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Finanzexperte: Künftig bis zu 20 Prozent Rückgang an Kirchensteuereinnahmen in Deutschland

Sparschwein (Symbolfoto)

Nach vielen fetten Jahrzehnten drohen den deutschen Bischöfen magere Jahre: Der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen sagt der Kirche in Deutschland massive Einbrüche bei den Kirchensteuereinnahmen voraus. Ein Rückgang von bis zu 20 Prozent ist zu erwarten, so der Wissenschaftler.

Raffelhüschen hat 2019 in einer groß angelegten Studie prophezeit, dass sich bis 2060 die Zahl der Christen in Deutschland halbiert haben wird (CNA Deutsch hat berichtet). Aktuell stehen viele Bistümer  in Deutschland – und die zahlreichen Institutionen, die diese finanzieren – noch wirtschaftlich gut da, allein im letzten Jahr hat sie einen neuen Rekord an Kirchensteuer-Einnahmen verbucht.

Gleichzeitig zeichnet sich ein Verteilungskampf ab mit Blick auf die Frage, welche teuren Einrichtungen und Personalien als erstes gestrichen werden.

Für die Höhe der Einnahmen aus der umstrittenen Steuer hält Raffelbüschen drei Faktoren für entscheidend: Demografie, Einkommen und Austrittswahrscheinlichkeit.

Problematisch sieht der Finanzexperte die Methode des Steuerschätzkreises, der von einem "V-förmigen Verlauf der Konjunktur" ausgehe. Raffelhüschen sagte Ende Mai im Interview mit dem Kölner "Domradio", es sei zu optimistisch, davon auszugehen, dass es nach einem Einbruch direkt wieder "steil nach oben" gehe. Raffelhüschen wörtlich:

"Ich bin kein Spökenkieker, ich kann nicht die Zukunft voraussehen. Aber wenn wir einen eher U-förmigen Verlauf der konjunkturellen Anpassung unterstellen und nicht das spitze V, sind wir wohl bei etwa 15 oder 16 Prozent. Und wenn wir länger am Boden liegen, eher bei 20 Prozent Ausfall. Darauf sollten wir uns einstellen."

Auf die Demografie – eine überalternde Gesellschaft mit niedriger Geburtenrate – sowie die Lohnentwicklung habe die Kirche zwar keinen direkten Einfluss, so der Finanzwissenschaftler. Doch auch der massive Mitgliederschwund könne der Kirche noch zu schaffen machen.

"Wenn immer mehr Menschen austreten und wir es nicht mal schaffen, dass alle Kirchenmitglieder ihre Kinder taufen lassen, haben wir ein echtes Problem."

Die Kirche könne auch durch die Coronavirus-Pandemie hindurch weiterhin von ihren Rücklagen leben, sagt Raffelhüschen. Aber langfristig könne der aktuelle Apparat nicht auf "Wachstum" verzichten, wenn er in Deutschland weiterhin so bestehen möchte. Raffelhüschen schlägt deshalb vor:

"Das Einzige, was wir tun können als Kirche: Uns zurückbesinnen auf das, was Kirche soll. Und ich sage das nicht als Wissenschaftler, sondern als Kirchenmitglied: Wir sind hier alle zu Besuch und der Besuch war hinten am Ende des Lebens immer zu kurz. Und während des Besuchs sollten wir uns einigermaßen anständig benehmen. Und zu dem anständig benehmen gehört auch, dass man nicht Panik und Hysterie schürt, sondern auf Luther hört, der gesagt hat: Wenn ich weiß, dass morgen die Welt untergeht, pflanze ich heute noch einen Apfelbaum."

Kirchenstatistik: So viele Austritte wie nie

Die Kirchenstatistik des vergangenen Jahres zeigt, dass sich die Kirchenkrise in Deutschland weiter verschärft: Insgesamt 272.771 Katholiken sind 2019 aus der Kirche ausgetreten – ein neuer Rekord; im Jahr 2018 waren es noch 216.078 Katholiken. Auch die Zahl der praktizierenden Katholiken sinkt ebenfalls: Nur noch 9,1 der deutschen Katholiken besucht regelmäßig die Heilige Messe. Insgesamt gab es 2019 auch weniger Taufen, Trauungen, Erstkommunionen und Firmungen, aber auch weniger Bestattungen. 

Trotz des Negativ-Rekords an Austrittszahlen kam es im vergangenen Jahr zu einem neuen Rekord an Kirchensteuer-Einnahmen: Über 6,76 Milliarden Euro hat die Katholische Kirche an den Steuerabgaben der Gläubigen verdient (CNA Deutsch hat berichtet). 

Das deutsche Kirchensteuer-System immer wieder in der Kritik – und das nicht nur bei Theologen: Auch Kirchenrechtler bemängeln unter anderem, dass ein formaler Kirchenaustritt (aus welchen Gründen auch immer) aktuell automatisch die Tatstrafe der Exkommunikation nach sich zieht.

Dies sei kirchenrechtlich nicht haltbar, erklärte beispielsweise der Kirchenrechtler Pater Gero Weishaupt in einem Interview mit CNA Deutsch.

Erzbischof Georg Gänswein sagte 2019 am Rande einer Buchvorstellung, dass die Neuevangelisierung auch in Deutschland wieder erste Priorität werden müsse. Solange die Glaubensvertiefung nicht das Ziel sei, werde nicht nur die Situation schlimmer, sondern auch die Enttäuschung größer. Deshalb sollten Gläubige in Deutschland nicht warten, bis "ein Amt von oben" käme mit einer Initiative, sondern selbst "kleine Glaubenszellen" bilden. Der bisherige Erfolg kirchenamtlicher Initiativen in Deutschland sei schließlich "recht dürftig", so Gänswein.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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"Wenn die Glaubenskraft der Katholischen Kirche in Deutschland so groß wäre wie ihre Finanzkraft, wäre alles in Ordnung."

Papst Franziskus selbst hat wiederholt daran erinnert, dass die Missionierung zu den Kernaufgaben einer Pfarrei gehört. In der "Pfarrei-Instruktion" ruft der Vatikan dazu auf, sich angesichts der Krise nicht in Strukturdebatten zu verlieren, sondern "Vorposten des Glaubens" zu bilden – dazu hat der Papst die deutschen Bischöfe und die Katholiken im Land ebenfalls aufgerufen.

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