19. April 2021
Die Römisch-Katholische Kirche ist konzipiert als eine weltweite Glaubensgemeinschaft, die aus einer Vielzahl von Ortskirchen gebildet wird. Zusammengehalten wird die Kirche durch den Papst. Schon in der frühen Zeit der Kirche wurde die Stellung der römischen Kirche und damit ihres Bischofs, des Papstes, als „Vorsitz in der Liebe“ bezeichnet. In dieser Liebe verbindet er die Eucharistiefeiern in den einzelnen Ortskirchen zu einer Gemeinschaft der Kirchen und zur Gemeinschaft der Kirche. Durch den Vorsitz in der Liebe zieht der Papst, wie es Benedikt XVI. formuliert hat, alle Gläubigen „in eine eucharistische Umarmung – in die Umarmung Christi“ hinein, und aus den vielen Verschiedenheiten werde die Gemeinschaft gebildet. Durch diesen Vorsitz in der Liebe, der zugleich einer des Glaubens ist, soll vermieden werden, dass sich die Ortskirchen gegen die universale Kirche wenden. Allerdings müssen wir feststellen, dass ein solcher Zwist zwischen den deutschen Ortskirchen und dem Papst aufgetreten ist. Über einige Aspekte dieser Auseinandersetzung wollen wir mit Kardinal Gerhard Ludwig Müller ein Gespräch führen, um die theologischen und philosophischen Hintergründe zu durchleuchten.
Lothar C. Rilinger: Die Römisch-Katholische Kirche kennt den organisatorischen Aufbau als Zentralkirche oder Universalkirche und einer Vielzahl von Ortskirchen. Vor diesem rechtlichen Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit die einzelnen Ortskirchen oder diejenigen einer Nation gegenüber der Weltkirche souverän auftreten können?
Gerhard Ludwig Kardinal Müller: Jesus Christus, der Sohn Gottes, hat nur eine Kirche gegründet und ihre Leitung den Aposteln sowie ihren Nachfolgern im Bischofsamt anvertraut. Die einzelnen Getauften sind als die vielen Glieder in dem einen Leib Christi zusammengefügt (Röm 12, 5). Sie wachsen Christus, ihrem Haupt, entgegen. Und ER, das Haupt seines Leibes, wächst durch die Glieder in die Welt hinein (Eph 4, 1, 5). Zwischen Kirche und Welt besteht ein dynamisches Verhältnis, weil die Kirche in Christus das allumfassende Sakrament des Heils der Welt ist (II. Vatikanum, Lumen gentium 1, 48; Gaudium et spes 45). Diese einzige Kirche Christi für die ganze Menschheit ist vor Ort gegenwärtig in der Versammlung oder Gemeinde aller Gläubigen in diesem Bezirk, ob Stadt oder Ortschaft. Sie wird von einem einzelnen Bischof geleitet, der von einem Kollegium von Presbytern, also von Priestern, und einer Anzahl von Diakonen umgeben ist. Bischof und Priester dienen als Hirten des Hauses und der Herde Gottes sowie als Lehrer des Evangeliums dem „Aufbau des Leibes Christi, bis wir alle gelangen zur Einheit im Glauben und der Erkenntnis des Sohnes Gottes" (Eph 4, 13). Die Gesamtkirche existiert und lebt in den Ortskirchen, also ausschließlich in den Diözesen und keineswegs in nationalen Kirchen. Sie besteht in und aus den Ortskirchen, wie es das II. Vatikanum festgestellt hat (Lumen gentium 23).
Die Römisch-Katholische Kirche, von der das Glaubensbekenntnis spricht, ist also weder die Summe einzelner Teile, noch eine Zentralmacht, welche die nach Autonomie strebenden Teilelemente mit Klugheit oder Gewalt in Schach hält. Vielmehr ist die eine katholische und universale Kirche in der Kirche vor Ort, in der Ortskirche, mit dem ganzen Evangelium und allen notwendigen sakramentalen Gnadenmitteln vollkommen gegenwärtig. Denn sie ist der Christus praesens, der gegenwärtige Christus. Gerade in der Glaubenslehre der Kirche und in ihrer liturgischen Gottesverehrung zum Heil der Menschen ist sie die eine und dieselbe Kirche. Der mir unbekannte Katholik N. N. irgendwo in einer Pfarrei in Bombay ist genauso mein Bruder in Christus wie Frau Hildegard Maier in meiner eigenen Pfarrei meine Schwester in Christus ist. Denn wir sind alle Glieder des einen Leibes Christi. Um den ökumenischen Aspekt nicht zu vergessen: Durch die Taufe sind wir alle Glieder des einen Leibes Christi geworden und somit untereinander Brüder und Schwestern in Christus und seiner Gnade, auch wenn wir auf der Ebene der sichtbaren Kirche konfessionell getrennt sind und uns darum als Katholiken, Orthodoxe und Protestanten noch auf dem Weg zur vollen sichtbaren Einheit befinden.
Auch wenn die einzelnen Ortskirchen keine Souveränität für sich beanspruchen können, besteht gleichwohl die Möglichkeit für die Ortskirchen, zumindest in Teilbereichen sich als selbständig gegenüber der Weltkirche zu verstehen?
Man muss hier zunächst die Terminologie klarstellen. Orts- oder Teilkirche ist im strengen theologischen Sinn und Sprachgebrauch nur die vom Bischof geleitete Kirche vor Ort, die Diözese oder das Bistum, das nochmal in einzelnen Pfarreien aufgeteilt ist. Es gibt auch geschichtlich gewachsene Diözesanverbände, die eine bestimmte Gestalt von Liturgie und kirchlicher Kultur hervorgebracht haben. Das sind vor allem die Patriarchate in den orthodoxen und den katholischen, mit Rom unierten Ostkirchen. In der westlich-lateinischen Kirche gibt es die Tradition von Partikularkonzilien als synodale Bischofsversammlungen. Erst nach dem II. Vatikanum wurden die Bischofskonferenzen auf meist nationaler Ebene geschaffen. Diese basieren aber nur auf veränderlichem „kirchlichem Recht“, bilden also nicht ein wesentliches, d.h. unentbehrliches Verfassungselement „göttlichen Rechtes." Sie ermöglichen die kollegiale und damit praktische sowie pastorale Zusammenarbeit der Bischöfe in einem Kulturraum oder in ihren Ländern und Staaten. Ein Gegenüber oder gar Korrektiv zur Gesamtkirche, die vom Papst und den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet werden, sind sie nur in den Köpfen von präpotenten und besserwisserischen Ortsbischöfen, denen es um eitle Selbstdarstellung geht und nicht um den opferbereiten Dienst für die ihnen anvertrauten Gläubigen. Man kennt diesen Typ von Bischöfen aus Geschichte und Gegenwart, die lieber die Wahrheit des Evangeliums und die Einheit der Kirche aufs Spiel setzen, als ihrem Weiheversprechen treu zu bleiben. Doch sie haben bei der Weihe versprochen, die apostolische Lehre unverfälscht und unverkürzt zu verkünden sowie die Einheit mit dem Nachfolger Petri, dem Papst, als „dem immerwährenden und sichtbaren Prinzip und Fundament der Glaubenseinheit und der Gemeinschaft zu wahren“ (II.Vatikanum, Lumen gentium 18).
Kann die Entscheidung des Konzils, von der lingua franca Latein als Sprache der Messfeiern Abstand zu nehmen, als Schritt zu mehr Selbständigkeit der nationalen und Ortskirchen gedeutet werden?
Bei den Übersetzungen der in der westlichen Kirche normativen lateinischen Sprache in die Volkssprachen geht es um den adäquaten Sprachstil, aber auch um die Bewahrung des Inhalts. Die Übersetzung darf nicht missbraucht werden, um die Sperrigkeit der Inhalte des Evangeliums und der Kirchenlehre abzuflachen oder das Anstößige vor den rein weltlich denkenden Zeitgenossen zu verstecken. Vor allem aber hat der Gebrauch der Muttersprache nichts mit der Etablierung von Nationalkirchen zu tun, die dem katholischen Denken direkt widersprechen. Man muss ganz nüchtern bleiben. Hinter der wohlklingenden Parole von der „größeren Selbständigkeit der Ortskirche" verbergen sich Machtansprüche von führenden, ideologisch denkenden Bischöfen – einschließlich deren Instrumentarium wie Sekretariate und ihren Medien – über treu katholische Bischöfe, die als konservativ, fundamentalistisch oder weltfremd diffamiert werden. Es geht also nicht um das theologisch ausgewogene Verhältnis des Papstes zu den Bischöfen in der Gemeinschaft der Ortskirchen – nicht um die communio ecclesiarum, die Gemeinschaft der Kirchen, mit der römischen Kirche als ihrem Prinzip der Einheit im geoffenbarten Glauben.
Kann aus der Anordnung von Papst Franziskus, den einzelnen Ortskirchen mehr Freiheiten für die Übersetzung von liturgischen Schriften zu gewähren, der Schluss gezogen werden, dass er die Einheitlichkeit der liturgischen Schriften nicht mehr für nötig erachtet, um das Gewicht der Ortskirchen gegenüber der römischen Weltkirche zu stärken?
Papst Franziskus ist leider auch von raffinierten Schmeichlern und ideologisch kontaminierten Beratern umgeben. Diese interpretieren nach ihrem Bild und Gleichnis das II. Vatikanum und machen für den steckengebliebenen Prozess auf dem Weg zu ihrer modernistischen Kirche die von ihnen erfundenen „Traditionalisten" mit ihrer Angst vor dem Neuen verantwortlich. Sie verstehen das Verhältnis von „Rom" und den Ortskirchen politisch als Machtkampf oder Machtbalance, aber nicht theologisch als die gemeinsame Verantwortung des Gesamtepiskopates für die Treue der Kirche zur apostolischen Lehre. Ihre Urteils-Kategorien bestehen in dem dialektischen Gegensatz von liberal und konservativ, modernistisch und traditionalistisch und nicht von orthodox oder häretisch: Statt dem „Denken mit der Kirche" (sentire cum ecclesia) gilt für sie der Umbau der Kirche nach dem „Gefallen der Menschen" (Gal 1, 10). Diese Kräfte waren erbitterte Feinde der Päpste von Paul VI. über Johannes Paul II. bis zu Benedikt XVI. Jetzt haben sie eine Drehung um 180 Grad vollzogen, indem sie die Prärogativen des Papstes, die ihm durch göttliches Recht zukommen, in einen päpstlichen Absolutismus pervertieren. Die Privatmeinungen des Papstes zum Klimawandel, zum Privateigentum und damit zur Freiheit von Millionen Menschen des Mittelstandes, zur Migrationskrise oder zur Corona-Impfung, um einige Beispiele zu nennen, werden zu Dogmen erklärt und die Dogmen von der göttlichen Offenbarung zu Privatmeinungen von pastoral unsensiblen „Glaubenswächtern" deklassiert. So wurde Benedikt XVI. in einem Film mit zynischer Schadenfreude verhöhnt.
Die Loblieder, die Bischöfe öffentlichkeitswirksam auf Hans Küng gesungen haben, sind kennzeichnend für diese Haltung. Dass er die Gottheit Jesu Christi geleugnet hat, lässt sie kalt. Aber plötzlich ereifern sie sich über das Verbot der Segnung gleichgeschlechtlicher Verbindungen und erregen sich hitzig über Rom sowie über die Glaubenskongregation. Sie treiben einen Keil zwischen die römischen Dikasterien und den Papst – wohlwissend, dass sie damit die Autorität des Papstes zwar nicht in seiner Medienwirkung, jedoch in seinem Petrus-Dienst untergraben. Man schlägt den Sack und meint den Esel – wie ein deutsches Sprichwort dieses Verhalten beschreibt.
Muss die Kirche Forderungen aus verschiedenen Ortskirchen heranziehen, um die Lehre der Kirche insgesamt neu oder zumindest ergänzend zu interpretieren?
Die Lehre der Apostel (Apg 2, 42) ist nur die Wiedergabe des Wortes Gottes im Glaubensbekenntnis, dem Credo, der Kirche. Die Selbstoffenbarung des dreieinigen Gottes ist in Christus abgeschlossen und im apostolischen Zeugnis der Urkirche durch den Heiligen Geist voll gegenwärtig. Sie bedarf keiner menschlichen Ergänzungen oder Verbesserungen.
Nur wir Menschen in der Kirche bedürfen der täglichen Buße und der beständigen Erneuerung in Christus. Die Dogmenentwicklung bezieht sich nur auf das menschliche Wort der Verkündigung und auf die Begriffe der Glaubenslehre, in denen das Wort Gottes vergegenwärtigt wird (1 Thess 2, 13). Hier ist zunächst von der besonderen Rolle der Heiligen Schrift zu sagen, dass uns ihr Wortlaut vorgegeben ist, und auch in den Übersetzungen treu wiedergegeben werden muss. Bei der Lehre der Kirche, die im Laufe der Zeit zu einer ausdifferenzierten Darlegung des Offenbarungsinhaltes geführt hat, handelt es sich nur um ein analytisches Urteil. Es wird infolge dessen nur ausgeführt, was inhaltlich im Wort Gottes enthalten ist. Es ist kein synthetisches Urteil, durch das der geoffenbarten Wahrheit neue Inhalte zugeführt werden könnten.
Viele fürchten, dass der wiedererstandene deutsche Größenwahn einigen deutschen Bischöfen, Theologieprofessoren und Laienfunktionären das Bewusstsein der – nach ihren eigenen Worten– „geistigen und moralischen Überlegenheit" einflößt. Sie verlangen ja nicht nur die Autonomie ihrer „Nationalkirche", sondern sie wollen sich auf ihrem „Synodalen Weg" an die Spitze der Weltkirche setzen. Ihre Agenda reicht von der Gewaltenteilung klerikaler Macht und lustzentrierter Sexualmoral bis zu antizölibatärer Polemik und der Frauenmacht im Weiheamt. Damit glauben sie, die Lokomotive zu sein, welche die anderen zurückgebliebenen Ortskirchen in der zweiten und dritten Welt wie antriebslose Zugwaggons hinter dem deutschen Führungsanspruch herzieht.
Darf die Exegese oder auch nur die Interpretation der Schrift innerhalb der einzelnen Ortskirchen aus der Sicht der Gegenwart vorgenommen werden, um je verschiedene gesellschaftliche Entwicklungen, die als Lebenswirklichkeiten bezeichnet werden, einbeziehen zu können?
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Alle diese Parolen und Schlagworte sind wie klingende Münzen einer ungedeckten Währung. Christus ist das Leben Gottes für jeden Menschen. Nur die Wirklichkeit seiner Menschwerdung, seines Kreuzestodes und seiner Auferstehung soll uns prägen und gibt uns Hoffnung. Es geht hier doch nicht um die äußeren Lebensumstände, ob die Bischöfe mit dem Pferdefuhrwerk oder einem Automobil ihre Pfarreien ansteuern oder ob im Unterschied zu den Möglichkeiten eines Simon Petrus eine Predigt von Papst Franziskus im Fernsehen übertragen wird. Ebenfalls ist es für eine Ehe als sakramentales Gleichnis der liebenden Einheit von Christus und Kirche unerheblich, ob die Familie in der Landwirtschaft tätig ist oder ob es sich bei dem Ehepaar um zwei Universitätsprofessoren handelt. Die hl. Messe kann im lateinischen oder syro-malabarischen Ritus einer mit Rom unierten Ostkirche in Indien gefeiert werden. Nicht Reform, sondern Deformation wäre es, wenn man die hl. Messe im liberalen, die Übernatürlichkeit der Gnade leugnenden Sinn als bloßes Gemeinschaftsmahl herabstufen würde oder die sakramentale Vergegenwärtigung des Ostermysteriums als vormodernes Mysterienspiel für Unaufgeklärte lächerlich macht.
Ist es zulässig, dass die Lehre der Kirche zwischen derjenigen der Weltkirche und derjenigen der nationalen Ortskirchen divergiert – auch vor dem Hintergrund der Inkulturation?
Inkulturation ist wichtig, weil alle beim Pfingstfest die apostolische Predigt in ihren Sprachen hörten und verstanden. Aber die Botschaft Christi verbindet und macht die Getauften zu einer Lebensgemeinschaft in Christus. Bei dem Begriff „Nation" sollten wir mehr an die Kultur denken, die sie zum Ausdruck bringt, als an die machtpolitischen Vorrang- und Überlegenheitsansprüche, die mit der Unterordnung von Religion und Moral unter die „Staatsraison" unendliches Unheil über die Menschheit gebracht haben. Die Kirche als die Einheit von vielen Völkern, Stämmen und Sprachen bildet in Christus eine Ganzheit jenseits der Absurditäten eines engstirnigen Nationalismus und eines wurzellosen Globalismus.
Papst Benedikt XVI. hat wiederholt die Forderung gestellt, dass sich die Kirche entweltlichen müsse. Scheint in dieser Feststellung nicht gerade die Forderung auch gegenüber einzelnen Ortskirchen auf, sich nicht dem mainstream gemein zu machen und nicht eigenständige Auffassungen zu vertreten?
Der Begriff „Welt" wird in der Heiligen Schrift in verschiedenem Sinn verwendet. „Welt“ ist die Gesamtheit der Schöpfung und aller Menschen, die durch die Liebe Christi mit Gott vereint werden. „Welt“ ist auch der „Ackerboden", also die Gesamtheit der Güter und Möglichkeiten, die durch unsere Arbeit genutzt und zum Aufbau der materiellen und geistigen Kultur veredelt werden. Die „Welt“, auch als Synonym für „Fleisch", kann darüber hinaus auch die deformierte Schöpfung sein, d.h. diejenige in ihrer Unordnung aufgrund des Bösen oder in ihrem Aufstand gegen Gott und Hass auf alles Heilige und Schöne, Wahre und Gute.
Am Ursprung des Protestes Luthers stand der Widerspruch gegen eine Verweltlichung der Kirche. Der Ablass war ursprünglich ein fürbittendes Gebet der Kirche für den bekehrten Sünder auf seinem Weg zur Heiligkeit. Man hatte es in unwürdiger Weise mit einem Geldgeschäft verbunden. Die Bischofsämter waren im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation sehr begehrt von nachgeborenen Fürstensöhnen, die wie ihre älteren Brüder Herrscher spielen wollten, anstatt als gute Hirten ihr Leben für die Schafe der Herde Gottes einzusetzen. Ich war zehn Jahre lang Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz und weiß, dass es dort meist um politisch-finanzielle Fragen ging, inklusive Mobbing unliebsamer Mitbrüder, allerdings selten um Glaubensfragen. Nur bei der Glaubenskommission unter der Leitung von Kardinal Friedrich Wetter ging es erfreulicherweise um die Mitte der Kirche im Glauben.
Die Kirche ist verweltlicht, wenn deutschen Bischöfen das Wohlwollen der politisch Mächtigen und die Kumpanei mit medialen Meinungsführern wichtiger ist als der Konsens mit Rom und ihren Mitbrüdern im Bischofsamt. Die Überwindung der Verweltlichung der Kirche nannte Benedikt XVI. die Ent-Weltlichung. Natürlich konnte die empörte Reaktion nicht ausbleiben, weil verweltlichte Bischöfe, Theologieprofessoren und Laienfunktionäre den Ruf zu ihrer Bekehrung als Weltflucht oder Rückzug in ein Sektendasein – sie nennen es „Rückzug ins Ghetto" – diffamiert haben. Trotzdem bleibt es wahr: Die Kirche wird nicht durch ihre Privilegien wieder relevant für die Menschen, sondern durch das Evangelium Christi, und sie wird glaubwürdiger nicht durch die Mondanität, also Verweltlichung großspuriger Wortführer, sondern durch die Opferbereitschaft demütiger „Diener des Wortes" (Lk 1, 2)..
Der Anspruch, dass wir die Kirche Gottes reformieren und mit unseren Agenden zukunftsfähig machen könnten, bleibt eine zum Scheitern verurteilte Hybris, weil die Ver-Weltlichung der Kirche immer eine Ent-Wesentlichung war. Aber nur die Ent-Weltlichung der Kirche führt zu ihrer Ver-Wesentlichung. Das Reformkonzil des II Vatikanums versteht in der Kirchenkonstitution Lumen gentium Wesen und Sendung der Kirche von Christus, „dem Licht der Völker“ her. Und darum „ist es der dringende Wunsch dieser im Heiligen Geist versammelten Heiligen Synode, alle Menschen durch seine Herrlichkeit, die auf dem Antlitz der Kirche widerscheint, zu erleuchten, indem sie das Evangelium allen Geschöpfen verkündet." (Lumen gentium 1).
Das ist der wahre synodale Weg der Kirche.
Eminenz, herzlichen Dank.
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(*) Hinweis: Dieser Gastbeitrag – sein Inhalt sowie die darin geäußerten Ansichten – sind kein Beitrag der Redaktion von CNA Deutsch. Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln zudem nur die Ansichten der jeweiligen Gesprächspartner wider. Die Redaktion von CNA Deutsch macht sich diese nicht zu eigen.