zugleich Verantwortlicher für das Heilige Jahr 2025, den Hauptvortrag halten. Er steht unter dem Titel „Das Heilige Jahr alt und neu“ und wird uns in den großen Kontext der Heiligen Jahre und insbesondere in die Programmatik des Heiligen Jahres 2025 einführen. Dabei werden die Gedanken bewusst im Licht der Theologie von Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. erörtert. Das ist ja das prägende Leitmotiv der Symposien, namentlich der Ansatz, aktuelle theologische Fragestellungen vor dem Hintergrund des theologischen Denkens des großen Theologenpapstes zu beleuchten. Folglich wird uns dieses Bemühen auch in den vier Statements begegnen.

Professor Stefan Heid aus Rom wird aus historischer Perspektive auf die Heiligen Jahre schauen, während Dr. Stefan Würges aus Österreich über die allgemeine Berufung zur Heiligkeit, wie sie das Zweite Vatikanische Konzil in der Kirchenkonstitution Lumen Gentium proklamiert hat, sprechen wird. Die Statements von Professor Helmut Hoping aus Freiburg und anschließend von Professor Josef Spindelböck aus St. Pölten werden der Frage der Heiligkeit im Kontext der Liturgie als actio sacra und im Kontext des alltäglichen Lebens nachgehen. Damit wird erkennbar, dass die Berufung zur Heiligkeit im konkreten Leben nicht außergewöhnliche oder gar spektakuläre Dinge beinhaltet, sondern die grundsätzliche Haltung des Glaubens, der in der Liebe tätig wird (vgl. Gal 5,6).

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Ich bin davon überzeugt, dass sowohl der Hauptvortrag als auch die Statements eine ganze Reihe von grundlegenden Einsichten, aber auch praktischen Hilfestellungen vermitteln werden.

Natürlich werden viele Interessierte nicht nach Rom kommen können. Gibt es andere Wege, an der Veranstaltung teilzunehmen?

Ich freue mich mit den Mitgliedern der beiden Schülerkreise, wenn viele Interessierte für das Symposium nach Rom kommen! Eine Anmeldung zur Teilnahme ist über die Homepage des Neuen Schülerkreises noch immer möglich: www.neuer-schuelerkreis.com. Aber ich bin auch sehr dankbar dafür, dass wir auch dieses Mal all denjenigen, die nicht nach Rom kommen können, die Teilnahme über Radio und Fernsehen ermöglichen. Dafür muss man lediglich das Radio Horeb oder den Fernsehsender EWTN wählen. Sie übertragen beide live, so dass alle Interessierten am Symposium beteiligt sein können.

Kommen wir abschließend noch einmal auf die Thematik der Heiligen Jahre zurück und werden etwas persönlicher. Sie haben als Priester sowohl das große Heilige Jahr 2000 erlebt als auch das außerordentliche Heilige Jahr der Barmherzigkeit unter Papst Franziskus. Welche Erinnerungen haben Sie, und was erwarten sie sich vom Heiligen Jahr 2025, gerade mit Blick auf die Heiligkeit als Ziel des Lebens?

An die Heiligen Jahre 2000 und 2016 kann ich mich gut erinnern. Sie waren, wenn auch auf ganz unterschiedliche Weise, Festzeiten, die durch viele Aktivitäten im Leben der Kirche geprägt waren: Wallfahrten, Vorträge und Katechesen, Formate geistlicher Erneuerung, Exerzitien und vieles andere mehr.

Damit verbinde ich auch meinen Wunsch für das kommende Heilige Jahr, dass es uns die Möglichkeit zu einem Innehalten, zu einer Zäsur gibt, die der Vertiefung des Glaubens an Gott und damit der persönlichen Beziehung zu Jesus Christus ebenso dient wie der Verlebendigung eines Glaubens, der in der konkreten Liebe tätig wird. Ein Heiliges Jahr lädt – so könnten wir es vielleicht formulieren – zur Einkehr ebenso wie zum Aufbruch ein. Das sind zwei wesentliche Kennzeichen unseres Christseins in der Kirche: die Einheit mit Jesus Christus in seinem Wort, durch die Sakramente, im Leben der Kirche sowie die Bereitschaft, aufzubrechen und in allen Bereichen unserer Existenz Zeugnis von dem abzulegen, der Ursprung und Ziel unseres Lebens ist.

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