26. April 2022
Wir wollen nicht vergessen, dass wir in der Osterzeit leben, dass in der Ukraine ein grausamer Krieg tobt und dass die synodale Selbstbeschäftigung der Kirchenprovinz Deutschland vielleicht auch ohne die Signaturen der Zeit ein regionales Diskursphänomen der deutschen Wohlstandskirche sein könnte, die ein bekanntes Muster provinzieller Kirchenkritik noch einmal durchspielt.
Einfach gläubige Katholiken in Deutschland haben gleichwohl dankbar wahrgenommen, dass 74 Kardinäle – darunter Kardinal Arinze und Kardinal Burke – und Bischöfe trotzdem den deutschkatholischen Alleingang namens „Synodaler Weg“ sorgenvoll wahrgenommen haben. Der Brief vom 11. April 2022 ist unbedingt lesenswert.
Nun hat sich der Freiburger Fundamentaltheologe Magnus Striet markant in einem Beitrag für das Internetportal “katholisch.de” geäußert. Vielleicht sollten wir alle sogar für diese unmissverständliche Klarheit dankbar sein. Er schreibt:
„Immer wieder ist von einem drohenden Schisma zu hören. Unverblümt spielen die Kritiker auf die schließlich zum Schisma führende Reformbewegung an, die Luther mit seiner heftigen Kritik an den Zuständen und der Theologie in der Kirche seiner Zeit übte. Sich sorgen, dass ein Schisma kommen könnte, müssen die Kritiker sich aber nicht. Es gibt das Schisma längst. Ob es institutionell vollzogen wird, ist eine nachrangige Frage. Die innere Distanz zu dem, was angeblich als verbindlich zu glauben vom Lehramt der römisch-katholischen Kirche vorgegeben wird, ist in vielen katholischen Milieus so ausgeprägt, dass hier auch nichts mehr zu kitten ist. Ob dieser Prozess im deutschsprachigen Raum nur intensiver vorangeschritten ist als in anderen kulturellen Kontexten, vermag ich nicht zu beurteilen. Es ist der Geschmack an der Freiheit, den längst auch viele Katholikinnen und Katholiken als evangeliumsgemäß kosten wollen, der die Distanz geschaffen hat.“
Welche „Freiheit“ mag Professor Striet hier meinen? Die Abwendung von Gott? Den Weg in die Sünde? Ich bin so frei, an den dreieinigen Gott glauben zu dürfen und treu zum Credo der Kirche aller Zeiten und Orte zu stehen. Und ich denke an die schöne Freiheit, einfach römisch-katholisch sein, leben und bleiben zu dürfen. Zu dieser Freiheit bekennen sich auch die katholischen Bischöfe aus aller Welt, die sich Sorgen über den „Synodalen Weg“ machen. Magnus Striets Begriff von Freiheit weicht davon gravierend ab. Wer Klarheit darüber gewinnen möchte, dem sei Pater Engelbert Recktenwalds instruktiver Beitrag „Der missbrauchte Kant“ empfohlen.
Striet stellt zudem fest: „Noch heute wird ausgehandelt, worin Kern des Evangeliums besteht. … So wie es auch einen Plural von verschriftlichten Evangelien gibt, diese und nicht andere nach einem Aushandlungsprozess in einem Kanon zusammengefasst wurden, wird auch heute noch ausgehandelt, worin der Kern des Evangeliums besteht.“ Striet spricht synodale Themen an und fragt: „Hatte nicht auch die klare Gottespraxis des Juden Jesus insofern schismatische Tendenzen, als er das damalige religiöse Establishment unnachgiebig reizte?“
War Jesus Christus ein schismatischer Provokateur? Ein bloßer Rebell? Oder war, ist und bleibt Jesus Christus Gottes eingeborener Sohn, zu dem der zweifelnde Thomas sagte: „Mein Herr und mein Gott!“ Doch Magnus Striet formuliert weiter: „Intellektuell, ich bin so frei, nehme ich die "Antwort" der Kardinäle und Bischöfe nicht allzu ernst. Und in kirchensoziologischer Hinsicht ganz bestimmt nicht. Sollten die Unterzeichneten tatsächlich glauben, dass es in Zukunft noch einmal "die" römisch-katholische Kirche geben wird, die sich unter dem Papst und einer Einheitsdoktrin versammelt, so dürften sie sich gründlich täuschen. Es hat diese Kirche historisch betrachtet ohnehin nie gegeben.“
In einer Kirche, die es nie gegeben hat, kann es eigentlich auch keine Schismen geben, streng logisch gedacht – und wenn, so frage ich mich, der Fundamentaltheologe Striet den Brief der Kardinäle und Bischöfe nach eigenen Angaben nicht ernst nimmt, warum antwortet er darauf?
Das verstehe ich nicht. Ganz klar aber verstehe ich den Satz, den Frére Roger Schutz einmal gesagt hat: „Lebe, was du vom Evangelium begriffen hast, und sei es noch so wenig. Aber lebe es!“ Wir leben durch Zeugnis und Beispiel die Frohe Botschaft unseres Herrn Jesus Christus – und wir verkünden den Tod des Herrn und preisen seine Auferstehung, bis er wiederkommt in Herrlichkeit. Darum nehmen wir nicht nur das Evangelium und die Kirche Gottes ernst, sondern auch das Zweite Vatikanische Konzil. In der Konstitution „Dei Verbum“ können wir lesen: „Die heilige Theologie ruht auf dem geschriebenen Wort Gottes, zusammen mit der Heiligen Überlieferung, wie auf einem bleibenden Fundament. In ihm gewinnt sie sichere Kraft und verjüngt sich ständig, wenn sie alle im Geheimnis Christi beschlossene Wahrheit im Lichte des Glaubens durchforscht. Die Heiligen Schriften enthalten das Wort Gottes und, weil inspiriert, sind sie wahrhaft Wort Gottes: Deshalb sei das Studium des heiligen Buches gleichsam die Seele der heiligen Theologie.“
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