Ein vorbildliches Priesterleben präsentiert Thomas Alber in seiner jüngsten Biografie, die sich mit Augustinus Hieber beschäftigt, dem „Segenspfarrer des Allgäu“. In den vergangenen Jahren hat Alber bereits mehrere Biografien heiligmäßiger Personen im Fe-Medienverlag veröffentlicht.

Hieber wurde 1886 geboren. Als einziger Sohn in einer zwölfköpfigen Kinderschar sollte er eigentlich den Bauernhof seiner Eltern übernehmen, verspürte aber schon früh die Berufung zum Priestertum. Als er darüber mit seinem Vater sprach, sagte dieser: „Bub, das eine sag ich Dir, ich hätt’ in Dir gern einen Bauern gesehen, wie ich und meine Väter es waren. Aber wenn Du Priester werden willst, dann sag’ ich Dir das eine: Werd a rechter Pfarrer oder gar keiner!“

Ein „rechter Pfarrer“ sollte er tatsächlich werden, stets bemüht um das Heil der ihm anvertrauten Seelen. Nach der Priesterweihe im Jahr 1910 war er zunächst in Schramberg im Schwarzwald tätig, dann in Stuttgart und später als Stadtpfarrer in Göppingen. An seiner letzten Station, Merazhofen bei Leutkirch im Allgäu, blieb er von 1936 an mehr als 25 Jahre bis zu seinem Tod im Jahr 1968.

Alber geht ausführlich auf „die Gnadengaben“ ein – man könnte auch von „Charismen“ sprechen – „die Gott Pfarrer Hieber mitgegeben hatte. Sie waren es letztendlich auch, die ihn für die Nachwelt unvergesslich machen. Ohne sie würde heute – bei ehrlicher Betrachtung – wohl kaum noch jemand von ihm sprechen“.

„Viele neigen dazu, ihn ausschließlich wegen seiner Gnadengaben zu verehren“, so der Biograf über Hieber. „Entscheidend ist aber nicht in erster Linie, dass er sie hatte, sondern vor allem die Antwort auf die Frage, was er aus ihnen gemacht hat […].“

Der Pfarrer sagte zu seinen Gnadengaben anlässlich seines 80. Geburtstags in aller Demut, „der liebe Gott“ habe ihm „so etwas – ich sage es bescheiden – wie eine Segenskraft verliehen“. Dies sei allerdings „nicht mein Verdienst, im Gegenteil, da muss ich klein sagen: ‚Ach, ich bin’s gar nicht wert gewesen!‘“

Alber beschreibt anhand verschiedener Zeugen die Gaben der Seelenschau und des geistlichen Rates, aber auch der Heilungen. Außerdem geht er auf die Wallfahrten des Priesters ein, die er im Lauf der Jahre mit seinen Gemeinden unternahm. Doch schon die Mutter war mit dem kleinen Augustinus in der Region auf Wallfahrt gegangen, wie es in katholischen Elternhäusern üblich ist.

Wie blickte Hieber auf die Entwicklungen in der Gesellschaft? Alber betont: „So konservativ er auch in seinem Denken oft war, so aufgeschlossen konnte er aber auch Innovationen gegenüber sein. Er beschaffte für die Jugend Ende der 50er / Anfang der 60er Jahre das erste Fernsehgerät in Merazhofen.“

Dennoch sah er klar – wie seinerzeit ein junger Priester namens Joseph Ratzinger –, dass sich in der Kirche erste Erosionserscheinungen zeigten. „Dem aufmerksamen Beobachter entgeht es nicht, wie zwei Dinge wie düstere Fanale aufleuchten“, schrieb Hieber 1954. „Wachsende Vergnügungssucht und Radikalisierung der Jugend! – Das ‚deutsche Wirtschaftswunder‘ zeigt sich nicht nur in der an sich zu begrüßenden Technisierung, auch in der Landwirtschaft – schon haben auch einige Bauern ihr Auto! – sondern noch mehr in der Gier nach Genuss! – Das Barometer des Religiösen ist im fallen – Nachmittagsgottesdienste bedenklich entleert – die Christenlehrpflichtigen lassen trotz Jugendarbeit den religiösen Ernst vermissen!“

Ein Mädchen von etwa 15 Jahren, so Hieber weiter, zeige „ein geradezu skandalös-‚amerikanisches‘ Verhalten, die Zahl unehelicher Kinder beginnt langsam zu steigen“.

Ein Jahr später konstatierte er: „Was dem Seelsorger [Pfarrer Hieber] schmerzlich aufstößt, ist eine fortschreitende Verwilderung der Jugend u. langsame religiöse Verflachung bei den Erwachsenen: So manche kommen grundsätzlich erst nach der Predigt – auch ein Fanal!“ Außerdem beklagte er 1959 „die z. T. erschreckende Ehrfurchtslosigkeit bei der Jugend“.

1960, acht Jahre vor seinem Tod, sprach Hieber über seine drei Wünsche als Priester: erstens die Rettung so vieler Seelen, wie „der himmlische Vater“ ihm zugedacht habe, zweitens das Führen von Seelen zur Vollkommenheit, und drittens die Rettung der eigenen „Priesterseele“.

Man kann sich nur wünschen, dass auch heute Priester und Seminaristen sich Pfarrer Augustinus Hieber zum Vorbild nehmen – nicht wegen der Gnadengaben, die immer ein Geschenk Gottes sind, sondern weil es weiterhin seeleneifrige Priester braucht, die den Gläubigen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Thomas Alber: Pfarrer Augustinus Hieber. Der Seelenhirte des Allgäus; Fe-Medienverlag; 240 Seiten; 10 Euro; ISBN: 9783863574529.

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