Wiesbaden, 26 September, 2023 / 6:18 PM
Der Missbrauch ist seit Jahren beherrschendes Thema für die Katholische Kirche, auch und gerade in Deutschland. Die Bischöfe stehen dabei jedoch nicht nur vor dem Problem sexueller Gewalt und dessen Vertuschung, sondern auch vor dem Problem des Geistlichen Missbrauchs: Dieser steht prominent auf der Tagesordnung der derzeitigen Vollversammlung der 65 deutschen Bischöfe in Wiesbaden.
Aber was steckt hinter dem Begriff?
Der neu gewählte stellvertretende Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz erklärte am heutigen Dienstag im Interview mit dem katholischen Fernsehsender EWTN.TV: "Als Christen glauben wir, dass bei allem was wir aussagen können über Gott und über den Menschen — was wir erkennen können — sowohl Gott als auch Mensch wesentlich Geheimnis sind. Und geistlicher Missbrauch verkennt diesen Geheimnischarakter Gottes oder den Geheimnischarakter des Menschen, oder eben beides."
Diese führe dazu, "dass eine Autorität sagt: Ich weiss genau, was Gott von Dir will. Oder: Ich weiß besser, wer Du bist, als Du das selber weißt."
"Die großen geistlichen Traditionen — etwa des heiligen Ignatius mit Blick auf die Exerzitienbegleitung", betonte Gerber, würden dagegen dem Menschen immer dabei helfen, etwa sich selber besser durch Fragen zu erkennen, oder zu erkennen, was Gott von ihm wolle, und dann selber eine Entscheidung zu treffen: "Nicht diese Entscheidung jemandem abzunehmen".
Das christliche Menschenbild ist nicht nur beim Thema Missbrauch bei der Vollversammlung angeklungen: Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, hat in seinem Grußwort an die deutschen Hirten die biblische Anthropologie verteidigt, also das in der Heiligen Schrift begründete Verständnis des Menschen, wie CNA Deutsch berichtete.
Die deutschen Bischöfe treffen sich vom 25. bis 28. September in Wiesbaden zu ihrer Herbst-Vollversammlung. Neben dem umstrittenen Synodalen Weg stehen auch die Synodalitätsynode in Rom und eben das Thema Geistlicher Missbrauch auf der Tagesordnung.
Am heutigen Dienstag wurde deshalb in Wiesbaden die Arbeitshilfe Missbrauch geistlicher Autorität – Zum Umgang mit Geistlichem Missbrauch in einem Pressegespräch vorgestellt.
Es sei notwendig, betonte Bischof Gerber vor Journalisten, für dieses Thema zu sensibilisieren und entsprechend auch geistliche Begleiter auszubilden.
Von wegen Männerdomäne?
Geistlicher Missbrauch betrifft gerade auch erwachsene Frauen und Männer. Daran erinnerte die Vorstellung einer Studie zum Thema durch Bischof Peter Kohlgraf bei der Pressekonferenz: Der Mainzer Oberhirte schilderte die wissenschaftliche Aufklärung der Problematik in deutschen Bistümern, aber auch konkrete Begleitung Betroffener.
"Um Betroffenen helfen zu können, haben zahlreiche Bistümer inzwischen eigene Ansprechpersonen für den Bereich des
Geistlichen Missbrauchs benannt", so Kohlgraf.
Gleichzeitig gebe es die Anlaufstelle www.gegengewalt-inkirche.de, so der Mainzer Bischof. "Über diese Seite können Betroffene mit den Beratern und Beraterinnen in Kontakt kommen und weitere Informationen zur Beratungsstelle abrufen."
"Die Berater und Beraterinnen begleiten verstärkt Frauen auf dem Weg der Aufklärung und Aufarbeitung ihrer Missbrauchserfahrungen. Die große Mehrzahl der Betroffenen (vor allem Ordensfrauen) erfuhr geistliche oder psychische Gewalt oder Ausbeutung. Nur etwa zehn Prozent berichteten von sexualisierter Gewalt in Form von sexuellen Übergriffen oder Vergewaltigung", so Kohlgraf weiter.
(Die Geschichte geht unten weiter)
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Die Frage der Sensibilisierung betrifft das Phänomen offenbar grundsätzlich: Auf die Frage, woran es liege, dass Frauen nicht nur oft Betroffene seien, sondern offenbar auch Täterinnen — zumal dieses Phänomen offenbar in weiblichen Ordensgemeinschaften vorkomme — betonte die Bischofskonferenz, dass man sich darüber noch weiter informieren werde.
Bischof Kohlgraf sagte in der Pressekonferenz, auch Männer hätten sich vermehrt an die Anlaufstelle gewandt, um von ihren Erfahrungen zu berichten. "Auch wenn sich die Anlaufstelle primär an betroffene Frauen richtet, ist in Rücksprache mit der Arbeitsstelle für Männerseelsorge und Männerarbeit das Beratungsangebot auch betroffenen Männern zugänglich."
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