Die Bilder vom Vulkanausbruch in La Palma, eine 15 Meter hohe Lavasäule, die Haus um Haus überrollt – diese Bilder der letzten Woche kommen in mir hoch: Hier auf der 2.  Synodalversammlung sitze ich im Grunde auch auf einem Vulkan. Es brodelt und bebt. Die Stimmung ist geladen. Und es gibt die reelle Gefahr, dass hier kein Konsens gefunden wird, dass die Kirche und geschwisterliche Gemeinschaft, wie wir sie meistens kennen und wünschen, überrollt wird. So viele gefährliche Eruptionen. Immer wieder fordern Einzelne, die Abstimmungen öffentlich zu machen. Vor allem die Stimme der Bischöfe soll transparent gemacht werden. Synodale machen Druck, setzen den Bischöfen die Pistole auf die Brust. Unliebsame Meinungen werden mit hoch in die Luft fliegenden roten Karten quittert, grüne werden entsprechend bei Gefallen gezückt. Klatschen oder Aufruhr – vor allem von BDKJ‘lern - kommentieren Statements.

Das ist kein fairer und offener Dialog, sondern Stigmatisierung. Auf mein Statement zum Grundtext „Sexualität“ äußerte meine Nachrednerin nur Entsetzen. Dabei habe ich nur die katholische Standard-Meinung vertreten. Unter andere sagte ich, dass wenn man Sexualität von der Fruchtbarkeit trennt, umgekehrt auch die Fruchtbarkeit ohne die Sexualität gedacht werden könne. Und dann scheint es folgerichtig, den Menschen rational zu planen und zu produzieren. Das bedeutet aber dann, dass der Mensch nicht mehr eine geschenkte Gabe ist, sondern ein geplantes Produkt unseres Machens. Was man machen kann, kann man aber auch zerstören. Ich denke an die zig-tausend Embryonen, die weltweit in Tiefkühltruhen gelagert werden, deren Recht auf Leben missachtet wird. Auch das ist eine Folge davon, wenn der Mensch sich von seiner Natur trennt und zum Produkt wird.

Ich tue ich mich schwer mit der einen Minute Redezeit, ich sprach zu schnell und aufgeregt. Aber ich stehe ein für die Botschaft Jesu und das Evangelium. Und ich werde auch weiterhin deutlich zur Lehre Jesu einstehen und das Feld nicht kampflos verlassen. Auch wenn noch so viele rote Karten hochgehalten werden. Es geht hier ja nicht um mich. Aber ich bitte dennoch darum, das doch einfach mal so stehen zu lassen. Ich äußere auch nicht ständig lauthals Empörung über Statements, die ich hanebüchen finde. 

Zwar äußern Synodale immer wieder, wir sollten freundlicher sein, aber es will uns einfach nicht so gut gelingen. Ich bezweifle, dass wir uns wirklich noch verstehen werden auf dem Synodalen Weg. Zu verschieden sind unsere Synapsenschaltungen offenbar. Manchmal verstehen wir uns einfach nicht. Das war mein Gedanke am Mittagstisch als Professor Thomas Söding meinte, wir könnten doch nicht sagen, die anderen würden nicht glauben. Was ich nie gesagt hatte. Ich hatte gesagt, Missbrauch habe seine Wurzeln auch in einer Glaubenskrise. … Wir bräuchten wohl viel mehr Zeit für Gespräche, um die Meinungen des anderen besser verstehen zu können. Wo ist die Brücke der Verständigung? Sie kann doch nur Jesus selbst sein. Aber wir reden ja nicht über Jesus, sondern darum, das Lebenswirklichkeiten die ewigen Gesetze Gottes schleifen sollen.

Eine Brücke der Verständigung ist beim Thema Sexualität fast unmöglich. Zu stark plädieren Laien und Bischöfe für eine neue, geöffnete bzw abgeschaffte Sexuallehre: Nur 28 von 215 Personen stimmten gegen die neue Lehre. Ein Armutszeugnis für die Kirche. Jetzt müssten Boulevardblätter fast titeln: „Katholische Kirche wird zum „alles-ist-erlaubt- Sextempel“.

Ein Synodaler jubelte nach der Abstimmung, das sei eine „Sternstunde“ für die katholische Kirche, das sei ein tolle Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, die bestehende Sexualmoral „irritiere“. Wenn er sich da nicht irrt. Die Folgen werden wir erst noch sehen. Und was Rom dazu sagt, bleibt auch noch abzuwarten. Ich frage mich, warum wir die Lehre nicht als Orientierung einfach mal sein lassen können. Frei, sie zu befolgen oder nicht, sind wir doch ohnehin. 

Ach, verstehe: Man will ja ein Häkchen hinter eine befolgte Regel setzen – als Deutscher sowieso. Darum muss die Regel so verändert werden, dass sie jedem genehm ist, ohne Verpflichtung, ohne Anspruch, ohne Hürde. Aber damit auch ohne die Möglichkeit, über sich hinauszuwachsen.

Wachsen und lernen können wir auch in der fruchtbaren Ergänzung von Mann und Frau. Das habe ich gesagt – und erntete - mal wieder – Protest. Dabei habe ich nicht einmal etwas von Geschlechterkampf und Kampfansagen gegen die katholische Lehre gesagt. Sondern ich habe von Mann und Frau gesprochen. Das war der Fehler. Auf dieser Synodalversammlung hat man die Gender-Fahne gehisst. Das habe ich nicht beachtet. Und so wettert mein Nachredner, der BDKJ-Bundesvorsitzende Gregor Podschun: Ergänzung sollte es unter allen Menschen geben, neben Mann und Frau gäbe es noch andere Geschlechter. 

Das mit den vielen Geschlechtern und sexuellen Identitäten wird als so normal angesehen, dass wer nur von Mann und Frau spricht, scheinbar beinah gehängt gehört. Dass Gender unwissenschaftlich ist, interessiert nicht. Gender ist eine Ideologie. Nach der Schöpfungsordnung Gottes fragt niemand. Die ist wohl auch schon synodal umgeschrieben.

Ich lehne mich zurück und frage mich, ob ich hier noch auf einer katholischen Veranstaltung befinde. Die Ablehnung der Minderheitenmeinung liegt spürbar in der Luft. Die meisten Synodalen sind sich sicher, das Richtige zu tun, denn so würden ja die meisten eh denken, sagte jemand beim Mittagessen. Seit wann bitte ist die Mehrheitsmeinung automatisch die Wahrheit?

Ich kann es nicht fassen, was hier passiert. Immerhin wird der Antrag auf Neuevangelisierung doch in die Texte aufgenommen. Heute haben wir erfahren, dass die Enthaltungen nicht den „Nein“-Stimmen zugerechnet werden. 

Als wir uns am Abend im EInHalt darüber austauschen sollten, wo wir an dem Tag die Haltung Jesu erkennen konnten, denke ich: Fehlanzeige. Zu viel Hass und Hetze gegen die Botschaft Jesu und seiner Verkünder – und jetzt auch noch den Priester abschaffen wollen. Hier ist nichts mehr katholisch. Wir haben aber eine heilige Messe mit jazzig aufgepeppten Liedern feiern dürfen. Das waren die Höhepunkte des Tages heute, ein kleines Fest in der Höhle des Löwen. 

Ich bete: O Herr, lehre uns die Unterscheidung der Geister und hilf uns, die Wahrheit zu erkennen. Wir brauchen ein Paulus-Erlebnis. Aber: Dein Wille geschehe. Du hast einen Plan mit Deiner Kirche, und es ist ein sehr guter Plan. Du wirst sie nie vergessen, sie dir nie ganz aus der Hand nehmen lassen. Und wenn Du sie irgendwann aus dem Schlamm ziehen musst. Aber was du dann tun wirst, wird herrlich sein!

Hinweis: Dieser Gastbeitrag – sein Inhalt sowie die darin geäußerten Ansichten – sind kein Beitrag der Redaktion von CNA Deutsch. Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln zudem nur die Ansichten der jeweiligen Autoren wider. Die Redaktion von CNA Deutsch macht sich diese nicht zu eigen.   

Sämtliche Tagebucheinträge von Dorothea Schmidt zum "Synodalen Weg" finden Sie hier in der Übersicht.

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