Theologe Seewald kritisiert Kardinal Woelki: Keine „sektiererischen“ Sonderprojekte

Michael Seewald Michael Seewald

Die Bischöfe sollten sich darauf konzentrieren, die universitäre Theologie zu stärken, statt sie „mit sektiererischen Sonderprojekten zu schwächen“, forderte der Münsteraner Theologe Michael Seewald in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Warum etwa Kardinal Rainer Maria Woelki meine, es brauche in Köln noch einen theologischen Standort mehr, erschließe sich ihm nicht, so Seewald.

Konkret spielte der Theologe damit auf die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) an. Sie ist eine staatlich und kirchlich anerkannte Hochschule mit Sitz in Köln-Lindenthal, die 2020 aus der ehemaligen Philosophisch-Theologischen Hochschule der Steyler Missionare (PTH) hervorgegangen ist. Unter Kardinal Rainer Maria Woelki erfolgte die Übernahme durch das Erzbistum Köln. Ziel war eine zukunftsweisende Theologie, die auf internationalen Austausch und Ökumene ausgerichtet ist. Die KHKT gilt als lehramtstreu, während dies an vielen theologischen Fakultäten an Universitäten nicht immer so ist.

„In Deutschland aber ist die Universität ein wohletablierter Ort zum Theologietreiben, den man vonseiten der Kirche hegen und pflegen sollte“, erklärte der Dogmatiker. Die Theologie profitiere „stark von ihrer Verortung an den staatlichen Universitäten“.

In den meisten Ländern ist die Theologie nicht an staatlichen Universitäten beheimatet. Umgekehrt exisitieren aber, beispielsweise in den USA, viele katholische Universitäten, die neben Theologie auch andere Fächer anbieten.

Zum Konzil von Nizäa im Jahr 325 kommentierte Seewald, dass dem dort formulierten Glaubensbekenntnis zufolge auch der „Vater gebären kann“. Dies zeige, dass „das antike Christentum deutlich weiter gefasste Vorstellungen von den Rollen der Geschlechter hatte als die katholische Kirche heute“.

Die Formel im Glaubensbekenntnis lautet „gezeugt, nicht geschaffen“ und bezieht sich auf die ewige Zeugung des Sohnes innerhalb der Trinität – ein rein geistiger, nicht biologischer Vorgang. Dies diente der Abgrenzung gegen häretische Strömungen wie den Arianismus, der Christus als „geschaffenes Wesen“ verstand.

Der Dogmatiker betonte, dass die heutige Unkenntniss des Glaubens „kirchengeschichtlich aber der Regelfall“ gewesen sei. Lediglich von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts hätte es eine Phase gegeben, „in der die Gläubigen katechetisch so geschult wurden, dass sie die zentralen Formeln der Glaubenslehre zumindest auswendig aufsagen konnten“. Der Theologe dann: „Wenn die Leute heute mit den Formeln der Theologie wenig anfangen können, sind wir kirchengeschichtlich wieder auf dem Normalzustand.“

Die katholische Kirche in Deutschland erlebt derzeit einen dramatischen Rückgang. Die regelmäßige Teilnahme an der Sonntagsmesse sank von 50 Prozent in den 1950er Jahren auf 6,2 Prozent im Jahr 2023. Zudem erreichten die Kirchenaustritte 2022 mit 522.821 Personen einen Rekordwert, was den fortschreitenden Säkularisierungsprozess widerspiegelt.

Weiterhin kam Seewald auf das Priesteramt zu sprechen und sagte, die Verbindung zwischen Weihe und Leitungsgewalt sei „dogmenhistorisch eine Fiktion“. „Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum die Kirche von diesem Baum, auf den sie erst kürzlich gestiegen ist, nicht auch wieder herunterkommen sollte“, erklärte der Theologe.

Die Weihe galt stets als Voraussetzung für die Ausübung von Leitungsgewalt. Das Konzil von Trient (1545–1563) betonte, dass Bischöfe durch die Weihe eine „von Gott verliehene Vollmacht“ besitzen, die nicht alleine auf Jurisdiktion reduziert werden kann. Die Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit auf dem Ersten Vatikanischen Konzil stärkte zwar das Papstamt, beseitigte aber nicht die sakramentale Grundlage bischöflicher Autorität. Die Formel „cum Petro et sub Petro“ implizierte weiterhin eine kollegiale Dimension.

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