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Missbrauch, Leid und Tod: Die dunkle Geschichte der Heimschulen in Kanada

Die "Kuper Island Residential School" im Jahr 1941

Der Skandal um die Entdeckung hunderter, in namenlosen Gräbern verscharrter Leichen indigener Kinder in ehemaligen katholischen Heimen in Kanada weitet sich aus: Auf der Insel Penelakut hat ein Stamm der "First Nations" über 160 namenlose Gräber vorgefunden. 

Die "Kuper Island School", in der Nähe von Vancouver Island (British Columbia), war von 1890 bis 1975 in Betrieb. Sämtliche Umstände des jüngsten grausigen Fundes sind noch unklar, doch Ermittlungen zeigen ein Ausmaß erschütternder Verwahrlosung und schweren Missbrauchs an der Einrichtung.

Die Gräber befanden sich auf dem Gelände und am Ufer der ehemaligen Kuper Island Industrial School auf Penelakut Island, die einst als "Kanadas Alcatraz" bezeichnet wurde, wie die Catholic News Agency (CNA) berichtet. 

Das kurze Leben der in namenlosen Gräbern bestatteten Kinder auf Kuper Island war geprägt von Verwahrlosung und stellenweise auch Missbrauch – bis hin zu sexueller Gewalt. Im Jahr 1995 wurde Oblatenbruder Glenn Doughty, der an der Kuper Island Schule tätig war, in sechs Anklagepunkten verurteilt, darunter unsittliche Körperverletzung und grobe Unzucht. Im Jahr 2000 wurde Frater Doughty für schuldig befunden, 36 Sexualdelikte begangen zu haben – sowohl auf Kuper Island und in einer anderen Heimschule in Williams Lake stammten.

Wie katastrophal die Zustände an der "Kuper Island Industrial School" waren, zeigen bereits staatliche Akten des Jahres 1939: Beamte forderten eine Verlegung des Personals der katholischen Einrichtung wegen des Verdachtes sexuellen Missbrauchs, und im gleichen Jahr weigerte sich sogar die örtliche Polizei, entlaufene Heimkinder wieder in die katholische Einrichtung zu bringen – wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauchs.

Die kanadische Wahrheits- und Versöhnungskommission ermittelte die Todesdaten von 120 Studenten der Kuper Island Schule, darunter zwei Schwestern, die 1959 bei einem Fluchtversuch ertranken. Schüler setzten die Schule 1896 in Brand, als die Ferien gestrichen wurden. Eine in jenem Jahr durchgeführte Umfrage ergab, dass von 264 ehemaligen Studenten 107 gestorben waren. 

Die abgelegene Lage der Insel zog Vergleiche zur berüchtigten Gefängnis-Insel Alcatraz mit sich, die vor der Küste von San Francisco liegt. Mehrere Kinder ertranken bei dem Versuch, aus der Schule zu fliehen. Ein anderer Schüler soll 1966 Selbstmord begangen haben, obwohl seine Familie laut einem Artikel des "Vancouver Province" im Jahr 1996 sagten, dass er möglicherweise ermordet wurde.  

Das Kinderheim auf Kuper Island war von 1890 bis 1975 in Betrieb. Ursprünglich wurde es von der römisch-katholischen Diözese Victoria betrieben; 1907 übernahmen die Missionare der Gesellschaft Mariens die Schule; von 1957 bis 1969 wurde die Schule von den Oblaten der Unbefleckten Jungfrau Maria geleitet. Die kanadische Regierung übernahm die Schule 1969, und das Schulgebäude wurde 1980 abgerissen. 

Eine der brennenden Fragen des Skandals ist, warum die verantwortlichen katholischen Organisationen lange den Gerüchten über Kindergräber nicht nachgegangen sind.

Die Missionsoblaten der Unbefleckten Maria waren maßgeblich für den Betrieb mehrerer Heimschulen verantwortlich. Die katholische Einrichtung hat sich angesichts der Entdeckung hunderter Gräber erneut zu ihrer Schuld bekannt und laut einem Bericht der Catholic News Agency versprochen, bei der Identifizierung der sterblichen Überreste der Kinder zu helfen.

"Wir haben einen Fehler gemacht. Wir hätten untersuchen müssen, was man uns gemeldet hat. Unsere Taubheit hat zu dem Leid beigetragen, das viele erfahren haben, und zu der Wut, die viele zum Ausdruck bringen", heißt es auf der Website der Lacombe Canada Oblates auf die Frage, warum die Berichte über die Existenz der Gräber lange nicht ernst genommen wurden.

CNA hat den Wortlaut einer früheren Entschuldigung katholischer Verantwortlicher veröffentlicht

Der Weg hin zu einer Aufarbeitung und echter Versöhnung ist noch weit: Bislang ist nicht einmal klar, wann und wie allein die 160 Gräber auf Kuper Island entdeckt wurden Klar dagegen ist, dass dieses Heim kein Einzelfall war: Hunderte Kinderleichen wurden in den vergangenen Wochen in der Nähe mehrerer ehemaliger katholischer "Internate" entdeckt.

Auf dem Gelände eines früheren katholischen Heims nahe der Kleinstadt Kamloops in British Columbia waren Ende Mai 215 Kinderleichen gefunden worden. In Marieval in der Provinz Saskachewan wurden weitere 751 anonyme Gräber entdeckt.

Erklärtes Ziel der auch als "Internate" bezeichneten Residential Schools war die zwangweise Assimilation der Kinder indigener Kanadier der First Nations. Viele der Heimschulen, die laut einer Untersuchung der eigens eingerichteten kanadischen Kommission schlecht ausgestattet und personell unterbesetzt waren, befanden sich in katholischer Trägerschaft.

Der Abschlussbericht der kanadischen Wahrheits- und Versöhnungskommission, die die Geschichte der Heimschulen aufgearbeitet hat, beschreibt die Schulen als Bestandteil einer Politik des "kulturellen Völkermords".

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Das letzte kanadische Kinderheim für indigene Minderjährige wurde 1996 geschlossen. "Kuper Island" wurde 2010 in "Penelakut Island" umbenannt, zu Ehren des Penelakut-Stammes. Die Stammesmitglieder leben auf mehreren Inseln vor der Küste von British Columbia im Westen Kanadas. Joan Brown, Häuptling des Penelakut-Stammes, gab die Entdeckung der Gräber in einem Brief bekannt.

Der Stamm wird mit einer Reihe von Veranstaltungen der Toten gedenken und versuchen, die Wunden der eigenen Geschichte zu heilen. Am 2. August werden Angehörige einen "Marsch für die Kinder" veranstalten, teilte Brown mit. 

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https://twitter.com/cnadeutsch/status/1110081719661723653?s=20 

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