Das Gespräch der Konfessionen wird in Deutschland noch immer aufmerksam beobachtet. Jeder Katholik, der im Credo der Kirche verwurzelt ist, ernsthaft mit der Gottesfrage ringt und mitunter auch an manchen Vorgängen in der Kirche leidet, empfindet die Trennung der Christen am Tisch des Herrn als traurig und schmerzhaft.

Zugleich wissen viele Gläubige von innen her, dass die Einheit der Christen nicht von selbst gemacht und durch die besten Absichten hergestellt, sondern nur vom Herrn geschenkt werden kann. Appelle sind verständlich, aber helfen sie wirklich weiter? Neu publiziert wurde ein forsches Statement aus Stuttgart, mit Leidenschaft vorgebracht: „Das Mahl Jesu teilen!“ 

Eine Gruppe von Christen fordert im Vorfeld des Katholikentages, gemeinsam mit den dortigen Stadtdekanen, „Gastfreundschaft bei Eucharistie und Abendmahl“. Die Autoren beschreiben die Vielfalt und Reichtum der Ökumene in Stuttgart und geben beeindruckende Beispiele. Sie bekräftigen: „Wir sind dankbar für alle Fortschritte, die im ökumenischen Dialog der Theologie und der Kirchenleitungen in den vergangenen Jahrzehnten erreicht worden sind.“ Gesprochen wird von versöhnter Verschiedenheit, die konfessionellen Unterschiede seien Gabe und Bereicherung. Das umstrittene Frankfurter Positionspapier „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ wird gewürdigt. Votiert werde darin aus „theologischen Gründen für die Möglichkeit wechselseitiger Teilnahme für alle getauften Christinnen und Christen an der Abendmahls- bzw. Eucharistiefeier der jeweils anderen Kirche: „Zentral ist dabei der Gedanke, dass es Jesus Christus ist, der zum Mahl einlädt. Es hat viele Christinnen und Christen enttäuscht, dass diese Position seitens der Päpstlichen Kongregation für die Glaubenslehre sowie des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen scharf abgewiesen wurde.“

Der Text wird also als „scharf“ beurteilt. Wer das Schreiben von Kardinal Ladaria selbst nachlesen möchte, wird die vatikanische Klarstellung eher als sachlich fundiert und gut begründet ansehen. Die Stuttgarter Autoren aber empören sich: „Es ist schmerzlich festzustellen, dass eine Gastfreundschaft in der Abendmahls- bzw. Eucharistiefeier aus Sicht der katholischen Kirchenleitung angeblich noch nicht möglich sei. Noch schmerzhafter ist es, feststellen zu müssen, dass keine Bemühungen zur Lösung der aufgeworfenen Lehrfragen unternommen werden. Ist das eine schon eine Enttäuschung aller unter der Trennung der Kirchen leidenden Christinnen und Christen, bedeutet das andere eine Gleichgültigkeit, die mit der Würde und den Rechten der Getauften kaum vereinbar ist. Dies widerspricht schließlich dem Wunsch und Auftrag Jesu Christi. Die Spaltung unter den Christen wird als Beschädigung der Glaubwürdigkeit des christlichen Zeugnisses wahrgenommen.“

Die Spaltung ist ein Ärgernis, aber in der römisch-katholischen Lehre einen Gegensatz und Widerspruch zum „Wunsch und Auftrag Jesu Christi“ zu sehen, ist eine Anmaßung. Weiterhin wird erklärt: „Wir fordern, eine gastweise Teilnahme von nichtkatholischen Christinnen und Christen an der katholischen Eucharistie möglich zu machen. Wir rufen unsere Kirchenleitungen auf, den Wunsch vieler Gläubiger und den Auftrag Jesu ernstzunehmen und mit Leidenschaft und Ernsthaftigkeit die anstehenden Lehrfragen unter Beteiligung der Glieder unserer Kirchen so zu klären, dass der Weg der Einheit nicht versperrt, sondern im Vertrauen auf den Geist Jesu gegangen wird.“

Dienen Appelle, Forderungen und Erklärungen wie diese der Ökumene – oder stehen sie ihr vielleicht nicht eher im Weg? Lichtreich und bedenkenswert auch heute sind die Worte, die Papst Benedikt XVI. beim Besuch der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Rom in seiner Ansprache am 14. März 2010 gefunden hat: „Wir hören heute viele Klagen, die Ökumene sei zum Stillstand gekommen, Vorwürfe gegenseitig; ich denke aber, zu allererst sollten wir doch dankbar werden, daß es soviel Einheit gibt. Es ist doch schön, daß wir heute, an Laetare, hier miteinander beten, miteinander die gleichen Lieder singen, miteinander das gleiche Wort Gottes anhören, es miteinander auszulegen und zu verstehen suchen dürfen, daß wir auf den einen Christus hinschauen, den wir sehen und dem wir gehören wollen, und daß wir so doch Zeugnis davon geben, daß er der Eine ist, der uns alle gerufen hat und dem wir im Tiefsten alle zugehören. Ich glaube, wir sollten vor der Welt vor allem dies sichtbar machen: nicht allerlei Zank und Streit, sondern die Freude und die Dankbarkeit dafür, daß der Herr uns dies schenkt und daß es wirkliche Einheit gibt, die immer tiefer werden kann und die immer mehr auch zum Zeugnis für das Wort Christi, für den Weg Christi werden soll in dieser Welt. Natürlich dürfen wir uns damit nicht zufrieden geben, auch wenn wir voller Dankbarkeit sein sollen für diese Gemeinsamkeit. Daß wir dennoch in wesentlichen Dingen, in der Feier der heiligen Eucharistie nicht den gleichen Kelch trinken können, nicht am gleichen Altar stehen, muß uns mit der Trauer erfüllen, daß wir Schuld auf uns laden, daß wir das Zeugnis verdunkeln; es muß uns innerlich unruhig machen, auf dem Weg zu mehr Einheit zu sein in dem Wissen, daß zuletzt nur er sie schenken kann, denn eine Einheit, die wir selbst aushandeln würden, wäre menschengemacht und so brüchig, wie alles, was Menschen machen. Wir geben uns ihm, suchen ihn immer mehr zu kennen und zu lieben, ihn zu sehen, und überlassen ihm, daß er uns damit wirklich ganz zur Einheit führt, um die wir in dieser Stunde in aller Dringlichkeit zu ihm beten.“

Wer sich an den Worten Benedikts orientiert, wird gute ökumenische Wege finden und gehen können. Wie lebendig könnte unser gemeinsames christliches Zeugnis für Gerechtigkeit, Frieden, Lebensschutz und die Bewahrung der Schöpfung sein – und wie wichtig wäre es heute. Wie wichtig wäre unser Gebet für die Einheit der Christen. Oder trauen wir Christus nicht mehr zu, dass er uns wirklich ganz zur Einheit führt? 

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.  

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