6. Dezember 2020
Eine wunderschöne Blütenlese – ein Florilegium – hat Marianne Schlosser zur Advents- und Weihnachtszeit vorgelegt. Ihrem jüngsten Buch mit dem Titel "Es haucht die Nacht ein neues Licht" hat die Wiener Professorin der Theologie ein Wort von Jakob von Sarug vorangestellt:
"Kein Mensch vermag
über den Eingebornen zu reden,
außer in der Liebe,
welche die Quelle der Schönheit ist."
Dieser und viele andere Texte sind zur "geistlichen Vorbereitung auf die Weihnachtszeit gedacht". In Themenkreise geordnet bereiten die vorgestellten Abschnitte auf das Kommen des Herrn vor. Mit Maria geht es durch den Advent, hin zur Heiligen Nacht und durch die Weihnachtszeit bis zum Fest der Darstellung des Herrn. Ältere und jüngere Kirchenväter und Theologen kommen ebenso zu Wort wie heilige Männer und Frauen. Der jüngste Autor ist der letzte deutsche Papst. Die ältesten Autoren sind Origines, Ephraem der Syrer, Ambrosius von Mailand und viele andere.
Der erste der Texte, denen Schlosser stets einige Sätze der Erläuterung voranstellt, stammt von der Karmelitin und Märtyrin Theresia Benedicta a Cruce (Edith Stein). Wie das Ansinnen des ganzen Buches deutet dieses Wort auf die Ausrichtung des Christenlebens hin. Aber auch auf jene angstvolle Zeit, in der sich die weltweite Menschheit gerade befindet, von der sie sich aber nicht entmutigen lassen sollte:
"Wie die Herzen der ersten Menschen,
so sind in der Folge der Zeiten
immer wieder Menschenherzen
von dem göttlichen Strahl getroffen worden."
Bekannte und weniger bekannte Verfasser schöner, geistvoller und frommer Texte, machen dieses "Weihnachtsbuch" zu einem wahren Schatz.
Auch wenn manche Abschnitte den heutigen Menschen womöglich wenig weihnachtlich erscheinen mögen, so sind sie doch alle geerdet und auf den Mensch gewordenen Heiland bezogen. So heißt es in einem aus Äthiopien stammenden "Bittgebet um die Gnade der Weihnacht":
"Du hast dem betrübten Joseph befohlen,
mit dem Kind zu flüchten
vor dem kurzen Zorn des Herodes.
Gott, Mächtiger,
durch den Flug des Pfeiles, deines Wortes,
vertreibe die Teufel vom Ägyptenlande
meines Herzens,
zerschmettere ihres Götzen Haupt
mit deinem Stab,
dem Kreuzesholz."
In einem Abschnitt aus den Schriften der mittelalterlichen Nonne Mechthild von Hackeborn erfahren Leser von ihrer Vision an der Krippe:
"Als die Seele zur Krippe kam, fand sie den Knaben dort liegen, in Tücher gewickelt. Das Kind aber sprach zu ihr: Schon gleich am Anfang, als ich in die Welt geboren wurde, ließ ich mich mit Tüchern und Bändern binden, so dass ich mich nicht bewegen konnte. Das soll ein Zeichen sein, dass ich mich ganz und gar, mit allen meinen Gütern, die ich vom Himmel mit mir brachte, in die Hand des Menschen gegeben habe, damit er mit mir umgehe zu seinem Nutzen."
Ganz folgerichtig, als ein Buch mit Worten von Frauen und Männern der Kirche, ist eines seiner letzten Sätze dem "Pontificale Romanum" entnommen:
"Geliebte Brüder, so wie wir uns freuten
über die Geburt unseres Herrn Jesus Christus,
so verkünden wir euch jetzt schon die Freude
über die Auferstehung dieses unseres Erlösers."
Das vorliegende Buch sei all jenen auf das wärmste empfohlen, die Freude haben, sich mit geistlichen Texten aus der christlich-katholischen Tradition auf Weihnachten vorzubereiten.
Marianne Schlosser, Hrsg., "Es haucht die Nacht ein neues Licht. Der weihnachtliche Festkreis in Gebeten und Betrachtungen", ist im EOS Verlag 2020 erschienen und hat 216 Seiten.
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