Iqaluit - Samstag, 30. Juli 2022, 6:27 Uhr.
Bei seiner letzten Ansprache im Rahmen seiner Kanada-Reise hat Papst Franziskus am späten Freitagnachmittag (Ortszeit) die jungen Inuit – und letztlich alle Menschen – aufgerufen, nicht "von einer Rendite zu leben". Stattdessen müsse man "auch das für sich selbst erobern, was man als Geschenk empfangen hat" und so "die Lampe deiner Existenz zum Leuchten" bringen.
Der Pontifex flog am letzten Tag seiner Apostolischen Reise nach Kanada zur Stadt Iqaluit im hohen Norden des Landes, die nicht einmal 8.000 Einwohner zählt. Er traf sich dort mit ehemaligen Schülern der sogenannten "Residential Schools" – staatlich vorgeschriebenen internatartigen Bildungseinrichtungen für Indigene, um sie von elterlichem Einfluss fernzuhalten.
Wie in seinen bisherigen öffentlichen Ansprachen entschuldigte sich der Papst auch am Freitagnachmittag für Missbrauch, der in den katholisch geführten "Residential Schools" begangen worden war.
"Es gibt eine wunderbare Übereinstimmung zwischen euch und dem Land, das ihr bewohnt, denn auch dieses ist stark und widerstandsfähig und antwortet mit viel Licht auf die Dunkelheit, die es die meiste Zeit des Jahres einhüllt", führte Papst Franziskus aus. "Aber auch diese Erde ist, so wie jeder Mensch und jede Bevölkerung, empfindlich und muss gepflegt werden. Fürsorge übernehmen, Fürsorge weitergeben: Dazu sind vor allem die jungen Menschen aufgerufen, unterstützt durch das Beispiel der älteren Menschen! Sorge für die Erde, Sorge für die Menschen, Sorge für die Geschichte."
Sodann wandte er sich mit drei Ratschlägen an die jungen Inuit.
"Wandle nach oben", begann er. "Bewohne diese weiten nördlichen Regionen. Mögen sie dich an deine Berufung erinnern, nach oben zu streben und dich nicht von denen herunterziehen zu lassen, die dich glauben machen wollen, dass es besser ist, nur an dich selbst zu denken und deine Zeit nur für deine Freizeit und deine Interessen zu nutzen."
"Mein Freund, du bist nicht dazu geschaffen, vor dich hin zu leben, deine Tage mit dem Abwägen von Pflichten und Vergnügungen zu verbringen, sondern sich in die Höhe aufzuschwingen, hin zu den wahrhaftigsten und schönsten Sehnsüchten, die du in deinem Herzen trägst, hin zu Gott, um ihn zu lieben und deinem Nächsten zu dienen", sagte der Papst.
Als zweiten Ratschlag formulierte Franziskus: "Komm ans Licht." Dieser Weg verlange "mutige Herzensentscheidungen gegen die Dunkelheit der Falschheit" sowie das Ausbilden guter Gewohnheiten, um "nicht Lichtschweifen nachzujagen, die rasch verschwinden, Feuerwerken, die nur Rauch hinterlassen".
"Es ist die Kunst, jeden Tag das Licht von der Dunkelheit zu trennen", betonte der Papst. "Du kannst damit beginnen, dich zu fragen: Was erscheint mir glänzend und verführerisch, hinterlässt aber dann eine große innere Leere? Das ist Finsternis! Was hingegen ist gut für mich und lässt mich mit Frieden im Herzen zurück, auch wenn ich dafür erst einmal auf bestimmte Annehmlichkeiten verzichten und bestimmte Instinkte beherrschen muss? Das ist Licht!"
Schließlich sagte Franziskus: "Bilde ein Team." Man dürfe "nicht den ganzen Tag isoliert und unter dem Bann eines Telefons verbringen".
"Die großen Gletscher dieses Landes erinnern mich an Kanadas Nationalsport, Eishockey. Wie schafft es Kanada, all diese olympischen Medaillen zu gewinnen?", fragte der Papst, und erklärte: "Eishockey vereint Disziplin und Kreativität, Taktik und Körpereinsatz; was jedoch immer das Entscheidende ist, ist der Teamgeist: Er stellt die unabdingbare Voraussetzung dar, um mit dem unvorhersehbaren Verlauf des Spiels zurechtzukommen."
"Liebe Freunde, wandelt nach oben, kommt jeden Tag ans Licht, bildet ein Team!", fasste Franziskus zusammen. "Und tut das alles in eurer Kultur, in der wunderschönen Sprache Inuktitut. Ich wünsche euch, dass ihr auf eure älteren Menschen hört und aus dem Reichtum eurer Traditionen und eurer Freiheit schöpft, um das von euren Vorfahren gehütete und überlieferte Evangelium anzunehmen und dem Inuk-Antlitz von Jesus Christus zu begegnen."
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