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Heiliger Stuhl: Israel und Palästina haben das Recht zu existieren und in Frieden zu leben

Blick auf Jerusalem

Die Vermittlungsarbeit des Heiligen Stuhls ist nicht unter den vier Dingen aufgeführt, von denen die israelische Tageszeitung Jerusalem Post annimmt, sie seien der Grund für die nicht erfolgte Annexion der Gebiete des Westjordanlands durch Israel, die für den 1. Juli angekündigt war. Sicher ist, dass die Begegnung von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin mit den Botschaftern der Vereinigten Staaten und Israels beim Heiligen Stuhl diplomatisches Gewicht hatte.

Das berichtet Andrea Gagliarducci von der ACI Stampa, der italiensichen Schwesteragentur von CNA Deutsch.

Über die Begegnung wurde erst am Abend des 1. Juli in einer kurzen Mitteilung des Presseamtes des Heiligen Stuhls berichtet, in der es heißt, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin habe sich mit den Botschaftern der Vereinigten Staaten Amerikas und des Staates Israels getroffen, um "die Besorgnis des Heiligen Stuhls über mögliche einseitige Maßnahmen auszudrücken, die die Suche nach Frieden zwischen Israelis und Palästinensern und die heikle Situation im Nahen Osten weiter gefährden könnten".

Mit der Formulierung "einseitige Aktionen" bezieht sich die Meldung eben auf jene Annektierung der westjordanischen Gebiete, die vom Plan Peace to Prosperity vorgesehen ist, den die Vereinigten Staaten präsentiert hatten, um Frieden in der Region zu erlangen. Dieser Plan wird vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Nethanjahu stark unterstützt.

Beim Treffen mit den Botschaftern Callista Gingrich und David Oren bekräftigte Kardinal Parolin die Position des Heiligen Stuhls, wie sie sich in den Erklärungen vom 20. November 2019 und 20. Mai 2020 finden.

Der Heilige Stuhl hat erneut betont, dass "der Staat Israel und der Staat Palästina das Recht haben, innerhalb international anerkannter Grenzen zu existieren und in Frieden und Sicherheit zu leben."

Aus diesem Grund hat der Heilige Stuhl die Parteien aufgefordert, sich zu bemühen, den Weg der direkten Verhandlungen wieder neu zu öffnen - auf Grundlage der relevanter Resolutionen der Vereinten Nationen, und begünstigt durch Maßnahmen, die dazu dienen, das gegenseitige Vertrauen wieder herzustellen.

Am Ende der Mitteilung wird aus einer Ansprache zitiert, die Papst Franziskus während des Friedensgebetes in den Vatikanischen Gärten am 8. Juni 2014 gehalten hatte: "Es braucht Mut, um Ja zu sagen zur Begegnung und Nein zur Auseinandersetzung; Ja zum Dialog und Nein zur Gewalt; Ja zur Verhandlung und Nein zu Feindseligkeiten; Ja zur Einhaltung der Abmachungen und Nein zu Provokationen; Ja zur Aufrichtigkeit und Nein zur Doppelzüngigkeit."

Es handelt sich um ein bedeutsames Zitat, denn bei diesem Gebet wurde auch der Wunsch nach Frieden im Nahen Osten zum Ausdruck gebracht, was vorher noch nie geschehen war.

Auf die Nachricht, dass die israelische Regierung Benjamin Nethanjahus beabsichtige, einen Teil des besetzten Gebiets im Westjordanland zu annektieren, hatte der palästinensische Präsident Mahmud Abbas das Ende aller Vereinbarungen mit Israel und den Vereinigten Staaten angekündigt.

Der Plan sieht die Schaffung eines palästinensischen Staates in einem fragmentierten Gebiet auf circa 70% des Westjordanlandes vor, sowie die Annexion der verbleibenden 30% durch Israel - insbesondere der Gebiete, die von den israelischen Ansiedlern besetzt sind und des Jordantals.

Der Heilige Stuhl hatte schon immer ein besonderes Interesse für dieses Thema. Am 20. Mai rief Saeb Erekat, Chefunterhändler in den palästinensisch-israelischen Verhandlungen, Erzbischof Paul Richard Gallagher, den Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten im Vatikanischen Staatssekretariat. an.

Laut einer Mitteilung des Presseamtes des Heiligen Stuhls wollte Erekat den Heiligen Stuhl "über die jüngsten Entwicklungen in den palästinensischen Gebieten informieren und über die Möglichkeit, dass die israelische Souveränität einseitig auf einen Teil dieser genannten Gebiete angewendet werde, was den Friedensprozess weiter gefährden würde."

Der Heilige Stuhl hatte seinerseits wiederholt, dass "die Achtung des Völkerrechts und der relevanten Resolutionen der Vereinten Nationen ein unverzichtbares Element sei, damit die beiden Völker Seite an Seite leben könne, mit den Grenzen, die vor 1967 international anerkannten wurden."

Diese Position war bereits zum Ausdruck gebracht worden, als die amerikanische Regierung im vergangenen Januar den Plan Peace to Prosperity veröffentlicht hatte. Die US-Regierung bekräftigt die Zweistaatenlösung, wollen aber, dass Jerusalem die "ungeteilte" Hauptstadt Israels sei. Der Heilige Stuhl stattdessen möchte den Status quo beibehalten und Palästina hat um eine Konferenz zu Jerusalem gebeten, um den internationalen Charakter der Heiligen Stadt anzuerkennen.

Mahmud Abbas hat die klare Ablehnung des amerikanischen Friedensvorschlags bekräftigt und die Entscheidung der Regierung Trumps verurteilt, die Botschaft nach Jerusalem zu verlegen und die Stadt als Hauptstadt Israels anzuerkennen.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Ein Bericht des internationalen Verbundes verschiedener Hilfs- und Entwicklungsorganisationen Oxfam hält fest, dass es im Westjordanland 127 Angriffe auf palästinensische Zivilisten gab, während auch der Abriss von Immobilien, die als unerlaubt angesehen werden, und die Zwangsumsiedlungen weitergehen.

Tatsache ist, dass die für den 1. Juli geplante Annexion nicht stattgefunden hat. Laut Angaben der Jerusalem Post sei dies auf vier Faktoren zurückzuführen: Washingtons "Unbehagen", "Unruhe" und "Angst" an der eigenen Front, die "Reaktion" der Palästinenser und deren Auswirkungen auf regionaler und internationaler Ebene und schließlich "die Coronavirus-Pandemie". 

Das Projekt wurde vielfach kritisiert. Neben Mahmud Abbas, haben auch der König von Jordanien Abdullah II., die 22 Länder der Liga, ein Großteil der europäischen Länder und die internationale Gemeinschaft Kritik angeführt, während Michelle Bachelet, Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, den Plan rundheraus als "illegal" bezeichnete.

Auch die Reaktionen der Ortskirchen sind sehr deutlich. Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, der apostolische Administrator des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem, betonte: "Man kann nicht mehr ehrlicherweise und konkret von der Lösung ´Zwei Völker - zwei Staaten´ sprechen, die technisch immer schwieriger wird. Wenn dann die Annektierung erfolgt, wird es eine irreversible Situation sein."

Pizzaballa gehört auch zu den Patriarchen und Oberhäuptern der Kirchen des Heiligen Landes, die mit einem gemeinsamen Schreiben protestiert haben, in dem der Staat Israel aufgefordert wird, die Annexion nicht zu vollziehen, das aber auch harte Worte für die palästinensische Befreiungsorganisation findet, die - wie es im Dokument heißt – aufgeforder wird "ihre internen Streitigkeiten und eventuelle Konflikte mit anderen Fraktionen, die nicht zu ihnen gehören, zu lösen, um eine einheitliche Front zu bilden, die sich einsetzt für die Erlangung der Friedens und den Aufbau eines Staates, der sich auf Pluralismus und demokratische Werte stützt."

Auch die katholischen und anglikanischen Bischöfe der Gruppe "Koordination Heiliges Land", die vom katholischen Bischof von Clifton, Declan Lang, und vom anglikanischen Bischof von Southwark, Christopher Chessun, repräsentiert wird, haben betont, die "Annexion des Westjordanlandes würde jegliche noch verbleibende Hoffnung auf Erfolg für den Friedensprozess zunichte machen und den Konflikt, die Leiden und die Spaltungen nur verschlimmern."

Besorgt zeigten sich auch der Ökumenische Rat der Kirchen (World Council of Churches, WCC), die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (World Communion of Reformed Churches, WCRC) und die ACT Alliance – Lutherischer Weltbund.

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