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Warum drei bayerische Bistümer das neue Arbeitsrecht einführen – obwohl sie es kritisieren

Stefan Oster ist Bischof von Passau

In den drei bayerischen Bistümern Regensburg, Eichstätt und Passau wird nun doch die neue „Grundordnung” eingeführt: Das gelockerte Arbeitsrecht des kirchlichen Dienstes. Es tritt zum Beginn des neuen Jahres in Kraft. Doch einverstanden sind die Bischöfe der drei Diözesen mit dem neuen Recht nicht – sie wollen es weiter reformieren.

Die deutsche Bischofskonferenz hatte diese Lockerung des Arbeitsrechts im April diesen Jahres mehrheitlich verabschiedet; wegen großer Vorbehalte hatten die drei bayerischen Bistümer aber vorerst diese nicht eingeführt, sondern erst einmal geprüft.

Dabei hatte der Bischof von Passau, Stefan Oster, noch am 22. Juli 2015 öffentlich auf Facebook seine Skepsis gegen das neue Arbeitsrecht mit einem vielbeachteten Verweis auf den Glaubensschwund in Deutschland kommentiert:

Die Kirche in Deutschland verliert seit Jahrzehnten kontinuierlich an Bindungskraft und damit an Glaubenssubstanz. Die Zahl der regelmäßigen Gottesdienstbesucher ist dafür ein aussagekräftiger Index, wenn auch nicht der einzige. Aber immerhin haben Anfang der 60er Jahre noch rund 50 Prozent der Katholiken bei uns den Sonntagsgottesdienst besucht, heute sind es noch gut 10 Prozent. Der Rückgang ist ein sehr kontinuierlicher und hat augenscheinlich wenig mit einer punktuell als gut oder schlecht empfundenen kirchenpolitischen Großwetterlage zu tun. Selbst der „Franziskus-Effekt“ schlägt nirgends zu Buche, schon gar nicht bei den Austrittszahlen.

Im gleichen Zeitraum dieses dramatischen Rückgangs des Kirchenbesuchs, also von 1960 bis 2014, hat sich aber die Zahl der kirchlichen Laienmitarbeiter in allen Bereichen von rund 100 000 auf über 700 000 erhöht! Also: Fünfmal weniger Kirchenbesuch, dafür sieben Mal mehr Mitarbeiter als vor fünfzig Jahren!

Oster erinnerte dabei auch daran, dass die Kirche, vor allem durch die Caritas, der zweitgrößte Arbeitgeber Deutschlands sei – und wies implizit dabei auch darauf hin, dass in dieser Situation aus seiner Sicht die neue Grundordnung das Risiko einer „Selbstsäkularisierung” der Kirche und des Glaubens in Deutschland mit sich bringe.

Grund hierfür ist, dass nach der Lockerung des Rechts, welche die Deutsche Bischofskonferenz in Bonn Anfang Mai veröffentlichte, kirchliche Mitarbeiter auch in zentralen Lebensfragen nicht mehr im Einklang mit der Lehre der Kirche und ihren Sakramenten zu leben brauchen: Wenn Angestellte etwa gegen das Sakrament der ehelichen Liebe und Treue verstossen, hat dies nicht mehr automatische Konsequenzen. Dies gilt auch für kirchliche Mitarbeiter, die sich von ihrem Mann oder ihrer Frau scheiden lassen und dann eine staatliche zweite Ehe eingehen – oder für Angestellte, die in eingetragenen homosexuellen Lebenspartnerschaften leben.

In solchen Fällen sollen arbeitsrechtliche Folgen auf schwerwiegende Fälle beschränkt werden, in denen die Integrität und Glaubwürdigkeit der Kirche beeinträchtigt wird oder die „ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis erregen", wie es heißt. Kündigungen sollen nur das allerletzte Mittel sein. Dazu kommentierte der Passauer Bischof Stefan Oster auf Facebook:

Auch der neue Entwurf der Bischofskonferenz nennt die eingetragene Lebenspartnerschaft und die Wiederheirat nach gültiger erster Ehe immer noch einen „schweren Verstoß gegen Loyalitätsobliegenheiten“. Aber durch einige aus meiner Sicht zu wenig präzise Formulierungen macht er dennoch sehr bewusst die Möglichkeit einer Kündigung aufgrund von Konflikten mit den Loyalitätsobliegenheiten nun beinahe aussichtslos. Und umgekehrt werden auch Einstellungen damit wohl in Zukunft weniger genau geprüft, vor allem dort, wo der personelle Druck groß und die Suche nach Arbeitskräften schwierig ist. Auch das zeichnet sich bereits ab. Man wird es in Zukunft noch weniger genau nehmen mit den Loyalitätsobliegenheiten und den Einstellungsbedingungen in Bezug auf die christliche Prägung der Mitarbeiter.

Und dies wiederum werde den ohnehin schwachen Sendungs-Erfolg christliche Mitarbeiter nicht stärken, hatte Oster argumentiert.

Auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat große Bedenken gegen die neue Fassung des Arbeitsrechtes für den kirchlichen Dienst angemeldet – insbesondere, was etwa die Kriterien zur Beurteilung von schweren Verstößen gegen Loyalitätsobliegenheiten betrifft. Zudem kritisiert Voderholzer die Möglichkeit, „bischöfliche Beauftragungen“ bei Vertragsabschlüssen auszusprechen.

Diese Bedenken sind für die drei Bischöfe auch nach der Prüfung des Rechtstextes nicht ausgeräumt, hieß es heute. Die Umsetzung erfolge daher allein deshalb, weil die Bischöfe das Anliegen eines einheitlichen kirchlichen Arbeitsrechtes in Deutschland noch höher bewerten würden.

Wie der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke seinen Mitarbeitern schrieb, bestehen zwar weiterhin grundsätzliche Bedenken gegen die von der Mehrheit der Deutschen Bischofskonferenz verabschiedete Novellierung der Grundordnung. Doch habe die Sorge um seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hinblick auf eine Zersplitterung des kirchlichen Arbeitsrechts in Deutschland den Ausschlag gegeben, die überarbeitete Grundordnung auch im Gebiet der Diözese Eichstätt in Kraft zu setzen. Damit werde die Einheit der katholischen Kirche auch im kirchlichen Arbeitsrecht gesichert.

Gleichzeitig hat Bischof Voderholzer zusammen mit den Bischöfen Hanke und Oster angekündigt, alle Möglichkeiten auszuloten, um zusammen mit der Bischofskonferenz einen grundlegenden Reformprozess zu unterstützen hin zu einem erneuerten Arbeitsrecht, das sich in Zukunft stärker an einzelnen kirchlichen Einrichtungen orientieren soll: Das sogenannte Institutionenrecht.

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