Als es im Zusammenhang mit den seit einigen Jahren verstärkt auftretenden Flüchtlingsbewegungen über das Mittelmeer zu zahlreichen Rettungsaktionen kam, erging die Anfrage des Kapitäns eines privaten deutschen Seerettungsschiffes „an den Heiligen Stuhl mit der Bitte, sein Schiff unter der Flagge des Vatikanstaates führen zu dürfen“. Die Anfrage wurde tatsächlich geprüft.

Der Kapitän bekam diese Antwort: „Im Auftrag des Staatssekretariats muss ich Ihnen leider mitteilen, dass Ihrer Bitte nicht nachgekommen werden kann, weil Ihr Schiff keine tatsächliche Beziehung zum Vatikanstaat hat und dieser die eigene Zuständigkeit über das Schiff nicht ausüben kann; der Vatikanstaat kann zudem nicht die Immunität von Besatzung und Passagieren gewährleisten.“

Der Vatikankenner und Historiker Ulrich Nersinger erzählt diese Geschichte ausführlich am Schluss seines Buches „Unter der Flagge des Papstes. Eine kleine Geschichte der Päpstlichen Marine“.

Ein Eingreifen „unter der Flagge des Papstes“ scheint bis heute wirklich möglich zu sein, da der Vatikanstaat seit 1951 ein eigenes Schiffsregister besitzt und dadurch auch die Befugnis, Schiffe unter eigener Flagge fahren zu lassen.

Gemäß einem Abkommen über die Beilegung von „maritimen Streitigkeiten“, das anlässlich der 1958 in Genf stattfindenden Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen erzielt wurde, behielten sich die Päpste vor, Schiffe aus humanitären Gründen unter der vatikanischen Flagge auszusenden. Dies hatte Papst Paul VI. während des Libanonkriegs 1975 auch ernsthaft erwogen. Doch die zahlreichen Bedingungen, die dafür notwendig sind, damit ein Schiff unter vatikanischer Flagge fahren kann, konnten nicht erfüllt werden.

Es ist also nicht möglich, dass der Vatikan aus ideologischen Gründen wieder unter eigener Flagge ein Schiff in die Weltmeere entsendet.

Noch spannender als die Ereignisse der Neuzeit sind jene, mit denen Nersinger nicht nur die Liebhaber der Geschichte des Vatikans erfreut, sondern auch jene, besonders junge Menschen, die sich über die Seefahrt des Mittelalters bis hinein ins 19. Jahrhundert begeistern. So wird etwa ausführlich über die „Seeschlacht von Lepanto“ berichtet und darüber, wie die vatikanischen Flotten zum Schutz der Christen über die Meere fuhren.

Ein kurzweiliges Buch, das – wie immer bei Ulrich Nersinger – Wissensvermittlung mit dem Glauben verbindet.

Ulrich Nersinger: Unter der Flagge des Papstes. Eine kleine Geschichte der Päpstlichen Marine; Verlag Petra Kehl 2022; ISBN: 978-3947890149; 174 Seiten; 19,90 Euro

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