Vatikanstadt, 26 Dezember, 2020 / 10:11 AM
Bei seinem traditionellen Weihnachtssegen "Urbi et Orbi" hat Papst Franziskus am Freitag dazu aufgerufen, Impfstoffe gegen Covid-19 für die bedürftigsten Menschen der Welt zur Verfügung zu stellen.
Der Papst richtete einen besonderen Appell an die Staats- und Regierungschefs, den Armen in aller Welt auch Zugang zu Impfstoffen gegen das Virus zu gewähren. Die durch den neuen Coronavirus verursachte Krankheit COVID-19 hat nach offiziellen Angaben bis zum 25. Dezember weltweit mehr als 1,7 Millionen Menschenleben gefordert.
"Heute, in dieser Zeit der Dunkelheit und Ungewissheit bezüglich der Pandemie, erscheinen verschiedene Lichter der Hoffnung, wie die Entdeckung von Impfstoffen", so Franziskus wörtlich am 25. Dezember bei der heiligen Messe im Petersdom. Aber damit diese Lichter leuchten und allen Hoffnung bringen können, müssen sie für alle verfügbar sein. Wir können nicht zulassen, dass die verschiedenen Formen des Nationalismus, die sich in sich selbst verschließen, uns daran hindern, als die wahrhaft menschliche Familie zu leben, die wir sind."
Franziskus fuhr fort: "Wir können auch nicht zulassen, dass der Virus des radikalen Individualismus die Oberhand gewinnt und uns gleichgültig gegenüber dem Leiden anderer Brüder und Schwestern macht. Ich kann mich nicht über andere stellen und zulassen, dass das Gesetz des Marktes und der Patente Vorrang vor dem Gesetz der Liebe und der Gesundheit der Menschheit hat."
Er bitte alle – Regierungsverantwortliche, Unternehmen, internationale Organisationen -, sich für gemeinsam zum Wohl der Menschheit einzusetzen und eine Lösung für alle zu suchen: Impfstoffe für alle, besonders für die Schwächsten und Bedürftigsten in allen Regionen der Erde.
Die Vatikanischen Vorschriften angesichts der Pandemie zwangen den Papst, mit dem Brauch zu brechen, auf der Loggia, dem zentralen Balkon über dem Petersplatz, zu erscheinen, um seinen Segen "An die Stadt und den Weltkreis" zu spenden. Franziskus wählte stattdessen die Halle des Apostolischen Palastes: Etwa 50 mit Mundschutz und in einem Sicherheitsabstand sitzende Personen waren anwesend.
In seiner Botschaft, die um 12.00 Uhr Ortszeit gehalten und per Livestream im Internet übertragen wurde, berief sich der Papst auf seine letzte Enzyklika Fratelli tutti, in der er zu mehr Fraternitas – offiziell übersetzt als Geschwisterlichkeit – zwischen den Menschen auf der ganzen Welt aufrief.
Der Papst sagte, dass die Geburt Jesu es möglich mache, einander Brüder und Schwestern zu nennen. Er betete, dass das Christkind inmitten der Coronavirus-Pandemie zu Taten der Großzügigkeit inspirieren möge.
"Möge das Kind von Bethlehem uns also helfen, großzügig, unterstützend und hilfsbereit zu sein, besonders gegenüber den Schwachen, den Kranken, den Arbeitslosen oder denen, die aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie in Not geraten sind", sagte er.
Franziskus stand an einem transparenten Rednerpult unter einem Wandteppich mit der Geburt Christi und fuhr fort: "Im Angesicht einer Herausforderung, die keine Grenzen kennt, können wir keine Mauern errichten. Wir sitzen alle im selben Boot. Jeder andere Mensch ist mein Bruder oder meine Schwester. In jedem sehe ich das Antlitz Gottes widergespiegelt, und in denen, die leiden, sehe ich den Herrn, der um meine Hilfe bittet. Ich sehe ihn in den Kranken, den Armen, den Arbeitslosen, den Ausgegrenzten, den Migranten und den Flüchtlingen: alles Brüder und Schwestern!"
Anschließend richtete der Papst den Blick auf die von Krieg und Gewalt erschütterten Länder Syrien, Irak und Jemen sowie auf andere Krisenherde in der Welt.
Er betete für ein Ende der Konflikte im Nahen Osten, einschließlich des syrischen Bürgerkriegs, der 2011 begann, und des jemenitischen Bürgerkriegs, der 2014 ausbrach und schätzungsweise 233.000 Menschenleben, darunter mehr als 3.000 Kinder, gekostet hat.
"An diesem Tag, an dem das Wort Gottes ein Kind wurde, lasst uns unseren Blick auf die vielen, allzu vielen Kinder weltweit richten, besonders in Syrien, im Irak und im Jemen, die immer noch den hohen Preis des Krieges zahlen", sagte er in der hallenden Halle.
"Mögen ihre Gesichter das Gewissen aller Männer und Frauen guten Willens berühren, damit die Ursachen von Konflikten angegangen werden können und mutige Anstrengungen unternommen werden, um eine Zukunft des Friedens aufzubauen."
(Die Geschichte geht unten weiter)
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Der Papst, der im März den Irak besuchen will, betete für einen Abbau der Spannungen im gesamten Nahen Osten und im östlichen Mittelmeerraum.
"Möge das Jesuskind die Wunden des geliebten syrischen Volkes heilen, das seit einem Jahrzehnt vom Krieg und seinen Folgen verwüstet wird, die jetzt durch die Pandemie noch verschlimmert werden", sagte er.
"Möge er dem irakischen Volk Trost bringen und all jenen, die an der Arbeit der Versöhnung beteiligt sind, und besonders den Jesiden, die in den letzten Kriegsjahren so schwer geprüft wurden."
"Möge er Frieden nach Libyen bringen und die neue Phase der Verhandlungen ermöglichen, die darauf abzielt, alle Formen der Feindseligkeit im Land zu beenden."
Der Papst rief auch zum "direkten Dialog" zwischen Israelis und Palästinensern auf.
Anschließend wandte er sich an die Menschen im Libanon, an die er am Heiligen Abend einen Ermutigungsbrief geschrieben hatte.
"Möge der Stern, der in der Weihnachtsnacht hell leuchtete, dem libanesischen Volk Führung und Ermutigung bieten, damit es mit der Unterstützung der internationalen Gemeinschaft die Hoffnung nicht verliert inmitten der Schwierigkeiten, denen es derzeit gegenübersteht", sagte er.
"Möge der Friedensfürst den Führern des Landes helfen, Partikularinteressen beiseite zu legen und sich mit Ernsthaftigkeit, Ehrlichkeit und Transparenz dafür einzusetzen, dass der Libanon einen Reformprozess in Angriff nimmt und seiner Berufung zur Freiheit und zum friedlichen Zusammenleben treu bleibt."
Papst Franziskus betete auch, dass die Waffenstillstände in Berg-Karabach und in der Ostukraine halten.
Dann wandte er sich Afrika zu und betete für die Völker von Burkina Faso, Mali und Niger, die, wie er sagte, unter "einer schweren humanitären Krise leiden, die durch Extremismus und bewaffnete Konflikte, aber auch durch die Pandemie und andere Naturkatastrophen verursacht wird."
Er appellierte an ein Ende der Gewalt in Äthiopien, wo im November ein Konflikt in der nördlichen Tigray-Region ausbrach.
Er bat Gott, die Bewohner der Region Cabo Delgado im Norden Mosambiks zu trösten, die einem Ansturm von Terroranschlägen ausgesetzt sind.
Der Pontifex betete, dass die Führer des Südsudan, von Nigeria und Kamerun "den Weg der Brüderlichkeit und des Dialogs, den sie eingeschlagen haben, weitergehen."
Papst Franziskus, der in der vergangenen Woche seinen 84. Geburtstag feierte, musste sein Weihnachtsprogramm in diesem Jahr wegen steigender Coronavirus-Fälle in Italien anpassen.
Keine 100 Personen waren am Donnerstagabend im Petersdom anwesend, als er die Christmette feierte, wie CNA Deutsch berichtete. Die Liturgie begann um 19.30 Uhr Ortszeit, da in ganz Italien um 22 Uhr eine Ausgangssperre verhängt wurde, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen.
In seiner "Urbi et Orbi"-Ansprache wies der Papst auf das durch das Virus verursachte Leid in Amerika hin.
"Möge das Ewige Wort des Vaters eine Quelle der Hoffnung für den amerikanischen Kontinent sein, der besonders vom Coronavirus betroffen ist, der seine vielen Leiden verstärkt hat, die häufig durch die Auswirkungen von Korruption und Drogenhandel noch verschlimmert werden", sagte er.
"Möge er helfen, die jüngsten sozialen Spannungen in Chile zu lindern und die Leiden der Menschen in Venezuela zu beenden."
Der Papst würdigte die Opfer von Naturkatastrophen auf den Philippinen und in Vietnam, betete für die verfolgten Menschen in Burma. "An diesem Festtag denke ich in besonderer Weise an alle, die sich nicht von der Not überwältigen lassen, sondern sich dafür einsetzen, den Leidenden und Einsamen Hoffnung, Trost und Hilfe zu bringen", so der Papst zusammenfassend.
"Jesus wurde in einem Stall geboren, aber er wurde von der Liebe der Jungfrau Maria und des heiligen Josef umarmt. Durch seine leibliche Geburt weihte der Gottessohn die familiäre Liebe ein. Meine Gedanken gelten in diesem Augenblick den Familien: denen, die heute nicht zusammenkommen können, und denen, die gezwungen sind, zu Hause zu bleiben."
"Möge Weihnachten für uns alle eine Gelegenheit sein, die Familie als Wiege des Lebens und des Glaubens neu zu entdecken, als Ort der Annahme und der Liebe, des Dialogs, der Vergebung, der brüderlichen Solidarität und der gemeinsamen Freude, als Quelle des Friedens für die ganze Menschheit."
Nach seiner Botschaft betete der Papst den Angelus. Mit einer roten Stola bekleidet, erteilte er dann den Segen, der die Möglichkeit eines vollkommenen Ablasses mit sich brachte.
Vollkommene Ablässe erlassen alle zeitlichen Strafen aufgrund von Sünden. Sie müssen von einer vollständigen Loslösung von der Sünde begleitet sein, sowie von der sakramentalen Beichte, dem Empfang der Heiligen Kommunion und dem Gebet für die Anliegen des Papstes, sobald dies möglich ist.
Zum Schluss richtete Papst Franziskus Weihnachtsgrüße an die Anwesenden im Saal und an die weltweiten Zuschauer im Internet, Fernsehen und Radio.
"Liebe Brüder und Schwestern", sagte er. "Ich erneuere meine Wünsche für ein frohes Weihnachtsfest an alle, die aus allen Teilen der Welt durch Radio, Fernsehen und andere Kommunikationsmittel verbunden sind. Ich danke Ihnen für Ihre geistige Anwesenheit an diesem Tag, der von Freude geprägt ist."
"In diesen Tagen, in denen die weihnachtliche Atmosphäre die Menschen einlädt, besser und brüderlicher zu werden, lasst uns nicht vergessen, für die Familien und Gemeinschaften zu beten, die inmitten von so viel Leid leben. Bitte betet weiterhin auch für mich."
Alle Bilder: Vatican Media / CNA Deutsch.
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