Am 4. September fanden die Regionalkonferenzen des "Synodalen Weges" statt. Begleitet wurden diese von einem Impuls, den die Theologen Gregor Maria Hoff, Julia Knop und Thomas Söding verfasst haben – über das Evangelium und die Kirche in Zeiten der Corona-Pandemie. Probleme werden benannt. Vom Evangelium habe ich darin nicht so viel gelesen.  Aber nachdrücklich wird darauf hingewiesen, dass die durch die Viruserkrankung und die damit verbundenen Maßnahmen "Reformpotenziale" erschlossen worden seien. Das gibt zu denken: "Gerade heute braucht es eine Kirche, die sich auf die Herausforderungen einer offenen Gesellschaft einlässt. Das betrifft nicht nur ihre Kommunikation nach außen, sondern auch ihre Organisation im Innenraum. Nur so entstehen neue Kontaktzonen des Evangeliums, die in Zeiten der Pandemie relevant wurden." Grundsätzlich zuzustimmen ist, dass die "Filterblasen" im Internet, wenn sich in ihnen hate speech artikuliert, zu kritisieren sind. Zu fragen ist aber auch, ob die Bereiche der medialen Öffentlichkeit und sogar der "Synodale Weg" nicht selbst einer katholischen Parallelgesellschaft angehören und ihre eigenen Filterblasen generieren könnten – etwa schon deswegen, weil die Repräsentanten der Weltchristen nicht von den Gläubigen gewählt, sondern nach Auswahlverfahren ernannt und vorwiegend vom "Zentralkomitee der deutschen Katholiken" repräsentiert sind. Immerhin ist mit Dorothea Schmidt eine gute Vertreterin der Bewegung Maria 1.0 mit integriert – und auch Bischöfe wie Rudolf Voderholzer und Stefan Oster vertreten glaubwürdig Weltchristen, deren Herz einfach nur katholisch schlägt.

Wenn von Konsequenzen über die "Glaubwürdigkeitskrise" gesprochen wird, so lesen wir in dem Impuls: "Menschen müssen erleben können, was es heißt, mit der unbegrenzten schöpferischen Lebensmacht Gottes in Kontakt zu kommen." Das klingt so feierlich wie abstrakt. Was bedeutet das? Konkreter wird es in dem ganzen Absatz nicht. Veränderungsbedarf wird diagnostiziert und formuliert: "Welche Aufgaben und Möglichkeiten »Kleriker« und welche »Laiinnen« und »Laien« haben, steht auf dem Prüfstand? Die Frage der Geschlechtergerechtigkeit verschärft sich. Das Verhältnis zwischen den Generationen muss neu austariert werden." Die Richtung deutet sich dann an, wenn davon gesprochen wird, dass die "pastorale und liturgische Nachfrage" sich verändert habe. Überhaupt wird eine Art Credo des Wandels insinuiert und inszeniert: "Die Pandemie zeigt: Tradition ist lebendig, wenn sie sich entwickelt. Traditionelle kirchliche Rollen und Formate müssen überdacht werden. Kirchliche Verantwortung auf breiter Basis setzt neue Handlungsmöglichkeiten frei. Potenziale der Erneuerung gilt es auf dem Synodalen Weg zu stärken." Kann sich Tradition entwickeln? Wir wissen alle, dass die Kirche kein Museum für abendländische Kulturgeschichte ist. Sonst könnten wir alle Kathedralen getrost dem UNESCO-Weltkulturerbe überantworten. Nicht diffuse Entwicklungen sind nötig, sondern das Lebensprinzip der Kirche ist Jesus Christus, gegenwärtig im Sakrament des Altares. Wir bekennen uns auch nicht zu einer unbestimmten "Heiligen Geistkraft" und auch nicht zur "Guten Fee", sondern zum "Creator Spiritus", zum Heiligen Geist. Weiter lesen wir: "Digitale Kreativität öffnet Optionen für neue Formen pastoralen und sakramentalen Wirkens." Eine virtuelle Sakramentalität kann und möchte ich mir nicht vorstellen. Wenig später wird der folgende Gedanke präsentiert: "Im Synodalforum III werden Initiativen entwickelt, »Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche« zu stärken, damit der Klerikalismus überwunden wird und eine geschlechtergerechte Ekklesiologie die Zukunft der Kirche im digitalen Zeitalter prägen kann. Die Pandemie hat zudem die Belastungen durch Care- und Familienarbeit zu Lasten von Frauen ungleich verteilt. Auf beiden Ebenen empfiehlt sich eine breit angelegte Gegenstrategie der Kirche." Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist von der Verfassung geboten und sehr wichtig – für Staat, Ökonomie, Arbeitswelt, Gesellschaft und Familie. Die Kirche aber ist eine Gemeinschaft der Dienerinnen und Diener Christi, die alle Zeiten und Orte umschließt. Wer nach einer "geschlechtergerechten Ekklesiologie" sucht, möge vielleicht einmal bei den Heiligen und Kirchenlehrern nachschlagen. Die heilige Theresia vom Kinde Jesus hätte möglicherweise bei der Formulierung schon freimütig und beherzt gelacht. Dann lesen wir noch: "In Zeiten der Pandemie hat sich gezeigt, welchen Wert es darstellt, Leben zu teilen und Verbindungen über schier unüberwindliche Grenzen hinweg dennoch zu knüpfen. Beziehungen müssen neu gestaltet werden: das Glück guten Lebens, die Trauer eines Endes, das Verlust bedeutet, die Hoffnung auf Freiheit, die Verbundenheit mit anderen." Hinter diesen wolkigen, pathetischen Formulierungen verbergen sich säkulare Veränderungsabsichten, das ist gewiss.

Was ist das "Glück guten Lebens"? Ist es im Jahr 2020 unvorstellbar, dass einfach gläubige Christen froh und dankbar sind, der Kirche des Herrn anzugehören, sich von ihr formen und bilden zu lassen? Ist es unvorstellbar, dass es ein großes Glück ist, katholisch zu sein? Ist es unvorstellbar, dass gläubige Katholiken sich weder ihrer Kirche, die heilig war, ist und bleiben wird – trotz der Sünder in ihr –, noch ihres Glaubens an Gott schämen?

Abschließend wird in dem Text gesagt: "Corona ist Krise und Chance zugleich." Man mag über alles diskutieren, hier möchte ich entschieden widersprechen: Corona ist weder eine Krise noch eine Chance, sondern Covid-19 ist eine schwere Viruserkrankung, an der allein in Deutschland zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr als 9.300 Menschen gestorben sind. Nicht Corona ist eine Chance für die Kirche, sondern das Evangelium. Wer einen positiven und ermutigenden Text lesen möchte, in dem die Zeichen der Zeit erkannt und im Lichte der Frohen Botschaft gedeutet werden, der möge die Instruktion der Kleruskongregation über die "Pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde" und eine hiermit verbundene Predigt von Bischof Voderholzer aufmerksam studieren. In der vatikanischen Instruktion heißt es unter anderem, dass es gelte, "Perspektiven auszumachen, die es erlauben, die 'traditionellen' pfarrlichen Strukturen unter missionarischem Gesichtspunkt zu erneuern. Das ist das Herzstück der gewünschten pastoralen Umkehr, die die Verkündigung des Wortes Gottes, die Spendung der Sakramente und das karitative Zeugnis betreffen muss, d. h. die wesentlichen Bereiche, in denen die Pfarrei wächst und sich dem Mysterium, an das sie glaubt, nähert."  

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