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Analyse: Nach Rücktritt des Polizeichefs der Vatikanstadt bleiben viele Fragen offen

Domenico Giani (links) mit dem damaligen Erzbischof Angelo Becciu bei der Parade zum Fest des Erzengels Michael im Vatikan am 5. Oktober 2012

Auf den ersten Blick war sein Rücktritt eine Konsequenz der an die Presse gelangten Informationen über die Razzia im Staatssekretariat und Suspendierung mehrerer Amtsträger und Mitarbeiter. Doch Berichten zufolge rechnete man im Vatikan seit Monaten damit, dass die Zeit des mächtigen Polizei-Kommandanten Domenico Giani abgelaufen war.

Die Pressestelle des Vatikans betonte zudem, dass Giani "keinerlei persönliche Verantwortung" an dem eigentlichen Vorgang hatte.

Wer ist Giani und welche Umstände führten wirklich zu seinem Rücktritt?

Der 57-jährige Italiener ist ein ehemaliger Beamter der Finanzpolizei Guardia di Finanza sowie des italienischen Geheimdienstes. Er wurde vor 20 Jahren von Papst Johannes Paul II. effektiv zum Obersten Leibwächter ernannt.

Auch Benedikt XVI. und Papst Franziskus vertrauten ihm: Giani beschützte die Nachfolger Petri auf fast 70 Reisen. Einige waren hochriskant, vor allem der Besuch Benedikts in der Türkei 2006infolge deren gezielter Fehlinterpretation sowie Instrumentalisierungdurch Kräfte im Vatikan wie auch deutscher Politiker. Auch die Sicherheit von Papst Franziskus in der von Kriegen erschütterten Zentralafrikanischen Republik im Jahr 2015 gewährleistete der versierte Kommandeur.

Der Rücktritt Gianis sei "mysteriös", analysiert der bekannte Vatikanist Edward Pentin im "National Catholic Register". Man habe wohl einen Verantwortlichen gesucht – und Giani könnte aus anderen Gründen entfernt worden sein: Er sei Insidern zufolge zu eng mit der "alten Garde" in Beziehung gestanden und sei aus deren Sicht hinderlich gewesen für die Beseitigung finanzieller und anderer Korruption im Vatikan.

Um welchen Korruptionsverdacht geht es?

Das ganze Ausmaß der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft des Vatikans, bei denen es unter anderem um Luxusimmobilien in London geht, ist noch unklar. Fest steht, dass der Chef der Finanzaufsicht, Tommasso Di Ruzza, suspendiert worden ist – ebenso wie der Chef der Dokumentationsabteilung, Monsignore Mauro Carlino. Neben diesen beiden Amtsträgern wurden drei weitere Personen suspendiert, Computer und Unterlange beschlagnahmt.

Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht – Recherchen der "Financial Times" zufolge – der italienische Kurienkardinal Giovanni Angelo Becciu. Dieser blockierte und verhinderte eine Wirtschaftsprüfung des Vatikans, die der australische Kardinal George Pell angeordnete hatte. Becciu war auch verantwortlich für die dramatische Entlassung des ersten General-Auditors des Vatikans, Libero Milone. Außerdem spielte Becciu eine Schlüsselrolle im Fall des Abtritts des Großmeisters des Souveränen Malteserordens.

Wer ist der neue Polizeichef im Vatikan?

Am gestrigen Dienstag ernannte Papst Franziskus den 45 Jahre alten Gianluca Gauzzi Broccoletti zum neuen Polizeichef des Vatikans. Broccoletti ist seit 1995 in der Gendarmerie des Stadtstaates tätig und seit 2018 stellvertretender Direktor und stellvertretender Kommandant. Der Italiener ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.

Die Vatikanische Polizei – gerne im deutschsprachigen Raum als "Gendarmerie" bezeichnet – arbeitet mit der Päpstlichen Schweizergarde zusammen, die für den persönlichen Schutz von Papst Franziskus zuständig ist. Die Polizei überwacht die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Staat – darunter auch die Informationstechnik (IT), führt strafrechtliche Ermittlungen und Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung durch.

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