Aachen - Freitag, 24. März 2023, 10:55 Uhr.
Ende Juni soll eine Kirche in Krefeld im Bistum Aachen für immer schließen. Aber die Gemeinde kämpft – und will notfalls das Gebäude selbst kaufen. Ein millionenschwerer Unterstützer steht bereit.
Der Antrag auf Profanierung der Kirche St. Johann Baptist wurde bereits im Jahr 2016 vom Kirchenvorstand der Pfarrei Maria Frieden gestellt, wozu die Gemeinde seit 2010 gehört. Vor diesem Hintergrund sah sich der Kirchenvorstand veranlasst, auch anstehende Reparaturen und Wartungsarbeiten auszusetzen. So liegen nun Reparaturen an, die aber nach Ansicht der Gläubigen, die sich für den Erhalt der Kirchengemeinde einsetzen, die grundsätzliche Bausubstanz nicht in Frage stellen und mit überschaubaren Mitteln zu beheben sind.
Das Bistum Aachen vertritt eine andere Meinung und teilte auf Anfrage von CNA Deutsch mit, dass es „einen sehr hohen Instandsetzungsbedarf“ gebe, weshalb „die Verantwortlichen vor Ort 2015 entschieden, die Kirche aus pastoralen und bautechnischen Gesichtspunkten aus der Förderung zu nehmen“.
„Die Kirchengemeinde hat bereits in 2014 eine Schadensermittlung an das Architekturbüro Johanning und Petermann in Auftrag gegeben“, so das Bistum. „Die in diesem Zusammenhang erstellte Kostenschätzung endet bei Kosten in Höhe von 1.770.000 Euro inklusive Fenstersanierung, Heizungsreparatur und Innenanstrich. Unter Berücksichtigung der Kostensteigerung der vergangenen zehn Jahre muss heute mit Kosten in Höhe von rund 2,5 bis 3 [Millionen Euro] für eine Gesamtsanierung des Kirchengebäudes gerechnet werden.“
Diese Schätzung, auf die sich das Bistum beruft, beruht auf dem Ansatz, die Kirche durch eine Kernsanierung grundsätzlich in Stand zu setzen.
Der Förderverein, der im Gegensatz dazu einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren betrachtet, hatte daraufhin seinerseits ein Gegengutachten über die renommierte, von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen öffentliche bestellte und vereidigte Sachverständige für Schäden an Gebäuden und Bautenschützerin Inga Bellwinkel eingeholt. Diese kam tatsächlich zu einem ganz anderen Ergebnis: Die Investitionskosten belaufen sich demnach für den genannten Zeitraum auf weniger als 500.000 Euro.
„Das Bistum Aachen hatte im vergangenen Jahr einen Gesprächsprozess angestoßen, und diesen auch moderiert“, erklärte eine Pressesprecherin der Diözese auf Anfrage von CNA Deutsch. „Dieser moderierte Gesprächsprozess wurde leider ergebnislos beendet.“
Vertreter des Fördervereins erklärten gegenüber CNA Deutsch, dies sei darauf zurückzuführen, dass sich im Verlauf der Gespräche herausstellte, dass es im Rahmen dieser Moderation zu unterschiedlichen Auslegungen in Bezug auf geltendes Kirchenrecht kam, woraufhin dieser Gesprächsprozess dann von den Moderatoren des Bistums abgebrochen worden sei.
Laut Pressesprecherin der Diözese Aachen sei es in der Zwischenzeit dennoch gelungen, „dass Förderverein und Kirchenvorstand wieder in konstruktiven Gesprächen miteinander sind. Das begrüßt das Bistum Aachen sehr und hat beide Seiten ermutigt, tragfähige Lösungen zu erarbeiten, wie die pastorale Arbeit vor Ort fortgesetzt werden kann. Diese liegen noch nicht vor.“
Vertreter des Fördervereins konterten gegenüber CNA Deutsch, dass dies nicht den Tatsachen entspreche: Der Förderverein, der Gemeindeausschuss und der Kirchenvorstand hätten nämlich zum 15. Dezember 2022 gemeinsam in Aachen ein tragfähiges Konzept vorgelegt. Dabei habe der Förderverein sowohl die finanziellen Bedenken entkräften als auch tragfähige Lösungen präsentieren können, welche die kirchenrechtlichen Fragen einer möglichen Übertragung klären. Sowohl der Investor als auch die Lösungsansätze sind der Bistumsleitung bekannt.
Der Vorschlag des Fördervereins ist, das Kirchengebäude aus der Pfarrei herauszulösen und an eine juristische Person innerhalb der Kirche, also etwa einen Verein oder eine Stiftung, oder sogar an eine Privatperson zu übertragen. Dass ein solches Konzept funktioniere, zeige sich bei der St.-Clemens-Kirche in Berlin, die fruchtbar und segensreich für die gesamte Region sei. Ein weiteres Beispiel gebe es sogar im Bistum Aachen, nämlich die vor wenigen Jahren geschlossene Trappistenabtei Mariawald.
Für den Erhalt der Kirche habe man bereits eine sechsstellige Summe gesammelt, so der Förderverein. Zusätzlich wurde ein am Erhalt der Kirche interessierter Gönner gefunden, der bereit ist, große Beträge in den Erhalt der Kirche zu investieren und gegebenenfalls auch selbst die Rechtsträgerschaft zu übernehmen. Zudem liegen Gelder vor, die in den letzten zehn Jahren nicht investiert wurden und nun abgerufen werden können. Schließlich können auch öffentliche Förderungen in Anspruch genommen werden. Der örtliche Bundestagsabgeordnete sowie die Denkmalbehörden sagten bereits ihre Befürwortung und den Einsatz zu.
Dem Bischof von Aachen, Helmut Dieser, liegen diese Konzepte also bereits seit Dezember 2022 vor. Bislang hat lediglich das Generalvikariat erklärt, dass eine Übertragung der Kirche St. Johann Baptist an den Förderverein nicht möglich sei. Begründet wurde diese Absage nicht.
Die Krefelder Gemeinde St. Johann Baptist ist bekannt für ihre Obdachlosenseelsorge. Jeden Sonntag kommen über 100 Bedürftige zur Anbetung vor das Allerheiligste und empfangen jeweils den eucharistischen Einzelsegen von Pfarrer Joachim Schwarzmüller. Weit mehr als 100 Bedürftige werden außerdem jeden Sonntag mit einer warmen Mahlzeit versorgt. Sogar jeden Tag bietet die Gemeinde Obdachlosen ein Frühstück und gibt Brot sowie Kleidung aus. Im Laufe der Zeit ist die Gemeinde Heimat für viele Gläubige geworden, die nicht aus Krefeld stammen, sondern einen weiten Weg auf sich nehmen.
Sollte es zu einer Schließung der Kirche kommen, wäre dies letztlich eine Entscheidung in der Verantwortung von Bischof Dieser: Seine Unterschrift ist nötig, um ein Kirchengebäude in seinem Bistum tatsächlich zu profanieren.
Aber davon geht man nun nicht mehr aus: Mittlerweile sind sich die Vertreter des Kirchenvorstands, des Fördervereins und des Gemeindeausschusses von St. Johann Baptist einig, dass ein Fortbestand der Kirche in einer neuen, angepassten Rechtsträgerschaft die beste Lösung darstellt. Ziel ist es, diesen Weg nun gemeinsam zu gehen und damit den Fortbestand der Kirche zu ermöglichen.
In Anbetracht der Tatsache, dass nun zu den Hindernissen, die in der Vergangenheit als Problem eingestuft wurden, Lösungsvorschläge vorliegen, gehen die Gläubigen der Gemeinde davon aus, dass sich zeitnah Gespräche mit Vertretern des Bistums ergeben, die letztlich dazu führen, bis Ende Juni die offenen Punkte zu klären.