Bonn, 20 März, 2024 / 3:30 PM
Welche Themen stehen beim bevorstehenden Treffen der drei römischen Kurienkardinäle mit der Delegation deutscher Bischöfe am 22. März auf der Tagesordnung?
Obwohl über Einzelheiten derzeit geschwiegen wird, hatten die drei beteiligten Kurienkardinäle Parolin, Fernández und Prevost in ihrem Brief vom 16. Februar 2024 bereits angekündigt, dass es um „ekklesiologische Fragen, mit denen sich der Synodale Weg befasst hat, einschließlich des Themas eines überdiözesanen Beratungs- und Entscheidungsgremiums“ geht. Es geht also um die Vollmacht der Bischöfe. Dürfen sie sich von Laien überstimmen lassen?
Fest steht auch, worum es nicht gehen wird. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hatte in einer „Note“ vom 23. Oktober 2023, die allen deutschen Diözesanbischöfen vorliegt, bereits mitgeteilt, was nicht verhandelbar ist: die den Männern vorbehaltene Priesterweihe und die Bewertung homosexueller Handlungen. Bei diesen Themen gebe es „keine Möglichkeit, zu einer anderen Beurteilung zu gelangen“.
Die römische Kurie wird auch nicht von ihrem Verständnis von Synodalität abrücken, das sich nach den Worten von Papst Franziskus nicht mit dem in Deutschland gewünschten Parlamentarismus in Übereinstimmung bringen lässt. Denn Synodalität bezeichnet einen „gemeinsamen Weg“, der auch Minderheiten achtet, während im Parlamentarismus nur Mehrheiten zählen, welche die Minderheit schonungslos beherrschen können. Synodalität setzt vielmehr auf das Wirken des Heiligen Geistes, der in den Mehrheitsentscheidungen des Parlamentarismus nicht vorkommt.
Für die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, gelten allerdings andere Maßstäbe als in Rom. Sie verlangt Mehrheitsentscheidungen in den neu zu geschaffenden Gremien, in denen die Laien die Bischöfe überstimmen können. In mehreren Interviews betonte sie, dass für sie selbst und das ZdK-Präsidium ein Ausstiegsgrund vorliege, falls die gemeinsame Beratung und Entscheidung von Laien und Bischöfen im „Synodalen Rat“ nicht verwirklicht werde.
Diese Idee rüttelt an den wesentlichen Grundlagen der katholischen Kirche und deckt Wesensunterschiede zum evangelischen Glauben auf. In den Beratungen des deutschen Synodalen Wegs hat es Annäherungen an die protestantischen Positionen gegeben, was Papst Franziskus bereits im Mai 2022 in einem Interview zu der Bemerkung veranlasste: „Es gibt eine sehr gute evangelische Kirche in Deutschland. Wir brauchen nicht zwei.“
Warum ist das Thema derart kontrovers? Im Parlamentarismus bildet das Staats- oder Kirchenvolk den Souverän, der entscheidet und von dem sich die Macht ableitet. Die katholische Kirche kennt seit ihren Anfängen allerdings einen anderen Ansatz: Jesus suchte sich nach intensivem Gebet zwölf Männer aus, die er zu Aposteln beruft und bei seiner Himmelfahrt beauftragt, das Evangelium unverändert weiterzugeben. Bis heute gelobt dies jeder katholische Bischof feierlich bei seiner Weihe und bekräftigt die apostolische Nachfolge. Sein Auftrag leitet sich von Jesus ab, nicht vom Kirchenvolk.
Das Zweite Vatikanische Konzil hat zudem eine klare Aufgabentrennung bestimmt: Das bischöfliche Lehramt entscheidet in der Auslegung der Glaubens- und Sittenlehre, und die Laien gestalten den Weltdienst in Politik und Gesellschaft. Sie halten sich dabei an die Lehre der Kirche, handeln darin aber selbständig. Gleichzeitig hat das Konzil den Laien eine Beratungsaufgabe zugedacht.
Das deutsche ZdK will mehr: Es möchte über den Weltdienst hinaus bei allen wichtigen bundesweiten Themen mitentscheiden und mit Mehrheit die Bischöfe überstimmen können. Im Beschluss des Synodalen Weges von der Synodalversammlung am 10. September 2022 heißt es wörtlich: „Der Synodale Rat berät als Beratungs- und Beschlussorgan über wesentliche Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft und trifft auf dieser Basis Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung zu pastoralen Planungen, Zukunftsfragen der Kirche und Finanz- und Haushaltsangelegenheiten der Kirche, die nicht auf diözesaner Ebene entschieden werden.“
Dieses Vorhaben ist auf massive Kritik in Rom gestoßen. In ihrem Schreiben vom 16. Januar 2023 erklärten drei römische Kurienkardinäle, darunter Staatssekretär Pietro Parolin: „Der ‚Synodale Rat‘ würde eine neue Leitungsstruktur der Kirche in Deutschland bilden, die […] sich über die Autorität der Deutschen Bischofskonferenz zu stellen und diese faktisch zu ersetzen scheint.“ Ähnliches gelte für etwaige diözesane Räte.
In dem Schreiben lieferte der Vatikan auch eine Begründung: „Die gewichtigste lehrmäßige Sorge, die sich bereits jetzt auf dem Weg hin zur Kodifizierung dieser neuen Rechtsinstitute zeigt, mit denen sich die Kirche in Deutschland ausstatten will, betrifft die Sendung des Bischofs, wie sie in Nr. 21 der Dogmatischen Konstitution Lumen Gentium dargelegt wird.“ Mit der Bischofsweihe werde die Fülle des Weihesakramentes übertragen, darunter die Ämter der Lehre und der Leitung. Die Bischöfe würden die Aufgabe Christi selbst, des Lehrers, Hirten und Priesters, innehaben und in seiner Person handeln. Die Kurienkardinäle kritisierten gleichzeitig die Zusammensetzung des geplanten Synodalen Rates.
Noch deutlicher hatte der frühere Kurienkardinal Walter Kasper in einer Stellungnahme das Problem beschrieben: „Jedem Bischof wurde bei seiner Bischofsweihe in der Nachfolge der Apostel das Hirtenamt in seiner Diözese übertragen. Auf die Ausübungen dieser sakramental übertragenen Vollmacht kann er ohne Verletzung der ihm persönlich übertragenen Verantwortung nicht nachträglich durch Selbstbindung an einen Synodalen Rat ganz oder teilweise verzichten. Die Theorie vom Selbstverzicht der Bischöfe ist in Wahrheit eine unredliche und in sich widersprüchliche Trickserei. Der Widerstand gegen das römische Schreiben oder seine trickreiche Umdeutung und Umgehung führen entgegen allen gut gemeinten Beteuerungen unausweichlich an den Rand eines Schismas und stürzen das Volk Gottes in Deutschland damit in eine noch tiefere Krise.“
Der Termin am 22. März bildet den Auftakt einer Gesprächsreihe über Themen des deutschen Synodalen Wegs im Vatikan. Allerdings hatte es Gespräche darüber von Kurienkardinälen und deutschen Bischöfen bereits im vergangenen Oktober und Juli sowie beim ad-limina-Besuch im November 2022 gegeben.
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