Weihnachten ist für Erzbischof Stefan Heße weit mehr als ein festlicher Termin im Kalender: Es ist eine geistliche Wegstrecke zwischen Gottesdiensten, stiller Anbetung und konkreter Nähe zu den Menschen.

Im Interview mit CNA Deutsch spricht der Hamburger Erzbischof über die besondere Tiefe der Christmette, über Heimat fern der rheinischen Wurzeln, über Zweifel und Sehnsucht und darüber, wie die leise Botschaft der Heiligen Nacht auch in einer säkularen Großstadt Hoffnung, Frieden und Liebe schenken kann.

Wie gestalten sich für Sie persönlich die Weihnachtstage, insbesondere rund um die Christmette und die Feiertage?

Die Weihnachtstage sind bei mir immer dicht geplant und geprägt von Gottesdiensten und Begegnungen. Ich achte bewusst darauf, mir auch Zeit für das persönliche Gebet zu nehmen und die Botschaft von Weihnachten langsam an mich heranzulassen: Wir feiern die Geburt Christi, Gott wird Mensch. In der Christmette nehme ich ganz besonders wahr, wie nahe Gott den Menschen kommt, deshalb ist sie für mich sicher ein Höhepunkt. Es ist schon etwas Besonderes, mitten in der Nacht die Geburt Jesu zu feiern.

Dieses Jahr werde ich an Heiligabend außerdem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Marienkrankenhaus hier in Hamburg besuchen. Für sie war es ein schweres Jahr: Anfang Juni brach in dem Krankenhaus ein Brand aus, bei dem drei Menschen ihr Leben verloren haben. Es ist mir deshalb dieses Jahr wichtig, dass ich an Weihnachten bei ihnen bin und ihnen so auch noch einmal für ihren Einsatz und ihre Arbeit danken kann.

Sie wirken seit vielen Jahren im Erzbistum Hamburg, fernab Ihrer rheinischen Heimat. Ist das Weihnachtsfest in dieser Situation für Sie persönlich eine besondere Herausforderung?

Natürlich gibt es Momente, in denen die Erinnerungen an meine Herkunft und an frühere Weihnachtsfeste wach werden, das ist ja auch etwas Schönes. So vermisse ich hin und wieder einige Melodien der Weihnachtslieder im Kölner Anhang des Gotteslobes. Gleichzeitig ist in den zehn Jahren als Erzbischof von Hamburg dieses Bistum längst zu einer Heimat für mich geworden. Hier glauben und hoffen Menschen miteinander und sind füreinander da. Darin erlebe ich die weihnachtliche Botschaft auch immer wieder.

In einer stark säkularen Großstadt kommen viele Menschen an Weihnachten dennoch in die Kirche. Welche Einladung möchten Sie ihnen mitgeben?

Ich lade alle ein, in einem der Weihnachtsgottesdienste bei feierlicher Stimmung zusammen zu singen und die frohe Botschaft zu hören: Jesus, der Retter ist uns geboren! Das ist ein guter Grund, zusammenzukommen. Niemand muss alles verstehen oder alles glauben, um willkommen zu sein. Weihnachten erzählt von einem Gott, der sich nicht aufdrängt, sondern sich schenkt, der leise und verletzlich als kleines Kind in einer Krippe auf unsere Erde kommt. Wer kommen mag, darf einfach da sein, zuhören, vielleicht eine Kerze anzünden und das eigene Leben mit dem verbinden, was diese heilige Nacht verheißt: Hoffnung, Frieden und Liebe.

Welche Worte haben Sie für Menschen, die sich an Weihnachten nach Sinn sehnen, aber innerlich leer oder zweifelnd sind?

Ich finde, grade eine gewisse Sehnsucht ist ein kostbares Gefühl in dieser Zeit. Denn Weihnachten verspricht, sie aufzufangen: Es geht nicht um die Stärke des Glaubens, sondern um die Bedürftigkeit des Menschen nach Frieden und Hoffnung. Auch Zweifel und Leere haben darin Platz. Gott kommt nicht nur zu denen, die sich schon sicher sind, sondern er ist ganz besonders bei den Suchenden. Weihnachten ist für mich genau das Fest, an dem man nichts leisten muss, sondern sich von dieser schönen Geschichte berühren lassen darf, die für uns auch eine schlichte Botschaft bereithält: Fürchte dich nicht! Die Hirten an der Krippe sind dabei die Ersten und leben diese Haltung vor.

Welche einfache geistliche Praxis würden Sie den Gläubigen für die Weihnachtstage besonders ans Herz legen?

Ich erlebe diese Tage oft als vollgepackt und ich höre von vielen Menschen, dass sie eher mit den letzten Vorbereitungen, dem Einpacken von Geschenken oder langen Reisen beschäftigt sind, als wirklich Ruhe und Zeit für die Weihnachtsbotschaft zu haben. Deshalb möchte ich dazu ermutigen, sich in aller Hektik, die sicher nicht immer zu vermeiden ist, Zeit für Stille und Ruhe zu nehmen, vielleicht die Weihnachtsgeschichte zu lesen oder ganz einfach eine Krippendarstellung anzusehen.

Unsere Kirchen bieten in diesen Tagen viele kunstvoll gestaltete Krippenlandschaften. Eine Übung kann sein, sich vor einer Krippe in die Situation der Heiligen Familie hineinzuversetzen. Dabei kann dann deutlich werden, was Gott alles auf sich genommen hat, um uns seine Liebe zu zeigen. Und wie nah er uns Menschen gekommen ist. Ich bin sicher, dass schon kleine Momente der Stille und des zur Ruhe Kommens eine Menge Weihnachtsgefühl in die Hektik der Tage hineinbringen können.

Hinweis: Interviews wie dieses spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gesprächspartner wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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