Wenig bekannt und selten rezipiert ist die Enzyklika "Slavorum apostoli" , die Papst Johannes Paul II. den Heiligen Cyrill und Methodius, den Brüdern, die "Apostel der Slawen" genannt werden, gewidmet und am 2. Juni 1985 publiziert hat. Auch über die Lebensläufe und die Bedeutung der beiden Heiligen für die Kirchengeschichte legt er hierin Betrachtungen vor, die heute noch mit Gewinn studiert werden können. Vor allem aber geht es ihm auch darum, das Wirken der Heiligen mit Blick auf die Gegenwart zu deuten. Die Herrschaft des Kommunismus im Osten besteht 1985 fort, in Westeuropa fallen immer mehr Gläubige vom Glauben ab und erliegen den Verlockungen des Konsumismus. Der Papst sieht das alles sehr genau. Die Entfremdung von Gott schreitet voran. Von Gott ist in Europa vielerorts schon lange nicht mehr die Rede.

Im Dienst der Evangelisierung wollten die Brüder das Wort Gottes den Völkern der Slawen vertraut machen – und dies mit einer geeigneten katechetischen Methode. Es ging um eine passende Übersetzung, modern gesprochen, in die Lebenswirklichkeit der Slawen. Wie in einigen Nationalkirchen des Orients wurde auch bei den Slawen in der Liturgie die Sprache benutzt, in der sich das Volk verständigte.

Der heilige Johannes Paul II. schreibt: "Im Bewußtsein des Alters und der Legitimität dieser ehrwürdigen Traditionen hatten beide Brüder keinerlei Bedenken, die slawische Sprache für die Liturgie zu gebrauchen, sondern benützten sie als wirksames Werkzeug, um die göttlichen Wahrheiten allen Menschen dieser Sprache näherzubringen. Sie taten dies in einer geistigen Haltung, der jedes Gefühl der Überlegenheit oder Vorherrschaft fremd war, allein aus Liebe zur Gerechtigkeit und mit eindeutigem apostolischem Eifer gegenüber den Völkern, die dabei waren, sich zu entwickeln." Dies bedeutete jedoch nicht, den Bund mit Rom zu schwächen oder nationalkirchliche Besonderheiten herauszustellen im Sinne einer bewussten Abgrenzung: "Die Überzeugung der beiden heiligen Brüder von Saloniki, wonach jede Ortskirche dazu berufen ist, mit ihren eigenen Gaben die katholische »Fülle« anzureichern, stimmte vollkommen überein mit ihrer dem Evangelium entnommenen Sicht, daß die verschiedenen Lebensbedingungen der einzelnen christlichen Kirchen niemals Unstimmigkeiten, Zwietracht und Spaltungen im Bekenntnis des einen Glaubens und in der Praxis der Liebe rechtfertigen können."

So standen die Apostel der Slawen für den unverfälschten Glauben der Kirche ein, den sie weder abschwächen noch anpassen wollten. Es ging ihnen um die echte Katholizität, nicht um regionale Sonderwege: "Die Kirche ist auch darum katholisch, weil sie es versteht, die geoffenbarte Wahrheit, die sie in ihrem göttlichen Inhalt unversehrt behütet, in jeder menschlichen Umgebung so vorzulegen, daß es zu einer geistigen Begegnung mit den höchsten Ideen und den berechtigten Erwartungen jedes Menschen und jedes Volkes kommt. Zudem ist das gesamte Erbe an Werten, das jede Generation der nächsten verbunden mit dem unschätzbaren Geschenk des Lebens übergibt, wie eine bunte und überreiche Menge von charakteristischen Farben, die zusammen das lebende Mosaik des Pantokrátor bilden, der sich in seinem vollen Glanz erst im Augenblick der Wiederkunft offenbaren wird." Für jeden Menschen, für jedes Volk und jede Nation sei das Evangelium eine Bereicherung. Die Christen sind darum berufen, das Evangelium zu verkündigen – und nicht dieses anzupassen, zurechtzuschneiden oder zu verkleinern. Als Diener der Frohen Botschaft haben Cyrill und Methodius Wege der "Inkulturation" gefunden, auf eine Weise, wie dies heute vielleicht auch in dem zunehmend säkular anmutenden alten Europa wieder nötig wäre.

Nicht also synodale Alleingänge und Strukturreformen dienen der Verkündigung und Vertiefung des Glaubens, sondern die glaubwürdige und aufrichtige Verkündigung der Botschaft Christi und der Lehre der Kirche. Wer wollte bestreiten, dass etwa die westlichen Kulturen heute in Häresie und Apostasie geraten sind und so leben, als wüssten sie nichts mehr von Gott und Seiner Kirche? Missionare wie Cyrill und Methodius können darum als Vorbilder und Beispiele auch für unsere Zeit taugen: "Im Werk der Evangelisierung, das sie als Pioniere in den von slawischen Völkern bewohnten Gebieten vollbracht haben, findet sich zugleich ein Beispiel für das, was man heute als »Inkulturation« bezeichnet − die Inkarnation des Evangeliums in den einheimischen Kulturen − wie auch die Eingliederung dieser Kulturen in das Leben der Kirche."

Cyrill und Methodius erinnern auch an die Sehnsucht nach Einheit der "Schwesterkirchen des Ostens und des Westens", sie seien eine "geistige Brüche zwischen der östlichen und westlichen Tradition". Leidenschaftlich appelliert Johannes Paul II. an den Austausch der Kirchen untereinander und lädt ein zum Gebet für ein Europa, das sich auf seine christlichen Wurzeln besinnt: "Indem Cyrill und Methodius ihr eigenes Charisma verwirklichten, leisteten sie einen entscheidenden Beitrag zur Bildung Europas, und zwar nicht nur in der religiösen, christlichen Gemeinschaft, sondern auch für seine gesellschaftliche und kulturelle Einheit. Auch heute gibt es keinen anderen Weg, um die Spannungen zu überwinden und die Risse und Gegensätze in Europa und in der Welt zu beheben, die eine entsetzliche Zerstörung von Leben und Werten herbeizuführen drohen. Christen zu sein in unserer Zeit bedeutet Baumeister an der Gemeinschaft in der Kirche und in der Gesellschaft zu sein. Zu diesem Zweck sind von besonderem Wert ein offenes Herz gegenüber den Brüdern, gegenseitiges Verständnis, Bereitschaft zur Zusammenarbeit durch einen ausgiebigen Austausch der kulturellen und geistigen Güter."

Der heilige Papst schreibt weiter: "Die ganze Kirche soll deshalb mit festlicher Freude die elf Jahrhunderte feiern, die seit der Beendigung des apostolischen Wirkens des ersten in Rom für die slawischen Völker geweihten Erzbischofs, des Methodius, und seines Bruders Cyrill vergangen sind, in Erinnerung daran, daß hiermit diese Völker auf die Weltbühne der Heilsgeschichte getreten sind und in die Zahl der europäischen Nationen eingegliedert wurden, die schon während der vorhergehenden Jahrhunderten die Botschaft des Evangeliums angenommen hatten. Alle können verstehen, mit welch großer Freude der erste Sohn slawischer Herkunft an dieser Jubiläumsfeier teilzunehmen gedenkt, der berufen ist, nach fast zweitausend Jahren den Bischofssitz innezuhaben, der in dieser Stadt Rom dem hl. Petrus gehört hat."

Tief bewegt beschließt Johannes Paul II., der Pilger Gottes aus dem "fernen Land", diese Enzyklika, die ihm so sehr am Herzen lag, und verleiht seiner Hoffnung auf die "Errichtung einer Zivilisation der Liebe" Ausdruck. In besonderer Meinung betet der Papst: "O großer Gott, einer in drei Personen, dir empfehle ich das Glaubenserbe der slawischen Völker; erhalte und segne dieses dein Werk! … Dein Schöpfungsplan, o Vater, der in der Erlösung gipfelt, berührt den lebendigen Menschen und umfaßt sein ganzes Leben und die Geschichte aller Völker."

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