Der Wissenschaftsjournalist Christian Geyer stellte in dem Artikel "Was auf den Tisch kommt", erschienen in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 7. Oktober, eine wichtige Frage. Am 18. September 2020 erhielt der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Post aus Rom. Bischof Dr. Bätzing erreichte ein freundliches Schreiben von Kardinal Ladaria und die "Lehrmäßigen Anmerkungen" der Glaubenskongregation zu dem theologisch offenbar unzureichenden Ökumene-Papier "Gemeinsam am Tisch des Herrn". Geyer vermutet im episkopalen Schweigen in Deutschland eine "Absage an die theologische Kontroverse". Er fragt, da das Papier "kirchenamtlich bislang nicht öffentlich gemacht" wurde, ob es klug sei, "aus den theologischen Einwänden der römischen Glaubenskongregation gegen das Arbeitskreis-Papier eine Art geheimer Verschlusssache zu machen".

Wir alle kennen Bekenntnisse zur Transparenz und zur Kommunikation – in der Kirche. So darf spekuliert werden. Auch das sonst nicht für mediale Stummheit bekannte Zentralkomitee der deutschen Katholiken fragt anscheinend nicht nach. Oder haben Sie Wortmeldungen vernommen? Wünscht niemand eine theologische Aufklärung? Warum wird ein Papier, das ausdrücklich kein Geheimpapier ist, als solches behandelt? Christian Geyer schreibt in dem besagten Artikel weiter: "Es gehört zur epistemischen Ironie, dass eine vatikanische Behörde, die aus der historischen Inquisition hervorgegangen ist, hier als Anwalt der differenzierten theologischen Argumentation auftritt, während deutsche Arbeitskreis-Theologie vom Chef der Bischofskonferenz als Magd einer kirchenpolitischen Agenda vorgeführt wird."

Wann also werden die "Lehrmäßigen Anmerkungen" seitens der Bischofskonferenz der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt werden? Der theologische Kommentar aus Rom könnte erhellend sein für jene, die eine nationalkirchlich verengte Ökumene der besten Absichten forcieren. Wer sich in Deutschland zum Credo der Kirche bekennt und auch römisch-katholisch bleiben möchte, sollte nicht verkennen, dass die zuständigen Dikasterien der Kirche in Rom auf andere Weise die besten Absichten verfolgen als manche Vertreter der regionalen Kirchenpolitik hierzulande. In dem Papier "Gemeinsam am Tisch des Herrn" werden Ansichten, Meinungen und Theorien vorgetragen, die nicht mit dem Glauben und der Lehre der Kirche übereinstimmen. Der protestantische Neutestamentler Ernst Käsemann vertrat vor knapp siebzig Jahren bereits die Auffassung: "Der neutestamentliche Kanon begründet als solcher nicht die Einheit der Kirche. Er begründet als solcher dagegen ... die Vielzahl der Konfessionen" (Ernst Käsemann, Exegetische Versuche und Besinnungen, Göttingen 1960, 214).

Meines Erachtens scheint das Papier des ÖAK genau diese Vielfalt von Konfessionen als gegeben und notwendig vorauszusetzen. Die Spaltung der Kirche wäre dann auch nicht mehr schmerzhaft, sondern Zeichen einer farbenfrohen christlichen Vielfalt. So könnte jeder freie Christenmensch sich gutwillig und fröhlich an alle möglichen Abendmahlstische setzen und zu sich nehmen, was ihm gereicht würde. Das aber steht – nach meiner unmaßgeblichen Meinung – im Widerspruch zur Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils und damit zur Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte.

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