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Unterwegs zu Christus

Blick auf Christus vom Boden einer Kathedrale

Vor wenigen Wochen noch sorgte der "Synodale Weg" für anregende, auch erregte Debatten. In manchen Hirtenworten, die in diesen Tagen verkündet werden, sind nachdenkliche Überlegungen unserer Bischöfe zum Weg der Kirche noch sehr präsent. Andere setzen geistliche Akzente, mitten auch in säkularen Bedrohungsszenarien. Sorgenvolle Blicke richten sich auf das sich ausbreitende Corona-Virus. Fürchtet euch nicht? Vielleicht nicht im Ganzen, aber vor Quarantäne, schweren Krankheiten und dem Leid lieber Mitmenschen ängstigen wir uns sehr wohl. Ebenso vermehrt die Lage der Migranten und Flüchtlinge in der Türkei und an der Grenze zu Griechenland den Trübsinn. Wer wollte nicht an das Wort von Pius XII. vom 24. August 1939 denken: "Nichts ist mit dem Frieden verloren, aber alles kann mit dem Krieg verloren sein."

Vor der Situation einer lähmenden Traurigkeit – der verheißene Messias war verurteilt und verhöhnt worden, ans Kreuz geschlagen und gestorben – standen die Jünger am Karfreitag. Kleine Kinder fürchten sich, wenn ihre Eltern vorübergehend nicht zu Hause sind. Sie können diese Situationen kaum beschreiben und noch weniger fassen: Ist Papa fort? Wann kommt Mama endlich zurück nach Hause? Denken wir weiter darüber nach. Sehnsüchtig erwartet wurde im Zweiten Weltkrieg die Feldpost. Wie oft blieben diese Nachrichten aus. Hitlers Krieg dauerte an. Familien wurden entzweigerissen. Die Opfer des NS-Regimes trugen unvorstellbares Leid. Viele Kinder blieben verwaist, aber auch viele Eltern.

Auch wir schauen heute zuweilen sorgenvoll zum Himmel hin. Hört der Herr uns zu? Erkennt Er unsere Not? Warum wendet Er sich uns nicht zu? Der Hildesheimer Bischof Dr. Heiner Wilmer hat diese Erfahrungen, die Menschen zu allen Zeiten auf ihrem Weg durchs Leben machen, in sein neues Hirtenwort aufgenommen: "Immer wieder kommt auf diesem Weg die Grundfrage auf: Ist der Herr bei uns? Geht ER mit uns? Nicht selten kommt die Angst hoch: Er ist nicht mehr da! Wir können IHN nicht spüren!"

Viele von Ihnen werden sich, so wie ich, noch an die blühende Zeit der Volkskirche in Deutschland erinnern. Zuweilen neigen wir auch dazu, vergangene Epochen sentimental und nostalgisch zu verklären. Wir wissen von Angehörigen, die sich vom Glauben der Kirche abgewandt haben. Mit den Themen, die auf dem "Synodalen Weg" diskutiert werden, hat das meist nichts zu tun. Viele kamen zunächst, dann aber nicht mehr. Sie sind einfach so ausgezogen. Vergessen wir nicht, für sie zu beten. Das ist unsere Aufgabe. Werden wir einmal die Letzten sein? Das wäre Pessimismus. Doch Resignation scheint nicht zu der Botschaft der Erlösung zu passen. Wir müssen auch nicht Vorbehalte und Ressentiments austauschen oder vermehren. Aber können wir einander noch zuhören? Oder verschließen wir uns, voreinander und vor Gott? Öffnen wir uns ganz, als Person, für Gott? Bischof Wilmer empfiehlt, dass die Christen und sicherlich auch die Suchenden einander ihre Lebens- und Glaubensgeschichten erzählen: "Der Weg der Emmausjünger beginnt mit dem Erzählen. Sie sind geprägt von verlorenen Hoffnungen und Verheißungen, sie wollen sich zurückziehen in ihr altes Leben: desillusioniert, zornig, unglücklich. Und dennoch: Sie tauschen sich aus, sie öffnen ihren Schmerz füreinander, sie trauern gemeinsam, sie teilen ihre Ratlosigkeit. Überall da, wo dies geschieht, öffnet sich eine neue Dimension, vor allem dann, wenn wir nicht unter uns bleiben, sondern unsere Herzen öffnen mit all dem, was uns bewegt."

Oft leben wir als Kirche in veräußerlichten Formen – und das kann genauso eine kreativ gemeinte, scheinbar jugendlich gestaltete Liturgie wie ein prächtiger, festlicher Gottesdienst mit sehr viel Weihrauch, Orgeldonner und kräftigem Volksgesang sein –, aber die Fremdheitserfahrungen und Entfremdungsprozesse dauern an. Manche fühlen sich vielleicht belebt von Strukturdebatten, die meisten aber nur ermüdet. Wer seine Agenda abarbeitet, öffnet sich nicht für andere.

Darum auch wirbt Papst Franziskus unermüdlich für die Neuevangelisierung. Hören wir ihm zu? In diesem Geist wirbt Bischof Wilmer hierfür: "Auch auf unserem Weg geht es darum, dass uns die Schrift durchsichtig und klar wird und uns so unseren Weg weisen kann. Dabei reicht es nicht, sie nur zu lesen. Es geht um das Hören, um das gemeinsame Hören. Im gemeinsamen Hören der Schrift spricht der Herr selbst." Lassen wir uns auf das Wort Gottes ein? Begeben wir uns in die sakramentale Gegenwart des Herrn, wenn wir beichten? Wissen wir wirklich, was wir tun, wenn wir sagen: "O Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach …" Die Kirche, das betrifft die Bistümer ebenso wie die Pfarrgemeinden vor Ort, entdeckt sich vielleicht neu als Weggemeinschaft, nicht als Klub der progressiven, liberalen oder traditionalistischen Bekenner. Das Wesentliche machen wir nicht selbst, sondern der Herr tut es, weil Er uns aus unserer Trägheit, Gewohnheit und Stumpfheit herausrufen, ja herausreißen möchte. Weil Er sich zeigt, auf eine Art, die wir nicht erzwingen können. Seine Gegenwart erleben wir in der Feier der heiligen Eucharistie. Mit dem Sakrament des Altares empfangen wir den Leib des Herrn. Das ist die Herzmitte der Kirche. Von hier aus werden wir als Zeugen des Herrn in die Welt gesandt. Dieser Aufbruch vollzieht sich ganz leise, ohne Pauken und Trompeten. Wilmer formuliert weiter: "Auch uns wird diese auf-brechende Gegenwart des Herrn immer wieder geschenkt. Auch unser Weg ist ein Weg, unsere Erfahrungen, auch die schwierigen, zu teilen. Auch unser Weg ist ein Weg des Zuhörens: Hören wir aufeinander. In unseren Familien, in unseren Gemeinden. In unserer Kirche. Und vor allem: Hören wir – gemeinsam – auf Gott. ER wird uns auf-brechen."

Peter Seewald stellte vor langer Zeit Kardinal Joseph Ratzinger die Frage: "Wie viele Wege gibt es zu Gott?" Der Präfekt der Glaubenskongregation antwortete damals darauf: "So viele, wie es Menschen gibt." Ich denke immer wieder gern an den guten Schächer am Kreuz.

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