17 August, 2023 / 7:00 AM
Es war nicht die Forderung des ehemaligen Vorsitzenden des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), verheiratete Männer zu Priester zu weihen, die Aufsehen erzeugt hat. Das hatte sich ja auch der Erzbischof von Brisbane in Australien, Erzbischof Mark Coleridge, gewünscht. Sein Interview mit einer Tageszeitung am anderen Ende der Welt hatte den Stein ins Rollen gebracht.
Vorgetragen wurde der Wunsch, verheiratete Männer der australischen Ureinwohner zu katholischen Priestern weihen zu dürfen. Der Erzbischof äußerte seine Hoffnung auf eine Ausnahmeregelung des Vatikans. Die jahrhundertealte Kirchenvorschrift des Pflichtzölibats für Priester werde „sehr wahrscheinlich“ letztendlich vom Vatikan geändert. Bisher habe es einen einzigen indigenen Priester in Australien gegeben, der sein Amt aber nach relativ kurzer Zeit wieder verlassen habe. In diesen Kulturen gebe es keine Chance, Interessenten für den geistlichen Beruf mit Zölibat anzuwerben.
Die Not des australischen Erzbischofs ist erklärbar, und es gibt Gründe, die Vor- und Nachteile des Zölibats abzuwägen. Nur: Hierzulande werden die Pro-Gründe öffentlich wenig erwähnt. In ihrer langen Geschichte ist die Kirche immer wieder mit derartigen kulturellen Hindernissen konfrontiert worden. Dennoch hat die westliche Kirche an der Ehelosigkeit der Priester festgehalten.
Kein Mensch kann „in persona Christi” handeln, wenn er nicht dazu berufen und geweiht wird. Es gibt kein Recht auf Weihe, das zuerkannt oder abgesprochen werden kann, sondern sie wird aufgrund einer bestätigten Berufung Gottes vorgenommen. Gott beruft frei nach seinem Willen.
Jesus hat – nach langem Gebet – die Personen ausgewählt, die er zu seinen Aposteln machen wollte. Auch heute entscheidet die Kirche, ob ein Bewerber zur Weihe zugelassen wird.
Der Priester handelt „in persona Christi“. Die Lebensform Jesu war ehelos. Wer also um des Himmelreiches willen unverheiratet bleibt, folgt ihm in besonderer Weise nach. Dieses Zeugnis stärkt das Amt, das der Priester ausübt, und seine Glaubwürdigkeit. Noch auf der Amazonas-Synode 2019 wurde über den Pflichtzölibat diskutiert. Papst Franziskus, der als Südamerikaner mit dem Priestermangel in Teilen der Weltkirche vertraut ist, hat sich gegen eine Lockerung entschieden.
Ex-ZdK-Präsident Thomas Sternberg zeigt indes keinen Ansatz einer Abwägung, im Gegenteil. Er verbindet seine Forderung mit Beleidigungen. Wörtlich sagte er in einem Interview mit dem Kölner Domradio: „So wie ich den Vatikan und seine unglaublichen Beharrungskräfte und Borniertheiten einschätze, kommt man nur weiter, indem man vollendete Tatsachen schafft.“
Damit folgt er einem beliebten Narrativ, die vatikanische Kurie als ewiggestrig darzustellen – nur ist diese in Deutschland verbreitete Erzählung nicht objektiv, sondern interessengeleitet. Wer das Glück hat, eine Anzahl von Kurienkardinälen persönlich kennenzulernen, ist denn auch leicht vom Gegenteil überzeugt.
Weil diese reale Erfahrung hierzulande aber wenig verbreitet sein kann, lassen sich leicht andere Gerüchte streuen. Mit christlicher Haltung hat das nichts zu tun! Auch nicht mit Seriosität. Allein die beleidigende Form reicht aus, um sich ein Bild von der Glaubwürdigkeit des Anklägers zu bilden.
Es kommt aber noch drastischer. Thomas Sternberg argumentiert weiter: „Ich frage mich, warum nicht drei, vier Bischöfe einmal den Mut haben, besonders ausgewählte gute Diakone, theologisch ausgebildet, alles sauber, geklärt und organisiert, einfach mal zu weihen?“ – Wie bitte? „Einfach mal zu weihen“? Mit diesen Worten verliert Thomas Sternberg (erneut) jede Berechtigung, ernst genommen zu werden. Kirche – ein Selbstbedienungsladen? Mit dem Prinzip „einfach mal“ lässt sich keine Gemeinschaft organisieren. Kein Kegelverein, und schon gar nicht die katholische Kirche mit 1,4 Milliarden Gläubigen weltweit.
Thomas Sternberg war von 2015 bis 2021 Präsident des ZdK und maßgeblich beteiligt an der Initiierung und Gestaltung des Synodalen Wegs. Das verleiht seiner Stimme zunächst Gewicht. Der Eindruck, den er mit seinen ungewöhnlichen Äußerungen zum ungeordneten Vorpreschen in strittigen kirchlichen Fragen erweckt, fällt auf seine Amtszeit und die damit verbundenen Aufgaben zurück. Dem Ansehen des Laienkatholizismus hat er damit einen schlechten Dienst erwiesen. Dem Bild, das sich inzwischen immer manifester über „die Deutschen“ in der Weltkirche bildet, hat er eine weitere, sehr fragwürdige Note hinzugefügt.
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