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"Die Venezolaner haben keine Wahl"

Venezuelas Bevölkerung leidet unter anderem an den Folgen einer durch galoppierende Inflation eskalierenden Armut und Hunger.
Der Venezuela-Referent des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Reiner Wilhelm, beim Besuch einer Familie in einem Armenviertel der venezolanischen Stadt Coro. In der Pfarrgemeinde kochen die Menschen gemeinsam, um dann insbesondere arme Familien, behinderte und alte Menschen mit Suppe zu versorgen.

"Die Venezolaner haben keine Wahl." Davon ist der Venezuela-Referent des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Reiner Wilhelm, angesichts der Präsidentschaftswahlen in Venezuela am 20. Mai 2018 überzeugt.

"Das Regime um Präsident Nicolas Maduro, aber auch die Opposition sowie die internationale Weltgemeinschaft – alle Seiten bereichern sich auf Kosten des hungernden und leidenden Volkes", kritisiert Wilhelm.

Präsident Maduro, der sich seit dem Tod seines Vorgängers Hugo Chavez mit Hilfe des Militärs an der Macht hält, habe sämtliche Institutionen im Griff: Den Wahlrat, das Oberste Gericht, die Medien, die Verwaltung sowie die große Zahl verstaatlichter Unternehmen. Und das von der Opposition dominierte Parlament sei kurzerhand durch die Einrichtung einer verfassungsgebenden Versammlung entmachtet worden.

"Jeder Gegenkandidat tritt nicht nur gegen den Präsidenten an, sondern gegen Militär, Justiz, Medien und den gesamten Staatsapparat. Wer kann es mit dieser Front korrumpierter Institutionen aufnehmen?", fragt Wilhelm.

Deshalb ständen nur Kandidaten zur Wahl, die auch vom Regime zugelassen wurden. Aber auch die zerstrittene Opposition habe sich nach ihrem Sieg bei den Parlamentswahlen im Dezember 2015 als unfähig erwiesen, alternative Ideen und Personen aufzubauen.

"Die Opposition sitzt im Gefängnis, ist ins Ausland geflohen oder macht mit dem sozialistischen Regime gemeinsame Sache, um sich zu bereichern."

Der Venezuela-Experte prangert aber auch die Untätigkeit der internationalen Weltgemeinschaft an. Denn die Fakten sind klar: 87 Prozent der Bevölkerung leben in Armut, wie eine Studie der drei angesehenen Universitäten in der Hauptstadt Caracas belegt. Die galoppierende Inflation liegt bei mehr als 13.000 Prozent und frisst den Lohn der Angestellten auf.

Medikamente wie Antibiotika oder Insulin stehen für die Bevölkerung nicht zur Verfügung. Erst vor kurzem starb erneut ein Priester wegen fehlender Medizin.

Lediglich die politische und wirtschaftliche Elite – ganz gleich ob aufseiten der Regierung oder weiten Teilen der Opposition – lasse es sich gut gehen. Sie hat mit ihrem Zugang zu US-Dollars und Euros die Möglichkeit, Medikamente, Lebensmittel und Luxusgütern zu importieren. "Dass Europa, die USA und die Vereinten Nationen bis heute die humanitäre Krise nicht auch offiziell anerkennen, lässt nur den Schluss zu, dass sie vom Status-quo profitieren", ist Adveniat-Experte Wilhelm überzeugt.

"Die internationale Gemeinschaft braucht einen nüchternen und ideologie-befreiten Blick auf Venezuela, der die hungernde und notleidende Bevölkerung wieder in den Mittelpunkt stellt. Es ist höchste Zeit, zu handeln."

Die einzige Institution Venezuelas, die noch das Vertrauen der Bevölkerung genießt, ist die katholische Kirche.

"Als einzige echte Opposition im Land setzt sie sich an der Seite der Menschen für politische und soziale Veränderungen ein", so Wilhelm.

In den Pfarrgemeinden werden die wenigen Medikamentenspenden verteilt, die meist nur über verschlungene Wege ins Land kommen.

Für Suppenküchen in den Pfarrgemeinden spenden die Gemeindemitglieder Gemüse, Reis, Nudeln und in manchen Fällen auch Fleisch, um dann gemeinschaftlich zu kochen und das Essen vor allem mit denen zu teilen, die es am dringendsten brauchen.

"Die venezolanische Kirche von der Basis bis zur Bischofskonferenz lebt in der Krise Solidarität und sozialen Ausgleich", stellt Adveniat-Referent Wilhelm fest.

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