Rom - Montag, 28. November 2022, 6:09 Uhr.
Christen im Westen sollten die Religionsfreiheit und die Freiheit der Religionsausübung nicht als selbstverständlich ansehen, sagte Kardinal Robert Sarah.
"Die Bedrohung der Religionsfreiheit hat viele Formen. Unzählige Märtyrer sterben weiterhin für den Glauben auf der ganzen Welt", sagte der 77-jährige kürzlich in einem Interview mit EWTN News.
"Aber auch im Westen ist die Religionsfreiheit bedroht".
"Es handelt sich oft nicht um eine offene Bedrohung oder um Hass auf den Glauben", fügte er hinzu, sondern um eine "implizite Voreingenommenheit gegenüber dem Christentum".
In dem Interview verwies der guineische Kardinal auf das Buch Exodus, das von den zehn Plagen, dem Auszug der Hebräer und der Zerstörung Ägyptens erzählt. Diese Ereignisse hätten stattgefunden, "damit das Volk Gottes die Freiheit hat, ihn richtig zu verehren".
"Die Religionsfreiheit darf nicht als selbstverständlich angesehen, gefährdet oder vernachlässigt werden."
Kardinal Sarah sprach Anfang des Monats mit EWTN News über sein neuestes Buch "Katechismus des geistlichen Lebens", das im Oktober von EWTN Publishing auf Englisch veröffentlicht wurde. Eine duetschsprachige Ausgabe liegt derzeit nicht vor.
Das siebte Buch des Kardinals ist eine eingehende Betrachtung über die sieben Sakramente der katholischen Kirche und darüber, wie man im geistlichen Leben Fortschritte machen kann.
Eines der zentralen Themen des Buches ist die Bedeutung der Messe und der Eucharistie.
"Wir sollen uns zur Heiligen Messe versammeln und unseren Herrn in der Eucharistie empfangen", sagte Kardinal Sarah in dem einstündigen Interview in Rom.
Er kritisierte die, wie er es nannte, weit verbreitete Akzeptanz "drakonischer Einschränkungen" für den Besuch der Messe während der COVID-19-Pandemie.
"Wir dürfen dies nicht vergessen: Die Eucharistie ist die Quelle und der Höhepunkt des christlichen Lebens", betonte er.
"Anpassungen", fuhr er fort, "sind manchmal notwendig. Wir werden mit weiteren Pandemien und anderen Notfällen konfrontiert werden, und es wird eine Debatte darüber geben, wie man diese am besten im Zusammenhang mit der Feier der Eucharistie angeht. Das ist gut so. Die liberale Demokratie erfordert Debatten, aber dabei darf niemals die Bedeutung unserer Gottesverehrung vergessen oder vernachlässigt werden. Die liberale Demokratie darf Gott nicht vergessen."
Kardinal Sarah war von November 2014 bis Februar 2021 Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, als Papst Franziskus seinen Rücktritt annahm.
Der Kardinal hatte dem Papst seinen Rücktritt eingereicht, als er im Juni 2020 75 Jahre alt wurde, wie es die kirchlichen Normen vorschreiben.
Als Leiter der Liturgieabteilung war Sarah der ranghöchste afrikanische Prälat im Vatikan, wo er seit 2001 wichtige Ämter innehatte.
Sarah sagte, sein Buch lege einen besonderen Schwerpunkt auf die Sakramente, das Gebet und das Kreuz.
"Ein christliches Leben", sagte er, "muss auf drei Säulen gebaut sein: crux, hostia und virgo. Das Kreuz, die Hostie und die Jungfrau Maria. Das sind die drei Säulen, auf denen man ein christliches Leben aufbauen muss."
Der Kardinal sagte, dass er als Präfekt des vatikanischen Amtes für den Gottesdienst die Bedeutung der Liturgie als einen großen und einzigartigen Moment erkannt habe, "um Gott von Angesicht zu Angesicht zu begegnen und von ihm als Kind Gottes und als wahrer Anbeter Gottes verwandelt zu werden."
"Die Liturgie", fügte er hinzu, "muss schön sein, sie muss heilig sein, und sie muss still sein."
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Er warnte davor, die Messe in ein "Spektakel" oder ein bloßes Treffen von Freunden zu verwandeln und damit den Fokus von der Anbetung Gottes zu nehmen.
"Ich möchte dazu ermutigen, dass die Liturgie immer heiliger, immer heiliger, immer stiller wird, denn Gott ist still, und wir begegnen Gott in der Stille, in der Anbetung", sagte er. "Ich denke, dass die Ausbildung des Gottesvolkes zur Liturgie sehr wichtig ist. Wir können den Menschen die Schönheit zeigen, ehrfürchtig zu sein und in der Liturgie zu schweigen, wodurch unsere Begegnung mit Christus vertieft wird."
Sarah lobte auch die stille eucharistische Anbetung als eine Möglichkeit, Christus auf eine Weise zu begegnen, die "unser Leben wirklich verändern kann".
"Wir leben alle so, als ob es Gott nicht gäbe. Überall herrscht Verwirrung. Zu viele würden unser Leben, den eigentlichen Sinn unseres Lebens, auf absoluten Individualismus und das Streben nach flüchtigem Vergnügen reduzieren."
Die Christen sollten darauf mit einer Rückbesinnung auf die Grundlagen des Glaubens reagieren, sagte er.
"Wir brauchen einen Rückzug aus der Welt, einen Rückzug in die Wüste, wo wir die Grundlagen neu erlernen können: den Monotheismus, die Offenbarung Jesu Christi, uns und Gott, sein Wort, unsere Sünde, unsere Abhängigkeit und unser Bedürfnis nach seiner Barmherzigkeit", sagte er.
Sarah sagte, Gott führe uns durch seine Kirche und die Sakramente "in eine immer tiefere Beziehung zu ihm. Und wir alle haben das Bedürfnis, uns mit seiner tiefen Gabe, seiner Liebe, wieder vertraut zu machen".
Der Glaube an die Realpräsenz Christi in der Eucharistie sei eine der Grundüberzeugungen der Kirche, ohne die sie "den Sinn ihrer Existenz" verliere.
"Die Kirche ist keine soziale Organisation, die den Problemen der Migration oder der Armut begegnet", fuhr er fort. "Die Kirche hat ein göttliches Ziel: die Welt zu retten."
"Wenn Christus nicht in der Kirche wohnt, greifbar, sichtbar, sakramental, welche gute Nachricht haben wir dann der Welt zu bieten? Welchen Sinn hat die Evangelisierung?", sagte er. "Wenn die Christen vergessen, warum sie Christen sind, muss die Gemeinschaft untergehen. Sie vergessen das Evangelium und verlieren ihr Ziel aus den Augen".
Kardinal Sarah sagte, der geistliche Kampf sei derselbe wie eh und je, auch wenn viele Bischöfe und Priester aufgehört hätten, die Katholiken an seine Realität zu erinnern. Unsere Waffe in diesem Krieg, erklärte er, ist das Wort Gottes.
Es sei notwendig, "sich jeden Tag an Gott zu wenden, nicht nur um Trost inmitten weltlicher Widrigkeiten zu finden, sondern weil wir in diesem kosmischen Kampf ganz von ihm abhängig sind. Wir befinden uns alle im Krieg, ob wir es erkennen oder nicht. Es ist gut, dass wir uns alle dieser Tatsache bewusst werden und uns jeden Tag vergewissern, dass wir auf der Seite Gottes kämpfen", sagte er.
Das Buch "Katechismus des geistlichen Lebens", so Sarah, soll eine Antwort auf die "Verwirrung dieser Tage, außerhalb und sogar innerhalb der Kirche" sein.
"Ich sah ein Bedürfnis nach einer Darstellung einiger Betrachtungen über unseren geistlichen Fortschritt in unserem geistlichen Leben: Fortschritt in unserer persönlichen und intimen Beziehung zu Jesus Christus."
Er fügte hinzu, dass er hoffe, sein Buch entspreche "einem tiefen Bedürfnis unserer Zeit".
"Jeder von uns muss sich ständig bemühen, Jesus Christus näher zu kommen, zu seinem Wort zurückzukehren und zur Einfachheit des Glaubens in seiner Selbstoffenbarung. Es ist die Einfachheit der Wüste, das Erkennen unserer Abhängigkeit von Gott und die Begegnung mit ihm und dem Geschenk seiner Liebe und seiner Gnade, durch die er uns zu sich selbst führt", sagte er.
"Deshalb habe ich beschlossen, den 'Katechismus des geistlichen Lebens' zu schreiben."
Übersetzt und redigiert aus dem Original der CNA Deutsch-Schwesteragentur.