24. April 2022
Im Grundtext "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche" des deutschen "Synodalen Weges" heißt es: "Im Zentrum des Problems steht die Art und Weise, wie Macht – Handlungsmacht, Deutungsmacht, Urteilsmacht – in der Kirche verstanden, begründet, übertragen und ausgeübt wird. Es haben sich eine Theologie der Kirche, eine Spiritualität des Gehorsams und eine Praxis des Amtes entwickelt, die diese Macht einseitig an die Weihe bindet und sie für sakrosankt erklärt." Ist "eine Veränderung der kirchlichen Machtordnung aus Gründen gelingender Inkulturation in eine demokratisch geprägte freiheitlich-rechtsstaatliche Gesellschaft geboten"?
Jesus hat manche Unterstützer, aber er sucht sich zwölf Männer aus, die ihn drei Jahre lang begleiten und eng mit ihm verbunden sind. Sie gehen mit ihm durch den Alltag mit seinen Herausforderungen, mit Höhen und Tiefen. Zu Jesus entsteht eine tiefe Beziehung, wenngleich ihnen erst nach der Auferstehung Jesu das Herz wirklich aufgeht.
Petrus erlebt das am intensivsten von allen: Nach seiner vollmundigen Ankündigung, den Herrn nie zu verleugnen, "und wenn ich mit dir sterben müsste", passiert ihm wenig später genau das. Er ist feige und kneift. Das führt ihn wahrscheinlich in eine tiefe persönliche Krise, aber Jesus begegnet ihm danach unerwartet und fragt ihn drei Mal: "Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?"
Von demjenigen, der unter den Zwölf die weitestgehende Verantwortung trägt, erwartet er das größte Maß an Liebe und Hingabe! Petrus hat tatsächlich aus seinem Fehler gelernt, er wird wirklich der "Fels" und entspricht damit der Bedeutung seines Zweitnamens "Petrus". In diesem Moment wird deutlich: Jesus hat sich Menschen ausgesucht, die nicht besonders herausragen, etwa durch eine außerordentliche Bildung oder Redekunst. Vielmehr setzt er auf Menschen, die seine wirklichen Freunde sind und auf die er sich verlassen kann.
Die Zwölf bilden den Kreis der Apostel, Jesus überträgt ihnen vor seinem Abschied die Aufgabe, die Menschen zu Jüngern zu machen und "sie zu lehren, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe". Und Petrus gibt er die ergänzende und umfassende Vollmacht: "Was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein."
Der "Synodale Weg" behauptet ein "Zentrum des Problems"
Das Zweite Vatikanische Konzil betont heute: "Die Bischöfe haben also das Dienstamt in der Gemeinschaft zusammen mit ihren Helfern, den Priestern und den Diakonen, übernommen. An Gottes Stelle stehen sie der Herde vor, deren Hirten sie sind, als Lehrer in der Unterweisung, als Priester im heiligen Kult, als Diener in der Leitung. Aus diesem Grunde lehrt die Heilige Synode, dass die Bischöfe aufgrund göttlicher Einsetzung an die Stelle der Apostel als Hirten der Kirche getreten sind" (LG 20). Damit erhalten sie einen großen Vertrauenszuspruch und eine umfangreiche Aufgabenbeschreibung.
Der "Synodale Weg" klagt diesen Auftrag massiv an als "Zentrum des Problems" und als Ursache für Machtmissbrauch. Bisher führen die Bischöfe diesen Auftrag im Sinne des Konzils und damit des Lehramtes weiter. Seit fast 2.000 Jahren. Aus dem ursprünglichen Kreis der Zwölf hat sich so die größte Weltreligion entwickelt. Ohne das Bischofsamt gäbe es kein Christentum.
Die Bischöfe erhalten ihren Auftrag nicht – wie in einer Demokratie – von der "Basis", dem Volk Gottes, sondern vom Herrn der Kirche, der sich seine Freunde aussucht und der Kirche diese Ordnung vorgegeben hat – von den Anfängen bis heute.
Treue und Gehorsam
Viele, vielleicht die meisten Bischöfe haben sich dieses Amt nicht ausgesucht. Das prominenteste Beispiel bildet der Heilige Martin, der sich gemäß der Legende im Gänsestall versteckte, als er ahnte, was auf ihn zukommen könnte. Auch in der Gegenwart berichten amtierende Bischöfe, dass sie diese Berufung aus Pflichterfüllung angenommen haben. Angesichts der damit verbundenen Verantwortung und Erwartung überrascht eine solche verhaltene Reaktion keineswegs.
Bei der Bischofsweihe tritt der ursprüngliche Auftrag Jesu deutlich hervor. Nach der Anrufung des Heiligen Geistes fragt der (Erz-)Bischof den Weihekandidaten: "Von den Zeiten der heiligen Väter an verlangt es die Ordnung, dass sich der Bischof vor seiner Weihe, inmitten der Kirche zu dem festen Vorsatz bekennt, den Glauben treu zu bewahren und sein Amt recht zu verwalten. Daher frage ich dich, lieber Mitbruder: Bist du bereit, in dem Amt, das von den Aposteln auf uns gekommen ist und das wir dir heute durch Handauflegung übertragen, mit der Gnade des Heiligen Geistes bis zum Tod zu dienen?" – Der Kandidat antwortet: "Ich bin bereit." – Der Erzbischof fragt weiter: "Bist du bereit, das Evangelium Christi treu und unermüdlich zu verkünden?" Erneut antwortet der Kandidat: "Ich bin bereit." – Die nächsten Fragen lauten: "Bist du bereit, das von den Aposteln überlieferte Glaubensgut, das immer und überall in der Kirche bewahrt wurde, rein und unverkürzt weiterzugeben?" – "Bist du bereit, am Aufbau der Kirche, des Leibes Christi, mitzuwirken und zusammen mit dem Bischofskollegium unter dem Nachfolger des heiligen Petrus stets ihre Einheit zu wahren?" – "Bist du bereit, dem Nachfolger des Apostels Petrus treuen Gehorsam zu erweisen?"…
Die Bischofsweihe gehört in ihrem Kern zum Glaubensgut der Kirche. Damit stellt dieser Ritus nicht irgendeine beliebig veränderbare Form und Ausprägung dar, sondern er übt eine Schlüsselfunktion aus. Welche Handlung kann das Wesen des katholischen Glaubens intensiver ausdrücken als eine Bischofsweihe, bei der Apostolizität und Überlieferung derart verdichtet zusammentreffen?
Was lehrt das Konzil?
Denn mit der Bischofsweihe tritt der Kandidat in die Nachfolge der Apostel. Sie bildet ein unwiderrufliches Prägemal, das eben zeitlich nicht begrenzt ist, sondern bis zum Tod wirksam bleibt. Der Weihekandidat verpflichtet sich zur treuen Verkündigung des Evangeliums Christi. Er sichert zu, "das Amt recht zu verwalten". Er verspricht, das von den Aposteln überlieferte Glaubensgut rein und unverkürzt weiterzugeben. Und er erklärt sich bereit zur Einheit mit dem Papst und dem gesamten Bischofskollegium. Schließlich sagt er auch dem Papst seinen Gehorsam zu. Die Elemente dieser Weihehandlung wirken logisch und harmonisch. Sie sind den Gläubigen vertraut aus den Heiligen Schriften.
Das Konzil beschreibt die Stellung des Geweihten: "Die Heilige Synode lehrt aber, dass durch die Bischofsweihe die Fülle des Weihesakramentes übertragen wird … die Ganzheit des heiligen Dienstamtes. Die Bischofsweihe überträgt mit dem Amt der Heiligung auch die Ämter der Lehre und der Leitung, die jedoch ihrer Natur nach nur in der hierarchischen Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern des Kollegiums ausgeübt werden können. Aufgrund der Überlieferung … ist es klar, dass durch die Handauflegung und die Worte der Weihe die Gnade des Heiligen Geistes so übertragen und das heilige Prägemal so verliehen wird, dass die Bischöfe in hervorragender und sichtbarer Weise die Aufgabe Christi selbst, des Lehrers, Hirten und Priesters, innehaben und in seiner Person handeln" (LG 21).
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Ist es bei dieser intensiven und dichten Beschreibung möglich, das Bischofsamt nur für vier Jahre zu verleihen und von der Zustimmung eines Gremiums abhängig zu machen? Wäre es mit der Lehre der Kirche vereinbar, den Bischof abwählen zu lassen? Passt dies zum unauslöschlichen Prägemal, das mit der Weihe verbunden ist? – Der "Synodale Weg" sieht diese Änderungen ausdrücklich vor! Kardinal Walter Kasper sagte dazu: "Rein formal hat er das Bischofsamt nicht aufgegeben, er hat es aber in seinem Wesen entkernt. Aufs Ganze gesehen ist der Bischof nach dem synodalen Text nicht viel anderes als ein auf Zeit gewählter und jederzeit abwählbarer Vorsitzender eines Aufsichtsrats. Damit wird dem Bischofsamt das Genick gebrochen." Zukünftig wäre bei dieser Sichtweise der Bischof also von Mehrheiten abhängig und nicht mehr vorrangig der Wahrheit des Evangeliums sowie der Bewahrung des von den Aposteln überlieferten Glaubensgutes verpflichtet.
Wem ist der Bischof verantwortlich? Der Wahrheit oder Wählern?
Das Konzil betont die Gemeinschaft der Bischöfe: "Wie nach der Verfügung des Herrn der heilige Petrus und die übrigen Apostel ein einziges apostolisches Kollegium bilden, so sind in entsprechender Weise der Bischof von Rom, der Nachfolger Petri, und die Bischöfe, die Nachfolger der Apostel, untereinander verbunden."
Das Kollegium oder die Körperschaft der Bischöfe habe aber nur Autorität, wenn das Kollegium verstanden werde als Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom, dem Nachfolger Petri, als seinem Haupt, und unbeschadet dessen primatialer Gewalt über alle Hirten und Gläubigen. "Der Bischof von Rom hat nämlich kraft seines Amtes als Stellvertreter Christi und Hirt der ganzen Kirche volle, höchste und universale Gewalt über die Kirche und kann sie immer frei ausüben. Der Herr hat allein Simon zum Fels und Schlüsselträger der Kirche bestellt und ihn als Hirten seiner ganzen Herde eingesetzt."
Nach den Vorstellungen des "Synodalen Weges" in Deutschland entsteht so ein unlösbarer Konflikt: Wem ist der Bischof nun verantwortlich – dem Laiengremium seiner Diözese oder dem Papst als Garanten für das zu bewahrende Glaubensgut der Kirche? – Da das Gremium ihn absetzen kann, beantwortet sich diese Frage eindeutig.
Der Dienst des Bischofs ist kein demokratisches Amt
Die Sorge, das Evangelium überall auf Erden zu verkündigen, gehe die ganze Körperschaft der Hirten an, betont das Konzil: "Ihnen allen zusammen hat Christus den Auftrag gegeben und die gemeinsame Pflicht auferlegt, wie schon Papst Cœlestin den Vätern des Konzils von Ephesus ins Bewusstsein rief" (LG 22).
Zur Unfehlbarkeit sagt das Konzil: "Die einzelnen Bischöfe besitzen zwar nicht den Vorzug der Unfehlbarkeit; wenn sie aber, in der Welt räumlich getrennt, jedoch in Wahrung des Gemeinschaftsbandes untereinander und mit dem Nachfolger Petri, authentisch in Glaubens- und Sittensachen lehren und eine bestimmte Lehre übereinstimmend als endgültig verpflichtend vortragen, so verkündigen sie auf unfehlbare Weise die Lehre Christi. Dies ist noch offenkundiger der Fall, wenn sie auf einem Ökumenischen Konzil vereint für die ganze Kirche Lehrer und Richter des Glaubens und der Sitten sind. Dieser Unfehlbarkeit erfreut sich der Bischof von Rom, das Haupt des Bischofskollegiums, kraft seines Amtes, wenn er als oberster Hirt und Lehrer aller Christgläubigen, der seine Brüder im Glauben stärkt, eine Glaubens- oder Sittenlehre in einem endgültigen Akt verkündet" (LG 25).
Zur Macht und Dienstaufgabe des Bischofs erklärt das Konzil: "Die Bischöfe leiten die ihnen zugewiesenen Teilkirchen als Stellvertreter und Gesandte Christi durch Rat, Zuspruch, Beispiel, aber auch in Autorität und heiliger Vollmacht, die sie indes allein zum Aufbau ihrer Herde in Wahrheit und Heiligkeit gebrauchen. Ihnen ist das Hirtenamt, das heißt die beständige tägliche Sorge für ihre Schafe, im vollen Umfang anvertraut. Sie sind nicht als Stellvertreter der Bischöfe von Rom zu verstehen, denn sie haben eine ihnen eigene Gewalt inne und heißen in voller Wahrheit Vorsteher des Volkes, das sie leiten. Dabei bewahrt der Heilige Geist die von Christus dem Herrn in seiner Kirche gesetzte Form der Leitung ohne Minderung. Der Bischof, der vom Hausvater gesandt ist, seine Familie zu lenken, soll sich das Beispiel des guten Hirten vor Augen halten, der nicht gekommen ist, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen und sein Leben für seine Schafe hinzugeben" (LG 27).
Demokratie statt Lehre Jesu Christi?
Der "Synodale Weg" erklärt dagegen die Aussagen des Konzils, die dem Bischof umfangreiche Vollmachten zuschreiben, zum "Problem" und will die Kirche an eine "demokratisch geprägte freiheitlich-rechtsstaatliche Gesellschaft" anpassen.
Vorrang hat demnach nicht die Lehre der Kirche, die auf dem Wort Jesu und seiner Überlieferung durch die Apostel beruht, sondern die Anpassung an gesellschaftliche Trends. So wird gefordert: Schluss mit dem Zölibat als Voraussetzung für die Priesterweihe! Alle Ämter für alle Geschlechter!
Eine Begründung für die Anpassung an die demokratisch geprägte Gesellschaft bleibt der Beschlusstext des Synodalen Weges schuldig. Dabei gäbe es dazu allen Grund: Vor Bekanntwerden der Missbrauchsfälle stand der Beruf des Pfarrers an zweiter Stelle der beliebtesten Berufe in Deutschland. Sie rutschten dann auf Platz acht mit 28 Prozent Zustimmung ab. Das Ansehen der Politiker ist in den vergangenen Jahrzehnten ebenfalls erheblich gesunken. Mit sechs Prozent Zustimmung befindet sich das Ansehen der Gremienvertreter im untersten Bereich der Skala. Warum angesichts der verbreiteten Politikverdrossenheit die Vertreter des Synodalen Weges eine Besserung in Gremienverantwortlichkeiten suchen, bleibt ihr Geheimnis. Allerdings würden sie selbst von diesem Machtzuwachs profitieren.
Zweiter Teil einer vierteiligen Serie bei CNA Deutsch. Den ersten Teil lesen Sie hier. Der dritte Teil erscheint am nächsten Sonntag um 10.30 Uhr.
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