Vor einigen Tagen waren wir im Kleinkindergottesdienst. Eine Veranstaltung, die parallel zur Sonntagsmesse im Pfarrsaal stattfindet: Zur Gabenbereitung ziehen die Kinder dann mit ihren Eltern in die Kirche ein und nehmen an der gemeinsamen Eucharistiefeier teil.

Nun sitzen wir also mit den anderen Eltern im Stuhlkreis um eine gestaltete Mitte. Vor uns rutschen unsere Kinder auf den Sitzkissen herum, es herrscht eine lebendige und rege Atmosphäre. Vorne macht sich eine Mutter aus dem Vorbereitungsteam bereit, ein Gebet zum Einstieg vorzutragen. Eine andere holt ihre Gitarre heraus und wir singen einige altbewährte Kirchenschlager aus dem modernen christlichen Liedgut. Zum Schluss wird auch noch gebastelt. Die Kinder sollen als Zeichen der Versöhnung einen Regenbogen zwischen zwei streitende Kinder kleben und bunt malen.

Die Kinder machen gerne mit. Es herrscht eine aufmerksame Stimmung. Fragen werden artig beantwortet und zwischendurch auch ein bisschen gekichert. Da wo ich sitze, war vor fünf Jahren die Cocktailbar auf unserer Hochzeit, überlege ich währenddessen, die haben wir nämlich auch in diesem Pfarrsaal gefeiert. Es ist gut, dass wir hier beisammen sind, überlege ich weiter, aber ist diese Parallelveranstaltung wirklich nötig, um Kindern und ihren Eltern die Messe in ihrer Gänze zu ersparen?

Was macht denn für mich der Messbesuch in seinem Kern aus? Ich denke über Beziehung nach. Beziehungspflege zu Gott. Klingt etwas abgedreht, aber letztlich ist es das befreite, erholte und zufriedene Gefühl, mit dem ich sonntags die Messe verlasse und ja, ich habe das Gefühl mit Gott in Kontakt getreten zu sein. Auf meinem Stuhl im Pfarrsaal habe ich diese Empfindung nicht. Ich bin unzufrieden und ärgere mich gleichzeitig über mich selber, denn die Mütter im Vorbereitungskreis haben sich wirklich Mühe gegeben und auch den Kindern gefällt es. Alles hat seine Zeit, fällt mir dann ein und ich bin wieder etwas versöhnter mit meinen Meckergedanken, denn dieses Angebot an sich ist ja nicht schlecht. Niedrigschwellig, gesellig, religionspädagogisch, das wäre etwas, was man im Rahmen eines Eltern-Kindtreffs Sonntagsnachmittags bei Kaffee und Kuchen anbieten könnte. Aber parallel zur Messe, als Ersatzveranstaltung-eher nein.

Beziehungspflege ist manchmal anstrengend, manchmal herausfordernd und manchmal auch unbefriedigend was nicht heißt, dass man in einem Akt der Selbstgeißelung sich und seine Kinder in die Messe zwingen sollte. Aber sich darauf einlassen, heißt manchmal auch über seinen Schatten zu springen. Wenn mein Vater früher größere Wanderungen oder Fahrradtouren angekündigt hat, war man ja auch nicht gleicht aus dem Häuschen, aber erlangte größte Zufriedenheit, wenn man am Ziel angekommen war. Das sind Erfahrungen, die Kinder prägen und die Kindern gut tun, wenn sie angeleitet und angesprochen werden.

Das ist vielleicht auch die Sorge vieler Eltern, die flotte 45 Minuten Gottesdienste kennen, in denen wenig Ansprache stattfindet. Die Messe ist natürlich keine Unterhaltungsveranstaltung, aber es ist sicher nicht falsch, sich auch im Pastoralteam zu überlegen, wie ich alle Kirchgänger von Jung bis Alt abholen und begeistern kann.

Eine charismatische Predigt, Bilder, eine gelungene Mischung an Liedern und Rituale für Kinder wir zum Beispiel das gemeinsame Vater Unser vorne am Altar, wie ich es aus meiner Kindheit kenne. Ja, solch eine Vielfalt in der Messgestaltung vermisse ich manchmal, aber ich stelle auf der anderen Seite eben auch das Überangebot an Bespaßung fest. Licht-und Klanginstallation, irgendwelche Räucherwerkstätten mit Weihrauch, das soll junge Leute ansprechen und einladen in die Kirche zu kommen. Letztlich empfinde ich solche Angebote aber eher als anbiedernd und wenig einladend, da sie den Kern unseres Glaubens weder darstellen, noch für die jungen Leute spürbar machen. Es mag einen kurzfristigen Eventcharakter haben, aber langfristig Menschen zu Gott zu führen, erreicht man damit eher weniger.

Mir fällt der Pfarrer meiner Kindheit ein. Er hat mit uns jeden Freitag eine halbe Stunde in der Kirche vor der Messdienergruppenstunde verbracht. Er hat mit uns über den Kirchenraum gesprochen, über die Bedeutung unserer Vornamen, über den Messablauf und seine Bedeutung, ihm gingen nie die Themen aus. Er kannte jeden von uns mit Namen, er kannte die Stärken und Schwächen und hat uns aus heutiger Sicht etwas unpädagogisch ab und an auch mal vorgeführt. Kirche war damals Gemeinde und Heimat. Ist es das, was uns heute fehlt?

Ich habe den Eindruck, dass diese ganzen Zusatzangebote und besonderen Aktionen, immer mehr werden und man sich immer verzweifelter Gedanken darüber macht, wie man die Menschen wieder zum Glauben führen kann. Die Entwicklungen der heutigen Zeit hat aber auch zum Ergebnis, dass es Pfarrgemeinschaften gibt, rotierende Pfarrer, die mal hier mal dort die Messe halten, Messangebote zu verschiedenen Themen und für verschiedene Zielgruppen an unterschiedlichen Orten. Jeden Sonntag könnten wir irgendwo in unserem Pfarrverband einen Kindergottesdienst besuchen, nur wären wir dann jedes Mal fremd, wir wären für uns, wir würden nur als Eventbesucher für diesen Gottesdienst kommen und dann wieder fahren.

Ich weiß, das alles kommt nicht von ungefähr, denn Personalmangel, Stellenstreichungen und Raumknappheit tragen dazu bei. Dennoch ist eine lebendige, gesunde Gemeinde das, von dem ich überzeugt bin, dass es Menschen jeden Alters zu Gott und in die Kirche führt.

Warum haben wir damals im Pfarrsaal Hochzeit gefeiert? Weil dieser Ort für uns Heimat bedeutet hat und wir nicht in einem neutralen Hotel feiern wollten. Das ist doch wahre Beziehungspflege, wenn ich mich beheimatet fühle, gerne an diesen Ort zurück kehre und Lust habe, dort mit zu gestalten und mich getragen von einer Gemeinde und einem charismatischen Pfarrer auch mit meinen Kindern sonntags in die Kirche wage.

Elisabeth Illig ist Mutter von bald drei Kindern. Die gelernte Erzieherin hat ihr Theologiestudium bewußt unterbrochen, um sich um die Familie zu kümmern.  

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