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Zum Osterfest der russisch-orthodoxen Kirche: Über das Jesusgebet

Ikonen-Ei in Form eines Klappaltars aus Russland – ausgestellt im Stadtmuseum Schwabach (Mittelfranken).

Die erste und wichtigste Bezugsperson für einen Christenmenschen ist Jesus Christus. Ihm begegnet er zuvorderst im Gebet. 

Wenn ein Christ betet, strebt er nicht nach Selbsttransparenz, sucht nicht nach dem innersten Kern seiner selbst. Das ist legitim, aber der Christ sucht etwas anderes. Das Gebet  des Christen ist vor allem Begegnung mit einem Anderen: die transzendente Begegnung mit Gott.“ (Papst Franziskus) 

Gleichzeitig bezeichnet der Papst Jesus Christus als die „große Tür, durch die das Gebet eines Getauften“ gehe. Somit erfolge für den Christen „der Eintritt in die Meditation über die Tür Christi“. 

Somit ist nicht jede X-beliebige Meditationsmethode für den Christen opportun oder sogar schädlich. Stattdessen sollten Christen zuerst eine innige Beziehung zu Jesus aufbauen. Eine besondere Form dies zu tun ist der Weg durch das Jesusgebet. 

„Wir alle können etwas von der Beharrlichkeit des russischen Pilgers lernen, der in einem berühmten Werk über Spiritualität erwähnt wird und der die Kunst des Gebets erlernte, indem er immer wieder dieselbe Anrufung wiederholte: ‚Jesus Christus, Sohn Gottes, Herr, erbarme dich unser, Sünder!‘“

Mit diesen Worten von Papst Franziskus erinnerte er an das Buch „Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers“.

Das Buch besteht ursprünglich aus zwei Teilen und wurde erstmals 1974 vollständig in deutscher Sprache herausgegeben. Emmanuel Jungclaussen (1927-2018), Mönch von Niederaltaich, einem Kloster des Benediktinerordens, dem er von 1989-2001 als Abt vorstand, und in dem neben der römischen auch die byzantinische Liturgie der ostkirchlichen Tradition gepflegt wird, war sein Herausgeber. Er schreibt in seinem Vorwort:

„Der Mensch verlangt nach Anerkennung und Führung. Wer aber kann die Führung übernehmen? Nur wer in eigener Erfahrung um den himmlischen Ursprung des Menschen weiß und dieses Wissen im anderen zu bestätigen oder zu wecken und zur Antriebskraft zu einem neuen Leben zu machen vermag.“

In den Erzählungen des russischen Pilgers geht es um die Aufforderung Jesu im 1. Brief an die Thessalonicher: „Betet ohne Unterlass!“ (5,17). Auf der Suche, wie er in diesem Aufruf Jesu folgen könne, lernt der Pilger das Jesusgebet kennen. Dabei wird er angeleitet und geführt von heiligmäßigen Starzen, Mönche und Einsiedler, die ihn lehren, allezeit mit seinem Herzen zu beten. Das Jesusgebet auch Herzensgebet genannt.

Die menschliche Hinwendung zu Gott vollzieht sich zuerst und wesentlich im Gebet. Es beginnt mit dem gesprochenen Wort, nämlich dem wörtlichen beten. Schon hierbei darf man nicht nachlässig werden und muss bei der Sache bleiben; eine Aufrechterhaltung des Willens, die Konzentration, dies wirklich zu wollen, ist unerlässlich. Wenn dann Gott seine Gnade ausgießt, schenkt er sowohl Kraft wie Ausdauer, damit der Pilger im Herzensgebet voranschreitet und allezeit betet.

Das zunächst nur gesprochene Gebet ist aber ohne die Einbeziehung des Verstands nur ein Dahinsagen, ein plappern. Es muss aufmerksam gesprochen werden damit es so in das Herz des Betenden gelangen kann. Wenn das Gebet, das einfache Gebet, einmal im Herzen verankert ist, kann das Herzensgebet ohne große Mühe auch bei der Beschäftigung mit den notwendigen Dingen des Alltags weitergeführt werden: das unablässige Beten.  

Die weisen Lehrer des Jesusgebetes empfehlen deshalb dazu ein kurzes, intensives, sich ständig wiederholendes Gebet. Dabei kommt die höchste menschliche Gabe zum Tragen, - der menschliche Geist. Diese Geisteskraft, die den Menschen von jeder anderen Kreatur unterscheidet, befähigt ihn zur Ausrichtung auf Gott.

Das Herzensgebet wird auch, vor allem in der Ostkirche, „noetisches Gebet“ (von griech. nous = Geist) bezeichnet. Die geistlichen Väter (der frühen Kirche wie der Ostkirche) treffen in Sachen Wertigkeit von Verstand und Herz eine klare Unterscheidung. Der Verstand kann etwas erkennen, aber nichts verändern. Das Herz ist jedoch dazu in der Lage: im Herzen kann etwas wachsen und reifen, es kann das Wesen eines Menschen von Grund auf verändern.

Das Jesusgebet ist heute weltweit bekannt. Es wird von vielen Menschen aller möglichen christlichen Denominationen gebetet, - oder besser geübt. Denn das Jesusgebet muss immer und ständig (ein)- geübt werden.

Das uns vorliegende Buch, wird in der nun erstmals erschienenen deutschen Ausgabe als „reichhaltigste Sammlung“ über die Praxis dieses Gebetes bezeichnet wird. Es handelt sich um eine Sammlung von Schriften zahlreiche geistlicher Lehrer. Die Übersetzerin aus dem Russischen, Frau Helena Hennes-Wanin, schrieb in ihrem Vorwort am 1. Februar 2021: 

Die Idee, dieses Buch zu übersetzen, kam von meinem geistlichen Vater […]. Ich nahm vor mehr als fünf Jahren seinen Vorschlag mit Begeisterung als Gehorsam auf. Die vorliegende Übersetzung betrachte ich auch als Geschenk an Deutschland, dargebracht aus Dankbarkeit […].“ 

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Ihre Übersetzung des 350-seitigen Buches „Noёtische Arbeit - Über das Jesusgebet“ ist ein „Sammelband mit Belehrungen der Heiligen Väter und der erfahrenen Beter“. Chariton Dunayev veröffentlichte die erste Fassung seines Buches im Jahr 1936. Er war Abt des Klosters Walaam, weshalb diese Sammlung auch als „Walaam-Sammlung“ bezeichnet wird.  

Der Sammelband über das Jesusgebet beinhaltet etwa 400 Sprüche heiliger Väter und zeitgenössischer Asketen sowie von anderen Praktikern des Jesusgebetes. Der Leser erhält vielfältige Informationen und Anregungen über das Gebet, sein Wesen und wie man es lernen kann. Und er lernt vor allen Dingen zu verstehen, was der Geist eines in der Demut seines Herzens betende Christ erlebt und durchlebt.

Wer bereit ist, dieses Buch zu erwerben, wird es entweder nach wenigen Seiten wieder weglegen, oder er lässt sich auf darauf ein und erwirbt ein Werk, das er für lange Zeit in Händen hält und geistig durcharbeitet. Er lernt verschieden Weisen des Gebets kennen, ihre verschiedenen Stufen und er erfährt den Kern vom Wesen des christlichen Lebens. Dass hierzu auch der Kampf mit den Leidenschaften gehört, mit dem Arbeiten an sich selbst, ist in der modernen katholischen Welt leider in Vergessenheit geraten. 

Einer jener Ratschläge lautet wie folgt:

„Wenn Ihr Herz in Gotteswärme erglüht, dann erst beginnt Ihre eigentliche innere Umgestaltung. Jener Feuerfunke wird in Ihnen alles durchbrennen und umschmelzen, anders gesagt – alles zu vergeistigen beginnen, bis es gänzlich vergeistigt ist. Solange jenes Flämmchen nicht da ist, wird es keine Vergeistigung geben […]. Sorgen Sie also dafür, alle Mühe darauf zu richten. Dies aber sollen Sie wissen: Das Flämmchen wird nicht erscheinen, solange die Leidenschaften in Kraft bleiben, selbst wenn man ihnen nicht nachgibt.“

CNAdeutsch veröffentlicht diesen Beitrag am Osterfest der russisch orthodoxen Kirche und ruft den Gläubigen zu: „Christos voskrese!“ – „Christus ist auferstanden!“



“Noёtische Arbeit - Über das Jesusgebet. Sammelband mit Belehrungen der Heiligen Väter und der erfahrenen Beter.” ist im Verlag Edition Hagia Sophia erschienen und hat 352 Seiten.

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