Dantes Göttliche Komödie ist weltbekannt. Der Titel bedeutet nicht, wie man vielleicht heute meinen mag, eine unterhaltsame Geschichte, die Heiterkeit und Gelächter erzeugt, sondern schlichtweg eine Dichtung, die keinen tragischen Ausgang, sondern ein gutes Ende kennt. In der Tat, Dante wird dank seiner Wanderung durch Hölle, Fegfeuer und Himmel zu einem besseren Menschen und einem guten Christen.

Es ist Maria, die ihm – so verrät ihm seine treue Freundin Beatrice – die ihm die Gnade dieser Visionen und damit der Umkehr geschenkt hat. Von ihr heißt es, dass sie den "harten Urteilsspruch", der über Dante liegt, gebrochen habe. Sie ist es, die ihn davor bewahrt, auf immer verloren zu gehen. Sie "beklagt" sich bei Gott über das Schicksal des jungen Mannes, den sie retten will. Schon diese wenigen Aussagen zeigen, dass die Mutter Jesu in der berühmtesten Dichtung italienischer Sprache keineswegs eine Nebenrolle einnimmt, sondern – das mag auf den ersten Blick erstaunlich klingen – immer wieder in den Mittelpunkt der Erzählung tritt. Es wäre nicht übertrieben, Dantes Wer "die marianische Komödie" zu nennen.

Ohne Flügel kann man nicht fliegen; ohne Maria nicht beten!

Weithin bekannt ist der Vers, der Maria Maria "Jungfrau Mutter, Tochter deines Sohnes, niedriger und höher als jede Kreatur nennt". Es sind Worte des heilige Bernhard, der Dante durch den Himmel führt, dessen Bewohner – Engel und Menschen – auf Maria blicken und ihr Lob singen. Von ihr sagt der Heilige in der Göttlichen Komödie:

"Herrin, du bist so groß und gilst so viel,

dass wer Gnade will uns sich nicht an dich wendet,

will sein Begehren auffliegen lassen ohne Flügel."

Dante unterstreicht ganz deutlich den Gedanken der Gnadenvermittlung Mariens. Deshalb hat der heilige Johannes Paul II. dieses Wort auch in seinem Schreiben "Rosarium Virginis" zitiert. Ohne Mariens Fürsprache dringt kein Gebet zu Gott; ohne sie  gelangt keine Gnade zu den Menschen.  

Sie ist, so wiederum der heilige Bernhard, die Liebe der Seligen im Himmel und "drunten bei den Sterblichen der Hoffnung sprudelnde Quelle". Deshalb spricht der heilige Kirchenlehrer, der Doctor Marianus, von dem die Göttliche Komödie sagt, er habe sich mit Maria verschönert "wie der Morgenstern mit der Sonne", zur "Herrin des Himmels": "Königin, die du kannst, was du willst". Die Gnadenvolle ist, wie schon manche Väter sagen, "allmächtig" in ihren Bitten bei Gott. Wie kann es sein, dass ein Geschöpf so hoch erhoben ist, dass Dante – fast klingt es völlig falsch und übertrieben – zu ihm sagen kann: Du machst den Himmel "göttlicher"?

Denn verschlossen war das Tor, bis ein Heiland trat hervor

Die göttliche Komödie beantwortet die Frage, warum Maria diese einzigartige Stellung hat und ihre Bitten immer erfüllt werden, so dass sie alles kann, was sie will. Dante sieht den Grund in der Menschwerdung des Sohnes Gottes, der aufgrund des Ja-Worts der Jungfrau auf die Erde kommen konnte. Maria hat "den Himmel nach langem Verbot geöffnet". Sie spricht zum Engel Gabriel das große Wort "Fiat – Es werde", das sie zur wahren Mutter Gottes macht. In diesem Moment öffnet sich die uralte Pforte, die seit Adam und Eva verschlossen war. In wunderbaren Worten schreibt Dante über diesen Augenblick, dass Maria, "um die Liebe zu öffnen, den Schlüssel drehte". Der Dichter macht deutlich, dass die Jungfrau – aus Nichts erschaffen wie alle Kreaturen – nicht selbst den Schlüssel herbeibringen kann, der der Welt das Heil eröffnet, und doch ist sie es – nur sie allein! – die ihn drehen kann, damit die Tür aufspringt. Alles ist von Gott: die Liebe, die Tür, der Schlüssel, das Heil – doch Maria, die im persönlichen Lebens Dantes, wie in dem der ganzen Menschheit, den "harten Urteilsspruch bricht", bringt der Welt Jesus und damit seine Erlösung. Es ist wie es in einem schönen Adventslied heißt: "Denn verschlossen war das Tor, bis ein Heiland trat hervor."

Sie kann, was sie will

Immer wieder zeigt Dante Maria in seiner Göttlichen Komödie als die, die kann, was sie will, und daher all denen, die zu ihr Zuflucht nehmen, Heil und Rettung bringt. Beindruckend ist zum Beispiel der Bericht eines Soldaten, der auf dem Läuterungsberg, also im Fegfeuer, seine Sünden büßt. Bewegt erzählt er, wie sie im Krieg tödlich verletzt wurde sein irdischen Lebens "im Namen Maria endete", also mit einem letzten Stoßgebet zur Mutter Jesu:

"Der Engel Gottes nahm mich – aber die Hölle schrie:

O du vom Himmel, warum beraubst du mich?

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Du raffst von diesem da das Unsterbliche hinweg

Für ein Tränlein, das ihn mir raubt."

Maria hat den Schlüssel gedreht, damit sich dem Sterbenden die Tür des Himmels öffnet. Selbst wenn es sicher scheint, dass ein Mensch aufgrund seiner bösen Taten verloren gehen könnte, so rettet ihn doch – mag er nur zu Maria seufzen oder ihretwillen eine winzige Träne vergießen – die Königin, die "kann, was sie will". Weil sie einmal "fiat" gesagt hat, darf sie es immer wieder sagen. Weil sie in Nazareth Mutter eines Gottes geworden ist, sollte sie unter dem Kreuz auch Mutter aller Menschen werden, die sich nun, mit gleicher Liebe wie für den Einziggeborenen, um das Heil aller ihrer Kinder sorgt.

Ohne Maria kein Jesus!

Der Erzengel Gabriel ist in Dantes Werk voller Heiterkeit und Spielfreude (gioco), Kühnheit (baldezza) und anmutiger Leichtigkeit (leggiaderia). Beim Anblick Mariens ist er "so verliebt, dass er von Feuer scheint". Er ist nicht nur Überbringer einer Nachricht, sondern Bote göttlicher Liebe, ja Brautwerber des Allerhöchsten, der sich danach sehnt, in und durch Maria einen neuen Bund mit der Menschheit zu schließen. Marias Ja-Wort ist in gewisser Weise ein Akt der Vermählung – zumal als Repräsentantin der Kirche – mit Gott. Auf ewig binden sich der Schöpfer und sein vollkommenes Geschöpf, der Allmächtige und die Demütige, der König und die Magd in bräutlicher Liebe aneinander. Weil Gottes Sohn in ihr Mensch wurde – und als Mensch in Ewigkeit an der Seite des Vaters thront – ist durch Maria, wie Dante herausfordernd sagt, der Himmel in gewisser Weise göttlicher geworden. Ohne sie gäbe es ja Jesus nicht! Und ohne ihn, der um unseres Heiles willen auf die Erde hinabgestiegen ist, wäre die Tür verschlossen und der Himmel leer geblieben.

Eine marianische, wahrhaft göttliche Komödie

Der 25. März ist das große Fest der demütigen Magd von Nazareth, die um der ewigen Liebe das Tor zu öffnen, den Schlüssel im Schloß gedreht hat. Sie ist, wie Dante schreibt, "die Rose, in der das Göttliche Wort Fleisch wurde". Deshalb beschreibt die Göttliche Komödie den Himmel auch im Bild dieser geheimnisvollen Blume, den alle seine menschlichen Bewohner verdanken ihre Seligkeit dem Ja-Wort Mariens und der Menschwerdung des Gottessohnes in ihrem Schoß. Der heilige Ludwig Maria Grignion hat empfohlen, sich am Fest Mariae Verkündigung der Mutter Jesu zu weihen beziehungsweise diese Weihe ernsthaft zu erneuern. Diese Hingabe an jene Frau, der sich Gott selbst vollkommen anvertraut hat, macht unser Leben zu einer wahrhaft "marianischen Komödie", also zu einer noch göttlicheren Geschichte, die kein tragisches, sondern ein gutes und glückliches Ende kennt.

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