Warum möchte der Hamburger Erzbischof Dr. Stefan Heße unbedingt die neue Kirchenstreikbewegung, deren Aktionen medial breit dokumentiert wurden, an den "synodalen Wegen" beteiligen? Handelt es sich bei "Maria 2.0" um eine repräsentative Gruppe?

Maria Flachsbarth, die Präsidentin des "Katholischen Deutschen Frauenbundes", dankte am 14. Mai im "Deutschlandfunk" Bischöfen, die den Protest unterstützt oder zumindest damit sympathisiert haben. Sie wiederholte die Forderungen und analysierte sozusagen die Situation der Kirche. Vor allem bedauerte Frau Flachsbarth auch, dass sich besonders junge Frauen von der Kirche abwenden würden.

Wer sich die Fotos zu den Aktionen von "Maria 2.0" aufmerksam anschaut, erkennt tatsächlich, dass zumeist Damen und auch einige Herren in den sogenannten besten Jahren mitmachten. Junge Gesichter waren kaum zu sehen. Bei der Mahnwache, die parallel zum Eröffnungsgottesdienst der Bischofskonferenz in Lingen abgehalten wurde, verhielt es sich übrigens sehr ähnlich. Viele der Protestierenden werden sicherlich im Lauf ihres Lebens treu ehrenamtliche Dienste ausgeübt haben. Die meisten werden sich auch weiterhin vor Ort engagieren. Wenn eine positive Mitwirkung von Weltchristen in den Gemeinden vielleicht nicht anerkannt oder gewürdigt wurde, dann ist das bedauerlich und unverständlich. Berechtigt aber der wie auch immer subjektiv begründete Unmut darüber, dass sich die römisch-katholische Kirche als Stiftung Jesu Christi von protestantischen Kirchengemeinschaften unterscheidet, eine Protestbewegung wie "Maria 2.0" zu gründen und deren Forderungen gewissermaßen als zeitgemäß-repräsentativ katholisch zu begreifen?

Der Instrumentalisierung der Gottesmutter widersprach der Münsteraner Bischof Dr. Felix Genn, ebenso der Aktion "Kirchenstreik". Wie viele katholisch aufgeklärte Frauen (und Männer) mögen eine solche Form der Vormundschaft, wie sie von klassischen Protestgruppen wie "Wir sind Kirche" oder neuen Formationen wie "Maria 2.0" mit markigen Thesen und bekannten Forderungen praktiziert wird, überhaupt für sinnvoll halten? Wer mehr darüber wissen möchte, informiere sich über die Initiative "Maria 1.0".

Frau Flachsbarth sagte dem "Deutschlandfunk": "Vielen katholischen Frauen platzt jetzt der Kragen." Stimmt genau, nur ganz anders als vermutet – sichtbar wird das an einem ebenso hellsichtigen wie scharf formulierten, unbedingt lesenswerten Beitrag, den die junge Katholikin Anna Bineta Diouf verfasst hat, klug, forsch und freimütig. Sie fühlte sich offenbar ganz und gar nicht von "Maria 2.0" vertreten:

"Wie immer kommen die Angehörigen der kirchensteuerfinanzierten deutsch-katholischen Individualkirche einfach zu spät in ihrem Ansinnen, den Zeitgeist zu umarmen. Er ist bereits weitergezogen. Das erinnert an eine Uroma, die »Voll geil, ey« sagt. Hm… neee."

Ja, dachte ich, die Kirche ist jung, und die Kirche lebt! Natürlich könnte man bei solchen Protestaktionen junge Katholikinnen wie Frau Diouf dazu befragen, wie sie über diese Themen denken. Könnte man wirklich? Vermutlich nicht. Einige, vielleicht sogar die Mehrheit der jungen Katholikinnen könnten diese Aktionen nämlich auch einfach "nicht so cool" finden. Aber nicht deswegen, weil sie, wie Frau Flachsbarth annimmt, "neue spirituelle Wege" gehen möchten – nein, viele junge katholische Frauen und übrigens auch Männer möchten einfach nur römisch-katholisch und nicht regional-neukatholisch sein. Sie feiern lieber die heilige Messe mit als sich draußen vor der Tür zu einer Wortgottesfeier zu versammeln, weil sie von der Sehnsucht nach der Begegnung mit Gott erfüllt sind. Sie sind hungrig nach dem Brot des Lebens.

Davon abgesehen: Viele junge und nicht wenige ältere Katholikinnen und Katholiken haben sich von den öffentlich wahrgenommenen Verbänden der Kirche auf gewisse Weise auch emanzipiert. Ein Beispiel dazu. Vor einigen Jahren hörte ich einen evangelischen Studenten, der repräsentativ auf eine Wortmeldung aus dem "Zentralkomitee der deutschen Katholiken" verwies, mit den Worten: "Die Katholiken heute wollen…" Ich zuckte mit den Achseln. Der Protestant staunte. "Ist das denn nicht die öffentliche Stimme der Katholiken in Deutschland?" Wissen Sie, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, zu welchem Zeitpunkt die nächsten Wahlen für das "Zentralkomitee der deutschen Katholiken" anstehen?   

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