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Interview: Was passiert, „wenn die Wahrheit in der Klarheit verkündet wird“?

Ralph Weimann

In dieser Woche erscheint das Buch „Klarheit durch die Wahrheit. Beiträge zur Erneuerung des Glaubens und der Kirche“ im Media Maria Verlag. CNA Deutsch sprach mit dem Priester und zweifach promovierten Theologen Ralph Weimann, der in Rom lehrt, über sein neues Werk.

Ihr neues Buch heißt „Klarheit durch die Wahrheit“. Das sind zwei Begriffe, die man nur noch selten hört. Warum mangelt es heute sowohl an Klarheit als auch an Wahrheit?

Nicht wenige Menschen meinen, die Wahrheit sei zu groß für sie, nahezu unerreichbar, andere behaupten, es sei Anmaßung, von Wahrheit zu sprechen. Doch ohne Wahrheit gibt es keine Klarheit, ohne Wahrheit gibt es auch keinen katholischen Glauben, zumal sich Jesus Christus als die Wahrheit (vgl. Joh 14,6) geoffenbart hat. Die Wahrheit, so heißt es im Evangelium, macht frei (vgl. Joh 8,32), denn der Mensch ist kein blind Geborener, sondern er soll „zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (2 Tim 3,7). Daher sah ich es als einen Dienst an der Wahrheit an, dieses wichtige Thema in dem vorliegenden Buch einem weiteren Publikum bekannt zu machen.

Wenn man in alte theologische Lehrbücher schaut, findet man klare Definitionen und eine logische Darstellung von Argumenten. Manchmal hört man die Auffassung, man sei damals der Ansicht gewesen, Gott verstehen zu können, der aber natürlich den menschlichen Verstand übersteigt. Sie selbst erwähnen etwa die Vorwürfe von „Rückwärtsgewandheit“ und „Rigorismus“. Gibt es also eine Grenze von Klarheit und Wahrheit?

Wer meint, Gott zu verstehen, der versteht nicht Gott. Dies war eine Annahme, die schon bei den Kirchenvätern verbreitet war. Das heißt aber nicht, dass wir nicht das verstehen können, was Gott geoffenbart hat. Denn das Wesen der Offenbarung besteht gerade darin, dass Gott Aussagen über sich selbst gemacht hat. Wollte man diese infrage stellen, würde man einer noch grundlegenderen Anmaßung verfallen, als der zuvor geschilderten. Es gibt Klarheit in der Wahrheit, die von Gott geschenkt wird, die wir aber weder besitzen, noch vollständig begreifen, sondern an der wir teilhaftig werden und die wir in zerbrechlichen Gefäßen tragen.

Immer wieder beziehen Sie sich auf Papst Benedikt XVI., gerade auch mit Blick auf die sogenannte „Hermeneutik“. Was meint dieser Begriff, und warum ist er für das Thema des Buches interessant?

Bei der Hermeneutik geht es um die Interpretation von Glaubenswahrheiten, die immer der Vermittlung bedürfen und in die jeweilige Zeit übersetzt werden müssen. In den letzten Jahrzehnten ist es kaum einem Theologen gelungen, sich mit dieser Frage so zielführend und präzise zu befassen wie Papst Benedikt XVI. Deswegen dienen seine Ausführungen als Referenzpunkt, um Antwort auf diese wichtige Frage zu geben. Um es in aller Kürze zu sagen: Nur einer Interpretation des Glaubens in Kontinuität mit der Kirche, die alle Jahrhunderte umfasst, kann wahre Reform gelingen. So unterscheidet sie sich von einer De-Formation.

„Die katholische Kirche ist nichts anderes als die Gemeinschaft derjenigen, die in der Wahrheit verbleiben“, schreiben Sie in einem Kapitel über die Einheit im Glauben. Was bedeutet das für die Ökumene, die gerade im deutschsprachigen Raum von höchster Stelle vorangetrieben wird – sogar bis hin zur „eucharistischen Gastfreundschaft“, wie es dann heißt?

Grundlage für die Ökumene ist eine klare Identität, ohne die jedes Ringen um Einheit zur Farce würde. Darauf hatte das Zweite Vatikanische Konzil in der dogmatischen Konstitution Lumen gentium hingewiesen und dieses Selbstverständnis der katholischen Kirche ins Stammbuch geschrieben. Wenn im Gespräch mit anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften daran Maß genommen würde, wäre das keineswegs ein Hindernis, sondern die Grundlage für das gemeinsame Streben nach Einheit. Auch in diesem Kontext erweist sich Klarheit in der Wahrheit keineswegs als Hindernis, sondern als ihr existentieller Seinsgrund.

Sie belassen es nicht bei einer Kritik der Zustände, sondern liefern auch Antworten, wie der Buchtitel es bereits formuliert. Was heißt „Klarheit durch die Wahrheit“ konkret für die Wiederbelebung des Glaubens im deutschsprachigen Raum?

Klarheit durch die Wahrheit bedeutet, dass wir neu lernen müssen, Gottes Wort zu vertrauen. Sein Wort ist weder Mittelmaß, noch Grauzone, noch Kompromiss. Um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen ist Jesus Christus am Kreuz gestorben, dies ist der unverrückbare Maßstab. Daher ist die Wahrheit Christi ihrem Wesen nach unbequem, sie eckt an und fordert heraus. Es gehört zweifellos zu den größten Hindernissen für eine Erneuerung des Glaubens und der Kirche, die Anstößigkeit der Wahrheit relativiert, schön geredet und letztlich verleugnet zu haben. Die Größe, Schönheit und Attraktivität des Glaubens werden erst dann wieder zum Tragen kommen, wenn die Wahrheit in der Klarheit verkündet wird.

Das Buch „Klarheit durch die Wahrheit. Beiträge zur Erneuerung des Glaubens und der Kirche“ von Ralph Weimann kann HIER bestellt werden.

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